Siedlungsentwicklung und Siedlungsbild

1 EINLEITUNG
In vielen Tälern Nordfriauls setzte nach dem Zweiten Weltkrieg eine Welle der Entvölkerung ein, die auch im Val Aupa, dem Untersuchungsgebiet, bis heute spürbar ist und sich im Landschafts- und Siedlungsbild niederschlug. In dem überwiegend landwirtschaftlich kultivierten Gebiet nahm die Verbuschung ihren Lauf. Insbesondere nach dem großen Erdbeben im Jahr 1976 wanderten
zahlreiche Bewohner ab und ließen sich in der Ebene häuslich nieder. Zurück blieben partiell bis gänzlich verlassene Dörfer als Spuren der Zivilisation. Die Häuser verfielen, wurden im Verlauf der Jahre zu Ruinen und die Natur bahnte sich ihren Weg. In den friulanischen Alpen ist diese Entwicklung im Ostalpenraum am stärksten ausgeprägt (vgl. Čede & Steinicke 2007). Sie sprechen in diesem Zusammenhang von Flurwüstungen bis hin zu sogenannten ghost towns, also komplett entsiedelten Ortschaften. Nordfriaul, gelegen im Nordosten Italiens, bildet für diese Entwicklung das „Schulbeispiel eines peripher gelegenen, strukturschwachen Raumes, in dem sich die Konsequenzen der Gebirgsentvölkerung besonders gut darstellen lassen“ (Čede & Steinicke 2007: 93).
Die Siedlungen, die im Zuge der Feldforschung erkundet wurden, zeichnen ein interessantes Bild: verfallene Häuser, lediglich Reste von Ruinen stehen noch als Zeugen einer vormals belebten Gegend, überwuchert von Efeu und diversen Gewächsen, wie auch Bäumen, die zwischen einstigen
Hausmauern hervorragen. Doch auch zwischen diesen finden sich liebevoll gestaltete, renovierte, kleine Häuser, die inmitten dieser Dörfer und Ghosttowns nunmehr wieder bewohnt sind. Mittlerweile kehren nach und nach Bewohner in ihre einstige Heimat zurück. Freizeitwohnsitze, Alterswohnsitze und Newcomer besiedeln zunehmend die verlassenen Weiler, Ortschaften und Dörfer.
Die angesprochenen Entwicklungen – sowohl die Entvölkerung des Gebietes, als auch die Wiederbesiedelung – prägen gegenwärtig das Siedlungsbild. Die Siedlungsentwicklung sowie das Siedlungsbild stehen im Mittelpunkt der folgenden Ausführungen. Der räumliche Fokus dieser Arbeit liegt in den Montagna Friulana, im Val Aupa, dem Gemeindegebiet von Moggio Udinese zugehörig.

Abb. 1 bietet einen Überblick zum Forschungsgebiet, das hauptsächlich im Val Aupa, im Tal des Torrente Aupa, liegt. Berücksichtigt wurden überdies Ortschaften in den Seitentälern des östlich gelegenen Rio Alba (Riulade) sowie die des westlich gelegenen Torrente Glagno (Moggessa, di Là, Moggessa di Quà). Die Karte bildet sämtliche im Folgenden behandelten Orte ab.
Zunächst wird im folgenden Kapitel auf Einflussfaktoren eingegangen, die für das Siedlungsbild sowie die Siedlungsentwicklung im Val Aupa prägend sind. Der Hauptteil beschäftigt sich mit den Siedlungsbildern der im Zuge der Feldforschung im September 2017 besuchten Ortschaften. Hierzu wurden drei Siedlungstypen herausgearbeitet, die in Kapitel drei vorgestellt werden. Im Anschluss daran werden die einzelnen Ortschaften, nach Typen untergliedert, vorgestellt, um die Charakteristika der Siedlungstypen sowie der einzelnen Dörfer hervorzuheben.
Als Ausgangspunkt des Streifzuges durch das Val Aupa wird verstärkt auf Dordolla eingegangen, das den Hauptort des Tales darstellt und den vivid towns zugeordnet wird. Von hier aus führt die Spur weiter zu den Weilern Drentus und Virgulins, die zu Dordolla zählen. Weiter in Richtung Norden
befindet sich Bevorchians, aus mehreren Weilern bestehend. Hier wird insbesondere auf Saps, Gallizis und Belcis Bezug genommen. In der Folge wird der Rundgang nach Süden fortgesetzt. Hier wird auf Grauzaria sowie Chiaranda und Pradis eingegangen. Daran anschließend werden die im Zuge einer Wanderung besuchten Monticello-Dörfer (Badiuz, Borgo di Mezzo und Morolz) beschrieben, die als seasonal towns eingeordnet werden. Zuletzt wird auf die sogenannte Ghosttowns eingegangen, nämlich die beiden Moggessa’s (Moggessa di Là, Moggessa di Quà), die sich im Tal des Torrente Glagno befinden, sowie Riulade im Val Alba befindlich. Die Ausführungen gehen
auf die Siedlungsstruktur sowie auf weitere, das Siedlungsbild beeinflussende Faktoren wie landwirtschaftliche Strukturen, demographische Aspekte, Zustand der Gebäude oder frühere Nutzungen der einzelnen Dörfer ein.
Die folgenden Ausführungen zum Siedlungsbild der untersuchten Dörfer und Weiler stützen sich, sofern nicht anders angegeben, auf die im Feld erhobenen Daten. Dies umfasst sowohl Interviews, Befragungen, Kartierungen und Fotos, des Weiteren Eindrücke und Impressionen, die im Zuge der Feldforschung erhoben wurden und in den Forschungsberichten beschrieben sind.
Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird auf die gleichzeitige Verwendung männlicher und weiblicher Sprachformen verzichtet. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichermaßen für beide Geschlechter.


Abb. 1: Das Untersuchungsgebiet des Val Aupa.

2 EINFLUSSFAKTOREN AUF DAS SIEDLUNGSBILD UND DIE
SIEDLUNGSENTWICKLUNG IM AUPATAL
Eine in den 1980er Jahren durchgeführte demographische und sozioökonomische Bestandsaufnahme Friauls zeigte, dass vor allem die nördlichen Bereiche zu den Problemregionen zählen. Besonders die abgelegenen Talschaften mussten seit dem Zweiten Weltkrieg schwere Bevölkerungseinbußen hinnehmen (vgl. Čede & Steinicke 2007). Auch das Aupatal blieb von dieser Entwicklung nicht verschont, was sich unweigerlich im Siedlungsbild und in der Siedlungsentwicklung niederschlägt.
Im Folgenden wird auf die Gunst- und Ungunstfaktoren des Aupatals in Bezug auf die Siedlungsentwicklung eingegangen (vgl. Abb. 2). Dabei sei zu erwähnen, dass kaum ein Faktor für sich alleine steht, sondern sich diese kreislaufartig selbst begünstigen.
Einen limitierenden Faktor stellen die naturräumlichen Gegebenheiten im Val Aupa dar. Durch das steile und schroffe Relief gepaart mit nährstoffarmen Böden, die keine optimalen Voraussetzungen für landwirtschaftliche Nutzung bilden und zur Erosion neigen, bieten sich weder die Talgründe, noch die Schwemmkegel oder Talschlüsse, als Siedlungsraum an. Hinzu kommen sehr hohe Niederschläge, die durch das stauende Hochgebirge und die Nähe zur Adria besonders begünstigt werden. Vor allem im Herbst kommt es zu Starkregenereignissen, die das Naturgefahrenpotenzial erhöhen.


Abb. 2: Gunst- und Ungunstfaktoren des Aupatals.

Das in Friaul verbreitete Erbverfahren der Realteilung, wonach der Besitz unter allen Erbberechtigten aufgeteilt wird, führt zur Zersplitterung der Gebäudestruktur (vgl. Abb. 3) und einer sich erzwungenen Kleinparzellierung der landwirtschaftlichen Flächen. Da der Großteil der Erben nicht mehr im Tal ansässig ist, kommt es zudem oft zum Verfall von Gebäuden und der Verbuschung von ehemaligen Nutzflächen. Für Kauf- oder Pachtinteressierte ist es logistisch und finanziell nahezu unmöglich alle Besitzer eines Hauses oder Grundstückes ausfindig zu machen, beziehungsweise eine einheitliche Summe mit allen Besitzern zu vereinbaren (vgl. Löffler et al. 2014). Dies führt wiederum zu verfallenen und leerstehenden Gebäudebeständen und verbuschten Freiflächen. Die Ansässigen litten und leiden aber nicht nur an agrarsozialen Ungunstfaktoren, denn auch der Mangel an Beschäftigungsmöglichkeiten im sekundären und tertiären Sektor trägt zur Abwanderung bei (vgl. Čede & Steinicke 2007). Ein Lichtblick ist und bleibt die nahe gelegene Papierfabrik.


Abb. 3: Beispiel für Realteilung in Drentus: Ein Haus, drei Hausnummern, drei Besitzer. Quelle: Wikipedia (2018).

Die jahrzehntelange Abwanderung äußert sich in einer Überalterung der Bevölkerung im Aupatal. Die Folgen sind sinkende Geburtenziffern und das Ausbleiben von jungen Generationen, die sich am Erhalt der Gebäudestruktur und der Kulturlandschaft beteiligen könnten. Der wachsende Verfall
sowohl des Siedlungsbildes als auch der Kulturlandschaft mindert die Attraktivität des Tales, wodurch das Interesse potentieller Zu- und Rückwanderer abnimmt. Daraus ergibt sich ein Teufelskreis, der von Abwanderung und Verfall geprägt ist (vgl. Čede & Steinicke 2007). Auch die Erdebenkatastrophe von 1976 leistete ihren Beitrag. Nachdem der Siedlungsraum weitflächig zerstört wurde, waren die Bewohner gezwungen in sogenannte prefabbricati, Fertighütten, entlang des Talbodens
oder am Talausgang umzuziehen. Viele betroffene kehrten nie mehr vollständig zurück und der Impuls zur Entstehung der Ghost Towns war gegeben, obwohl von mehreren Stellen Geld in den Wiederaufbau zerstörter Gebäude geflossen ist (vgl. Löffler et al. 2014). Nicht selten wurde nur ein Bruchteil der finanziellen Unterstützung für die Instandsetzung demolierter Häuser aufgewendet und mit dem übrigen Geld ein neues Haus in zentrumsnähe gebaut. Das Erdbeben bewirkte somit auch einen Wechsel vom traditionellen Baustil hin zu einfacheren und urbanen Bauweisen.
Ein weiterer nicht zu vernachlässigender Ungunstfaktor ist die schlechte infrastrukturelle Anbindung, sowohl aus technischer, als auch aus sozialer Sicht. Das Aupatal ist ausschließlich über die Strada Provinciale 112 entlang der Aupa, welche Moggio Udinese und Pontebba verbindet, zugänglich.
Ein öffentlicher Bus verkehrt auf dieser Straße mehrmals täglich, sodass die an der Hauptstraße gelegenen Ortschaften, wie Dordolla und Bevorchians, erreicht werden können. In die übrigen Ortschaften gelangt man nur über enge Nebenstraßen und Feldwege und einige Siedlungen, wie Moggessa die Quà und Riulade sind nur fußläufig erreichbar. Neben der Verkehrsanbindung ist zudem die Anbindung an das Kommunikationsnetz sehr rückständig. Mobilfunknetz und Internetanbindung ist nur partiell vorhanden, was das Arbeiten von Zuhause aus extrem erschwert. Auch die soziale Infrastruktur, wie Krankenhäuser, Bildungs- und Freizeiteinrichtungen sucht man im Aupatal vergebens. Dies ist nicht selten der Grund, warum Familien mit schulpflichtigen Kindern oder Pensionisten in nahegelegenen Zentren abwandern. Bis heute zeigt die Statistik immer noch Bevölkerungsverluste im Aupatal (siehe Bericht zur Bevölkerungsentwicklung), die gegen eine demographische Trendwende sprechen würden. Dennoch trifft man in Talschaften, auch in solchen, die besonders abgelegen sind, teilweise auf Bewohner außeralpiner Herkunft. Vor allem durch diese könnten neue Impulse ausgelöst werden, wie Renovierungs- und andere Aufwertungsmaßnahmen, die die Bergdörfer positiv verändern können. Es besteht sogar theoretische die Möglichkeit einer echten Vitalisierung durch nachkommende Generationen und Newcomer (vgl. Löffler et al. 2014).

3 SIEDLUNGSTYPEN IM VAL AUPA
Um die vorherrschenden Siedlungsbilder des Aupatals greifbar zu machen, bietet sich eine Typisierung der Ortschaften nach siedlungsspezifischen Merkmale an. Dazu wurden die Ortschaften in einem ersten Schritt nach den Kategorien Gebäudezustand und, ob die Häuser überwiegend dauerhaft,
saisonal und weitgehend unbewohnt sind, charakterisiert (vgl. Tab. 1). Die Zuordnung der Merkmale erfolgte nach folgendem Prinzip: Ein Merkmal gilt dann als erfüllt, sobald mehr als die Hälfte der Wohnhäuser einer Siedlung diesem zugeordnet werden können.


Tab. 1: Untersuchte Ortschaften.

Bei der Zuordnung lässt sich feststellen, dass die Entfernung zur Hauptstraße, welche durch das Tal führt, ein bestimmender Faktor ist (vgl. Abb. 4). Je schlechter eine Ortschaft an das Straßennetz angebunden ist, desto mehr nimmt der Gebäudeverfall zu und die Aufenthaltsdauer ab. So sind Dordolla, Chiaranda, Pradis, Bevorchians und Grauzaria ganzjährig bewohnt und der Baubestand ist weitgehend erhalten. Auch auf Drentus und Virgulins treffen diese Merkmale zu, obwohl sie nicht ideal erreichbar sind. Dies liegt vermutlich an der Nähe zu Dordolla und das Engagement von Kaspar Nickles, der in Drentus ansässig ist. Die Monticello-Dörfer (Badiuz, Borgo di Mezzo und
Morolz), die etwas weiter weg von der Hauptstraße liegen, sind überwiegend saisonal bewohnt und weisen einen weitgehend erhaltenen Gebäudebestand auf. Die beiden Moggessa-Ortsteile und Riulade sind unbewohnt. Der Gebäudezustand in Moggessa di Là ist aufgrund der Zufahrtsstraße etwas besser erhalten. Moggessa di Quà und Riulade sind nur fußläufig erreichbar,
was einen stärkeren Verfall der Gebäude erklären kann.
Jene Orte mit überschneidenden Merkmalsausprägungen wurden somit zusammengefasst, woraus drei Siedlungstypen abgeleitet werden können: vivid towns, seasonal towns und ghost towns, wie in Abb. 4 dargestellt. Bei der Zuordnung der Merkmale wird vom Status Quo im September 2017 ausgegangen. Um die Zuordnung in die drei Siedlungstypen nachvollziehbar zu machen, wird im folgenden Kapitel auf die Siedlungsbilder der einzelnen Ortschaften detailliert eingegangen.
Unter Typ 1, den sogenannten vivid towns, werden belebte Siedlungen zusammengefasst, in denen zu einem Großteil Personen, die ihren Dauerwohnsitz in dem jeweiligen Dorf haben, leben; gleichzeitig
aber auch Häuser als Freizeitwohnsitze genutzt werden. Teilweise kennzeichnet derartige Siedlungen die Tatsache, dass positive Impulse von Newcomern sowie durch andere Formen der Zuwanderung ausgehen und auch sonstige Aktivitäten, wie beispielsweise Festivals, zu einer Belebung
der Siedlung und / oder der Region, beitragen können. Der Baubestand in diesen Siedlungen ist weitgehend gut erhalten und die Häuser sind überwiegend ganzjährig bewohnt. In diesen Siedlungen fielen gepflegte Zier- und Gemüsegärten auf. Dies betrifft insbesondere den Hauptort des
Val Aupas, nämlich Dordolla, aber auch weitere Dörfer wie Grauzaria, Pradis, Chiaranda und Bevorchians.
Unter seasonal towns werden Dörfer zusammengefasst, deren bewohnbaren Häuser überwiegend als Freizeitwohnsitze genutzt, also größtenteils saisonal bewohnt werden. Hierbei fiel auf, dass einige der Häuser liebevoll hergerichtet sind, andere wiederum verlassen wirken. Der Baubestand ist auch in diesen Siedlungen weitgehend erhalten sowie die Flächen rund um die Siedlungen gepflegt. Zu diesem Typ wurden die drei Monticello-Dörfer – Badiuz, Borgo di Mezzo sowie Morolz – zugeordnet.
Voraussetzung für die Einordnung in den Typ der Ghost towns ist, dass die Siedlung überwiegend unbewohnt ist. In diesen Siedlungen lebt niemand dauerhaft; in jüngster Zeit werden wenige Häuser hergerichtet und saisonal genutzt. Im Unterschied zu den seasonal towns betrifft dies aber nur
einen sehr kleinen Anteil des Baubestandes. Außerdem sind diese weniger gut hergerichtet, der Großteil der Häuser ist aber baufällig oder gar verfallen. Im Extremfall wachsen Gewächse die Mauern hoch, Bäume aus den Häusern empor. Dazu zählen die beiden Siedlungen Moggessa di Quà sowie Riulade. Moggessa di Là stellt hierbei einen Sonderfall dar: Trotz des weitgehend erhaltenen Gebäudebestands wird das Dorf als ghost town typisiert, da es überwiegend unbesiedelt ist und eine Begehung der Siedlung den Eindruck einer verwahrlosten Siedlung bot.


Abb. 4: Siedlungstypen im Val Aupa.

4 SIEDLUNGSBILDER IM VAL AUPA
4.1 VIVID TOWNS
DORDOLLA
Rund sieben Kilometer nördlich von Moggio Udinese liegt Dordolla, die gegenwärtig größte Ortschaft im Aupatal. Sie erstreckt sich auf einer 630 m hoch gelegenen Terrasse oberhalb des Talbodens auf der orographisch rechten Seite. Die Zufahrt erfolgt über die neu errichtete Brücke über
die Aupa auf der Ostseite des Tals. Fußläufig ist Dordolla von der Nordseite ebenso über eine Hängebrücke weiter taleinwärts zu erreichen. Die Zufahrtsstraße endet nach etwa 500 m am zentralen Parkplatz, der rund 35 Autos Platz bietet und an die von Fähnchen eingerahmte Piazza angrenzt.
Von diesem Punkt aus ist der bergauf gelegene Siedlungskern nur noch zu Fuß erreichbar. Alle Bedarfsgüter, von Lebensmitteln bis hin zu Baumaterialien und –geräten, sind mittels Rodel, Schubkarren und ähnlichem zu transportieren. Da sich so auch einfache bauliche Maßnahmen und Renovierungen als aufwändig herausstellen, konnte in Dordolla bis heute ein recht harmonisches Ortsbild erhalten bleiben. Manche sprechen sogar von venezianischem Flair, wie im Volksmund: „Venezia è bella, Dordolla è sua sorella.“ (Venedig ist schön, Dordolla ist seine Schwester) (vgl. Pilgram et
al. 2010).


Abb. 5: Blick auf Dordolla. Foto: Michaela Seewald (2017).

SIEDLUNGSBILD
Die kleine Piazza und vor allem die Bar Da Fabio mit Alimentari stellen das Zentrum des gesellschaftlichen Lebens des Ortes dar, was unter anderem am mehr oder weniger verlässlichen Internetzugang liegen könnte. Sie ist die einzige Bar im Tal mit geregelten Öffnungszeiten (365 Tage im Jahr). Neben dem Barbetrieb kann auf Vorbestellung gegessen werden und es ist ein kleiner Lebensmittelladen für Notfälle integriert. Neben der Bar steht die nach dem Beben wieder aufgebaute Kirche St. Florian mit angrenzendem Friedhof (vgl. Abb. 5). An der Piazza befinden sich zudem ein Gemeindehaus, ein Kriegerdenkmal mit Brunnen und das asilo e Ricreatorio. Das im Barockstil
gehaltene Gebäude wurde ursprünglich als Kindergarten für die in der Landwirtschaft arbeitenden Frauen gebaut. Heute wird es als Kultur- und Veranstaltungszentrum genutzt.


Abb. 6: Dorfplatz mit Brunnen. Foto: Jesabel Künzel (2017).

Begibt man sich von der Piazza hinauf in den eigentlichen Siedlungskern begibt, passiert man ein Ackerstück, das hauptsächlich vom einem in Drentus ansässigen New Farmer bestellt wird, in der Brache aber auch als Schauplatz für diverse Veranstaltungen genutzt wird. Das Herzstück der Siedlung bildet ein kleiner Dorfplatz mit Brunnen (vgl. Abb. 6), von wo aus ein enges und unstrukturiertes Netz aus Gassen durch die kompakt gebauten und weitgehend intakten Häuser der Dordollesi führt. Charakteristisch grenzt eine Hausmauer unmittelbar an die des Nachbars. Das traditionelle Baumaterial ist Stein, wobei inzwischen verputzte und bunte Hausfassaden dominieren. An einigen Hauswänden sind Unterstützungen aus Eisen erkennbar, um weiteren seismischen Aktivitäten standzuhalten. Der althergebrachte Stockwerkbau der Wohnhäuser ist nur noch selten erkennbar. Traditionell besaß jede Familie eine Kuh, welche sie nahezu das ganze Jahr über im Stall im Erdgeschoss
hielt. Die Wohnräume, bestehend aus einer Küche im Zentrum und den Schlafzimmern, befanden sich in den oberen Stockwerken. Da es Tierhaltung in dieser Form nicht mehr gibt, wurden die Ställe zu Wohnräumen umgebaut. Die Auswirkungen der Realteilung im Erbrecht sind an der Gebäudestruktur direkt erkennbar. Mehrere Eingänge, unterschiedliche Renovierungsstadien oder Fassadenfarben geben immer wieder Hinweise darauf, dass das Gebäude mehrfach unter den Erbberechtigten aufgeteilt wurde.
Der Siedlungsbereich wird umringt von steilen und gepflegten Wiesen und Hausgärten sowie Acker- und Gartenflächen, wo die Dordollesi an die Tradition der Selbstversorgung anknüpfen (vgl. Abb. 7). Zu den traditionellen Gemüsesorten zählen beispielsweise Kartoffeln, Bohnen und Mais.
Zentrumsnah befinden sich kleinere Parzellen. Ebene Flächen werden als Äcker oder Gemüsegärten genutzt, an den Hanglagen befinden sich hauptsächlich Mähwiesen und Weideflächen. Die vielseitige Nutzung auf engem Raum führt zu einem stark differenzierten Landschaftsbild. Mit zunehmender Entfernung vom Zentrum nimmt die Kleinparzellierung ab. Vor allem im Süden und Osten sind großflächige Mähwiesen und Weideflächen vorhanden. Diese lassen entweder auf einheitliche Eigentümer oder größere Parzellen schließen. Je weiter man sich vom Siedlungskern entfernt, desto stärker dominieren Verbuschung und Verwaldung.
Da jedem Grundstücksbesitz ein Stück Land zugehörig ist, werden auch hier die Einflüsse des Erbverhaltens sichtbar. Ähnlich wie beim Gebäudebestand werden auch die zugehörigen Flächen auf die Erben aufgeteilt, wodurch sich die kleinräumige Parzellierung erklären lässt. Einhergehend mit der Abwanderung und dem Aufgeben der Landwirtschaft kommt es so vor allem auf brachliegenden Flächen im Extremfall zur Flurwüstung.

 


Abb. 7: Blick auf die Hausgärten der Bewohner Dordollas. Foto: Michaela Seewald (2017).

SIEDLUNGSSTRUKTUR
Die Innsbrucker Arbeitsgruppe „Demographic Change in the Alps“, unter der Leitung von Ernst Steinicke, führten 2015 eine funktionsräumliche Kartierung von Dordolla und Drentus. Hierbei wurden Informationen zum Einwohnerstatus durchgeführt, die in Abbildung 11 dargestellt sind. Die
folgende Analyse der Siedlungsstruktur bezieht sich ausschließlich auf Dordolla. Genaueres zu Drentus findet sich in Kapitel 3.2. Für die Diagramme werden die Absolutwerte herangezogen.
Der Gebäudebestand zum Zeitpunkt der Kartierung beläuft sich auf 133 Gebäude. Davon sind sieben so verfallen, dass sie als Ruinen kategorisiert werden können. Sie befinden sich zum einen im Siedlungszentrum, zum anderen hangaufwärts nordöstlich am Siedlungsende. Weitere 17 Gebäude,
im Ortskern befindlich, sind leerstehend. Dabei ist anzumerken, dass sich mindestens eines der Häuser, das 2015 als leerstehend kartiert wurde, inzwischen bewohnbar gemacht wurde. Dabei handelt es sich um das Nonna-Haus am Fuß des Zugangs zum Dorfplatz, welches von Kaspar Nickles und seiner Frau, die in Drentus wohnhaft sind, an Touristen vermietet wird. Dies ist ein gutes Beispiel für die fortschreitende Revitalisierung der Siedlungsstruktur. Die übrigen 109 Gebäude werden für private, öffentliche und wirtschaftliche Zwecke genutzt.


Abb. 8: Gebäudebestand in Dordolla.

Zu den knapp 110 Gebäuden zählt die bereits angesprochene Bar da Fabio an der Piazza durch ihre vielseitigen Funktionen in die Kategorien Restaurant, Bar und Geschäft fällt. Zusammen mit den drei Unterkünften bilden sie die einzigen wirtschaftlich genutzten Gebäude in Dordolla. Zu den Übernachtungsmöglichkeiten zählt neben dem abgesprochenen Nonna-Haus und das wenige Meter entfernte Renzo-Haus, das vom gleichen Besitzer vermietet wird. Bei dem in der Kartierung als Unterkunft mit Bauarbeiten ausgewiesene Gebäude handelt es sich um einen begonnen Neubau.
Beim Studienaufenthalt im September 2017 konnten allerdings keine baulichen Fortschritte festgestellt werden. Geplant war ein Hotel gehobenen Standards mit Wellnessbereich. Es besteht der begründete Verdacht, dass der Bau aus administrativen Gründen in näherer Zukunft nicht fertiggestellt
werden kann. Die dritte in der Kartierung verzeichnete Unterkunft ließ sich 2017 ebenfalls nicht bestätigen. Um die Piazza verteilt befinden sich die vier öffentlichen Gebäude: Die Kirche mit angrenzendem Friedhof, das Gemeindehaus und das Kulturzentrum. Weitere 43 Bauten, vor allem
kleinere Gebäude, werden von den Bewohnern als Lagerräume, Abstellkammern oder Garagen benutzt. Sie lassen sich in der ganzen Ortschaft verteilt finden. Die übrigen 58 Gebäude werden sowohl von den Dordollesi, als auch von Zuwanderern als Wohngebäude genutzt. Diese zentrieren sich vor allem im Siedlungsmitte, wenige Bewohner zieht es die steilen Hanglagen hinauf.


Abb. 9: Gebäudenutzung in Dordolla.

Es werden 35 der 58 Wohnhäuser ganzjährig bewohnt (grün), die übrigen 23 bilden Zweitwohnsitze (rot). Die ganzjährigen Wohnhäuser werden zum Großteil von Einheimischen bewohnt. Zudem zählen 13 ganzjährig genutzte Gebäude als Besitz neuer Zuwanderer, von denen drei in Dordolla
verwurzelt sind. In weiteren vier Häusern leben das gesamte Jahr über Rückwanderer, die es in ihrer Pension nach Dordolla zurückverschlagen hat. Nahezu alle Zweitwohnsitze befinden sich im Besitz von Einheimischen. Nur zwei der 23 sporadisch genutzten Wohnhäuser werden von Newcomern bewohnt, von denen zumindest Einer Wurzeln in Dordolla aufweist. Beim Blick auf die Kartierung fällt auf, dass sich die Zweitwohnsitze großteils auf das Zentrum beschränken. Eine Interpretation dieser Struktur wäre jedoch mehr als vage, da sich der Erwerb von Häusern in der gesamten Ortschaft als schwierig gestaltet und persönliche Präferenzen von Kaufwilligen in den
seltensten Fällen Berücksichtigung finden.


Abb. 10: Wohnstatus in Dordolla.


Abb. 11: Dordolla aus der Vogelperspektive (unten). Flächennutzungskartierung und Einwohnerstatus Dordolla (oben); Abbildung zur Verfügung gestellt von der Arbeitsgruppe „Demographic Change in the Alps“, Leitung: Univ.-Prof. Ernst Steinicke, Institut für Geographie, Universität Innsbruck (2015).

HERAUSFORDERUNGEN
Wie zu Beginn erwähnt ist der Siedlungskern nur fußläufig erreichbar. Dadurch ist der Transport von Baumaterial und Maschinen für Bau- und Renovierungsarbeiten nur eingeschränkt möglich. Auch die Realteilung hat Folgen für das Siedlungsbild. Die Auswirkungen der Realteilung im Erbrecht sind nicht nur an der an der Gebäudestruktur direkt erkennbar. Mehrere Eingänge, unterschiedliche Renovierungsstadien oder Fassadenfarben (vgl.
Abb. 6) geben Hinweise darauf, dass das Gebäude unter den Erbberechtigten aufgeteilt wurde. Setzt sich dieser Prozess fort, ist es keine Seltenheit, dass über 20 Besitzer auf ein Haus kommen. Da diese selten in Dordolla ansässig sind, gestalten sich die Renovierungsarbeiten oder der Verkauf logistisch schwierig, wodurch es nicht selten zum Verfall der Häuser kommt. Durch die dichte und geschlossene Bauweise beeinträchtigen verfallende Häuser zudem die Nutzbarkeit der umliegenden Häuser oder gefährden diese sogar (vgl. Löffler et al. 2014). Aber auch in den landwirtschaftlichen Nutzflächen um den Siedlungsbereich werden die Folgen der Realteilung sichtbar. Die kleinen Parzellengrößen erschweren vor allem die Nutztierhaltung, da es kaum zusammenhängende Weideflächen in entsprechender Größe gibt. Des Weiteren kommen die standortspezifischen Ungunstfaktoren hinzu. Nährstoffarme Böden, das steile Relief und das extreme Klima, geprägt von Starkniederschlägen, wirken sich als limitierende Faktoren auf die landwirtschaftliche Nutzbarkeit aus. Der geringe Ertrag rechtfertigt die aufwändige Pflege nicht, sodass die langsam einsetzende Verbuschung den Verfall der jahrhundertelang gepflegten Kulturlandschaft
unterstützt und sich wiederum negativ auf das Siedlungsbild auswirkt.

AUSBLICK
Insgesamt zeichnet sich in Dordolla ein Aufschwung im Siedlungsbild ab. Vor allem die Durchmischung von Newcomern und Alteingesessenen führt zu neuem Tatendrang und neben gesellschaftlichen Events wird auch an der Siedlungsentwicklung gearbeitet. Alte und verfallene Gebäude werden mit Hilfe der neuen, meist jungen und motivierter Zuwanderer aufgewertet. Einige, vor allem ein junger Kärntner, gehen aktiv landwirtschaftlicher Tätigkeit nach. Sie sind bemüht der Verbuschung entgegen zu wirken und leisten einen wertvollen Beitrag zum Erhalt der Kulturlandschaft. Außerdem begünstigten ein steigender Bekanntheitsgrad und eine intakte Dorfgemeinschaft den
Zuzug von weiteren Zu- und Rückwanderern, wodurch leerstehende Immobilien und die zugehörigen Nutzflächen gekauft und genutzt werden. Ein Ausbau der Infrastruktur, sowohl im Bereich der Telekommunikation als auch im Bereich des Straßen- und Wegenetzes, könnte diesen Trend positiv
unterstützen. Die Wahrscheinlichkeit, Unterstützung für Infrastruktur und Renovierungen zu erhalten, wächst mit jeder Familie, da es kaum externe Hilfe gibt, sondern diese hauptsächlich über private Initiativen erfolgt. Auch freizeitorientierte Zweitwohnbesitzer stellen nicht zwangsläufig eine Belastung für die Dorfgemeinschaft dar. Die Steuereinnahmen können dazu verwendet werden die Revitalisierung zu finanzieren. Kunst- und Kulturprojekte fördern den Bekanntheitsgrad und touristische Einrichtungen, wie das Agritourismo im Zentrum Dordollas können eine Existenzgrundlage schaffen. Diese führen zur Inwertsetzung der seit Jahrzehnten von Verfall und Entvölkerung geprägter Regionen (Löffler et al. 2016).

DRENTUS UND VIRGULINS
Zu Fuß über einen schmalen, kurzen Waldweg von Dordolla aus, oder mit dem Auto taleinwärts von der Hauptstraße abfahrend, sind die beiden Weiler Drentus und Virgulins erreichbar. Auch entlang des Fahrweges erstreckt sich auf beiden Seiten ein Waldgebiet, das die vormals landwirtschaftlich
genutzten Wiesen zurückerobert hat. Erst gegen Ende des Weges, rund um die beiden Weiler, weicht der natürlich gewachsene Wald dem menschlichen Einfluss. Die wenigen Häuser von Virgulins sind längs entlang der asphaltierten Straße angesiedelt, rundherum größtenteils nur sporadisch gemähte Wiesen, ehe der Haselnussbestand in dichten Wald übergeht. Wenige hundert Meter weiter ist der Weg zu Ende, wo sich die Häuser des Weilers Drentus befinden. Hier sind ebenfalls die landwirtschaftlich genutzten Felder, die regelmäßig gepflegt erscheinen. Die beiden auf rund 700 m gelegenen Weiler weisen eine geringe Bevölkerungszahl auf, die im Verlauf der letzten Jahre nahezu unverändert blieb (vgl. Gemeinde Moggio Udinese
2017). In Drentus, dort ist auch die Familie des Newcomers oder Amenity Migrant Kasper Nickles ansässig, sind die sechs Häuser derzeit zeitweise oder dauerhaft bewohnt. Wie Löffler et al. (2016) in ihren Untersuchungen erhoben, sind derzeit drei Häuser permanent bewohnt; darunter ist das Haus von Kasper Nickles mit seiner Familie, ein weiteres Haus wird von einer Person bewohnt, die im Ruhestand wieder in ihre Heimat zurückgekehrt ist.
Zwei Häuser werden als Zweitwohnsitz genutzt. Die weiteren Gebäude sind landwirtschaftlich genutzte Gebäude sowie Abstellräume und Garagen. Vergleiche dazu. Insofern sämtliche Gebäude in Drentus dauerhaft oder zeitweilig genutzt werden, befindet sich die Siedlung in relativ gutem, gepflegtem Zustand. Dieser Eindruck ist ebenfalls für die daran angrenzenden, kultivierten Wiesen zulässig, die regelmäßig und gut gepflegt werden.
Der Aufenthalt in Virgulins hinterlässt einen etwas anderen Eindruck: Hier ist ein Einwohner ansässig, ein weiterer hat hier seinen Freizeitwohnsitz. Dementsprechend sehen diese Gebäude recht gepflegt aus, wie beispielsweise im Hintergrund in Abb. 12 ersichtlich. Die weiteren Häuser machen demgegenüber einen etwas vernachlässigten Eindruck.


Abb. 12: Mähwiese in Virgulins. Am linken Bildrand eine Ruine, dahinter ein Freizeitwohnsitz. Foto: Michaela Seewald (2017).

Einen Dorfkern im Sinne eines sozialen Miteinanders und mit öffentlichen Einrichtungen weisen beide Weiler nicht auf. Virgulins ist durchquert von einer Straße, entlang der sich die Häuser befinden. Drentus liegt am Ende dieser Straße. In beiden Ortschaften bilden die Häuser den Kern, um den sich die landwirtschaftlichen Nutzflächen nahezu kreisförmig ausbreiten. Die nächstgelegenen öffentlichen Einrichtungen wie Kirche oder Café befinden sich im Hauptort Dordolla. In unmittelbarer Nähe sind zwei gänzlich unterschiedliche Kategorien von Siedlungsentwicklung auffällig: Drentus ist insbesondere von Impulsen des Newcomers Kasper Nickles gekennzeichnet,
die Siedlung als auch die Umgebung hinterlassen einen überaus gepflegten Eindruck; dazu trägt auch die Tatsache bei, dass die weiteren Häuser als Alterswohnsitz sowie Ferienwohnsitze genutzt werden. In Virgulins hingegen ist die Abwanderung augenscheinlich, die verfallenen Häuser zeugen
davon; lediglich zwei Wohnsitze werden hier offensichtlich weiterhin betreut.

BEVORCHIANS
Bevorchians ist eine Ansammlung verschiedener Weiler nördlich von Dordolla. Im Folgenden werden die Ortschaften Saps, Belcis sowie Gallizis, die im Rahmen der Feldforschung besucht wurden, besprochen.
Saps liegt, von der Hauptstraße abfahrend, einen kurzen Anstieg in Serpentinen bergaufwärts, auf einer Höhe von etwa 720 m. Derzeit leben dort fünf Familien bzw. sieben Personen dauerhaft (Gemeinde Moggio Udinese 2017). Während der Sommermonate sowie an den Wochenenden kommen regelmäßig Bewohner aus Moggio Udinese. Dann befinden sich, nach Angaben einer Bewohnerin, teilweise etwa 20 Personen in der Siedlung. Die Siedlung sowie die Häuser vermitteln einen sehr gepflegten Eindruck und zeigt keine offensichtlichen Spuren von Verfall wie in Abb. 13. zu sehen ist. Die meisten Wohnhäuser sind Einfamilienhäuser. Bei den Bewohnern handelt es sich um zwei Arbeiter, ansonsten befinden sich die weiteren Bewohner in Ruhestand. Demzufolge leben gegenwärtig keine Kinder dort. Auch die Felder, die sich zwischen den Häusern sowie am Rande der Straße bergaufwärts befinden, werden regelmäßig gepflegt. Diese werden gegenwärtig zur Selbstversorgung bewirtschaftet. Einige Hausgärten sind dort ebenfalls vorzufinden (siehe Abb. 14). Dies war jedoch nicht immer so. Die heute zum Teil unbewirtschafteten Felder wurden früher genutzt um Heu für die Nutztiere zu
sammeln.


Abb. 13: Blick auf das Ortsende von Saps. Quelle: Google Street View 2018.


Abb. 14: Hausgärten zur Selbstversorgung in Saps. Quelle: Google Street View 2018.

Eine Bewohnerin bringt im Gespräch zum Ausdruck, dass die Freizeitbewohner wenig bis kein Interesse an einer intakten Dorfgemeinschaft haben. Für künftige positive Impulse könnte ein Newcomer sorgen, der Ziegenställe errichten sowie die touristische Infrastruktur zu verbessern beabsichtigt. Saps scheint also nicht zuletzt aufgrund der zahlreichen Freizeitwohnsitze ein belebter Weiler in Bevorchians zu sein. Sowohl Hauptwohnsitz- als auch Freizeitwohnsitzbewohner beleben das gepflegte Bild der Siedlung.
Die Siedlung von Gallizis, in etwa auf 650 m gelegen, befindet sich entlang jener Straße, die weiter nach Belcis, auf rund 700 m, führt. Auch in diesen beiden Siedlungen ist der Eindruck der Gebäude ein gepflegter, wenngleich etwas weniger als in Saps. Elf Bewohner leben derzeit in der Gallizis, fünf in Belcis (vgl. Gemeinde Moggio Udinese 2017). Nach Aussagen eines Dorfbewohners lebt hier ein Newcomer aus Frankreich, der jährlich mehrere Monate hier verbringt, um ein Haus zu renovieren. Außerdem sei eine Initiative von Bewohnern erfolgt, die das Gebäude der ehemaligen Dorfschule gekauft haben und dieses zu renovieren beabsichtigen. Als sozialer Treffpunkt für die Bewohner ist das Gasthaus in der Siedlung von Bedeutung.
Den Aussagen des Bewohners zufolge kehren derzeit einige vormals Ansässige der Ortschaft nun zurück und kümmern sich um die Renovierung der Häuser. Dies konnte auch im Rahmen der Feldforschung beobachtet werden. Die Siedlungen in Bevorchians scheinen demnach ein Gebiet für
zeitweise bis permanente Nutzung sowie für weiteren Zuzug zu sein. Dem entspricht auch das gepflegte, kultivierte Erscheinungsbild.

GRAUZARIA
Grauzaria, gelegen auf rund 500 m bis 550 m, liegt südlich von Dordolla. Derzeit wird das Dorf von 30 Bewohnern besiedelt (vgl. Gemeinde Moggio Udinese 2017). Nach Angaben einer Bewohnerin sind sämtliche Bewohner über 40 Jahre alt, mit Ausnahme von drei Kindern. Das Dorf macht einen
sehr gepflegten, sauberen und aufgeräumten Eindruck. Die Häuser, primär Einfamilienhäuser, sind dekoriert und in sehr gutem, teilweise renovierten Zustand. Der Großteil der Häuser ist bewohnbar. Nur wenige Ausnahmen zeigen sich in Form unvollendeter Baustellen sowie vernachlässigter,
unbewohnbarer Häuser. Aufgrund der Tatsache, dass an vielen der bewohnbaren Häuser die Fensterläden während der Untersuchungen untertags geschlossen waren, kann angenommen werden, dass die Eigentümer diese Wohnungen lediglich an den Wochenenden und/oder in den Ferien nutzen.


Abb. 15: Grauzaria. Quelle: Google Street View (2018).

Die gepflegten Gärten, Gemüsegärten, Bohnenfelder sowie die Streuobstwiesen in unmittelbarer Dorfnähe, bekräftigen den Eindruck, dass Grauzaria ein ziemlich belebter Ort ist. Die Straße, die durch Grauzaria führt, befindet sich ebenso in gut erhaltenem Zustand. Eine Bewohnerin erzählte,
dass diese in den 60er-/70er-Jahren erneuert und asphaltiert wurde. Folgt man diesem Weg jedoch in Richtung Wald, nördlich des Dorfes, so ist dieser Straßenabschnitt bereits sehr stark zugewachsen und scheint ungenutzt zu sein. Des Weiteren sind die umliegenden Flächen entlang dieses Weges zum Großteil von Wald bewachsen. Ein Hochsitz in Dorfnähe, dessen umliegendes Gebiet frei von Wald ist, lässt darauf schließen, dass diese Gegend auch heute noch zur Jagd genutzt wird. Brennholzlager lassen vermuten, dass auch der Wald für private Zwecke genutzt wird. Auffallend ist in Grauzaria, dass im Dorf keine soziale Infrastruktur vorhanden ist. Weder ein Gasthaus, noch ein Lebensmittelgeschäft, noch ein Schulgebäude sind hier zu finden. Nach Aussagen der befragten Bewohnerin war früher zumindest eine Schule im Ort, im Zuge der großen Abwanderung musste diese allerdings schließen. Untypisch ist zudem, dass sich im Dorf weder eine Kirche noch eine Kapelle befindet; die Bewohner mussten zum Besuch des Gottesdienstes nach Dordolla gehen.
Vor drei Jahren kam ein Newcomer-Paar nach Grauzaria, von dem durchaus positive Impulse ausgingen. So befindet sich in deren Besitz eine kleine Käserei; außerdem ließ es erst kürzlich einen Ziegenstall erbauen. Im Interview bedauerten die beiden, dass im Ort keine Einrichtung vorhanden sind, um Tourismus zu fördern bzw. dass keine Maßnahmen getroffen werden, um den Ort touristisch zu nutzen. Dies könnte nämlich zu einer Aufwertung des Ortes beitragen, beispielsweise indem ein Gasthaus errichtet wird.

CHIARANDA
Chiaranda liegt etwa auf einer Höhe von 422m und befindet sich entlang des Gebirgsbach Torrente Aupa sowie der schmalen Hauptstraße (SP112), die talauswärts von Dordolla nach Moggio Udinese führt. Chiaranda ist knapp fünf Kilometer von Moggio Udinese entfernt und weist daher teilweise suburbane Züge auf. So befinden sich in der Siedlung, angrenzend an die Hauptstraße, einige klassische Einfamilienhäuser mit gepflegten Gärten. Durch die Bewohner konnte in Erfahrung gebracht werden, dass diese modernen Häuser teilweise aus dem Fundament alter Bauwerke stammen, die nach den Erdbeben wieder aufgebaut und im modernen Stil renoviert wurden (siehe Abb. 16 und Abb. 17).
Bewegt man sich in östlicher Richtung oberhalb der Hauptstraße in die Siedlung hinein, kommt ein historisches Ortszentrum zum Vorschein. Hierbei handelt es sich meist um dicht aneinander gereihte Wohnhäuser, die weder besonders breit noch tief sind und bis zu drei Stockwerke aufweisen (siehe Abb. 18). Die unbewohnten Häuser wirken verlassen und sind teilweise etwas verfallen.


Abb. 16: Modernes Einfamilienhaus mit Garten in Chiaranda an der Hauptstraße. Quelle: Google Street View, 2018.


Abb. 17: Modernes Einfamilienhaus mit Garten in Chiaranda an der Hauptstraße. Quelle: Google Street View, 2018.

Südlich des Ortszentrums wird eine Fläche, als Gemüsegarten genutzt. Diese Fläche ist Teil einer großen Terrassenlandschaft, die heute hauptsächlich eine Mähwiese darstellt. Insgesamt ist Chiaranda ein ruhiger Ort mit wenig Dynamik, der 25 dauerhafte Bewohner im Jahr 2017 aufweist. Als Vergleichswert gab es dort im Jahr 2001 noch 43 Personen mit dauerhaften Wohnsitz (vgl. Gemeinde Moggio Udinese 2017). Es gibt wenige Zweitwohnsitze und etwas mehr Leerstände.


Abb. 18: Historisches Zentrum Chiaranda. Foto: Florian Meiseleder (2017).

PRADIS
Die nächste Ortschaft, am Eingang des Aupatals gelegen, ist Pradis. Diese ist unterteilt sich in Pradis di Sotto und Pradis di Sopra. Pradis di Sotto ist hierbei der tiefer gelegene Bereich (etwa 369 m) und Pradis di Sopra (etwa 461 m) der höher gelegene, wie die italienischen Namen bereits verraten. Beide Ortsteile sind bezüglich der Bevölkerungsentwicklung und dem Erscheinungsbild sehr
ähnlich und werden daher gemeinsam charakterisiert. Auffallend gegenüber Chiaranda sind die belebten Straßen und die überwiegend bewohnten Häuser. In Pradis di Sotto ist kein Wohnhaus offensichtlich leerstehend. Das ist ähnlich in Pradis di Sopra, dort sind nur wenige Gebäude verfallen, diese befinden sich vor allem am Waldrand und machen teilweise den Anschein wieder hergerichtet zu werden, vergleiche dazu Abb. 19.


Abb. 19: Heruntergekommenes Gebäude in Pradis di Sopra mit Abdeckfolien. Foto: Maya Simon (2017).

Bei den Wohnhäusern handelt es sich überwiegend um Einfamilienhäuser mit recht großem Grundstück, auf denen sich teilweise gepflegten Ziergärten mit Blumen oder aufwändig angelegte Gemüsegärten mit vielen Bohnen, Tomaten und Weinreben befinden. Dieses Erscheinungsbild lässt viele Dauerwohnsitze oder regelmäßig besuchte Zweitwohnsitze annehmen. Zudem haben beide Ortsteile gemeinsam, dass sie von gepflegten Mähwiesen umgeben sind, die ein Landwirt aus Pradis di Sopra in mündlicher Übereinkunft mit den anderen Bewohnern mäht. In beiden Orten sind neue Ställe errichtet worden. In Pradis di Sotto werden Truthähne gehalten und in Pradis di Sopra 20 Milchkühe, die ausschließlich im Stall stehen. Im unteren Teil gibt es eine Bar, die eine private Lokalität der Anwohner von Pradis darstellt und die Dorfgemeinschaft zusammenbringt.


Abb. 20: Bohnen in Pradis di Sopra. Foto: Katharina Rimml (2017).

Im Jahr 2017 lebten in Pradis 65 Einwohner (vgl. Gemeinde Moggio Udinese 2017). Nach den Aussagen der Bewohner sind 47 Personen davon dauerhaft in Pradis di Sopra ansässig und 18 Personen in Pradis di Sotto. In Pradis di Sopra scheint es den Befragungen nach nur wenige Zweitwohnsitze oder Newcomer zu geben. Hingegen lässt Pradis di Sotto einige Zweitwohnsitze mehr vermuten, da ein paar Häuser schön hergerichtet sind, aber nicht den Eindruck vermitteln dauerhaft bewohnt zu sein. Das trifft besonders für die Einfamilienhäuser in Pradis di Sotto an der Hauptstraße zu. Seit 1998 hat die Bevölkerung in Pradis um 13 Bewohner abgenommen, die Statistik der letzten
10 Jahre zeigt dagegen eine gleichbleibende Bevölkerungszahl (vgl. Gemeinde Moggio Udinese 2017), die sich durch die Nähe zu Moggio Udinese erklären lassen könnte. Die Bewohner können die Vorteile einer ländlich geprägten Talregion nutzen, haben aber zugleich einen nicht sehr weiten Arbeitsweg. Neben Chiaranda ist also auch in Pradis die Nähe zu Moggio Udinese spürbarer als beispielsweise in Dordolla. Das bezieht sich nicht nur auf die klassischen Einfamilienhäuser, sondern auch auf das Zugehörigkeitsgefühl. Aus den Gesprächen mit den Bewohnern lässt sich zudem ableiten, dass diese sich weniger dem „hinteren“ Aupatal zugehörig fühlen, als dem direkten Einzugsgebiet der Gemeinde Moggio Udinese.

4.2 SEASONAL TOWNS
BADIUZ
Am Fuße der Crete Grauzaria führt eine steile Straße in die Monticello-Dörfer Badiuz, Borgo di Mezzo und Morolz. Badiuz ist der erste der drei Weiler in der Hochebene bei auf 838 m. Der Ortseingang ist über eine Teerstraße zu erreichen und der CIA-Wanderweg 418 verläuft durch die Ortschaft.
Bis zum Erdbeben 1976 waren die Häuser in Badiuz dauerhaft bewohnt. 1951 zählte das Dorf 26 Einwohner (vgl. Čede & Steinicke 2007; ISTAT 1955). Heute handelt es sich nur noch um Zweit- und Wochenendhäuser, dauerhafte Bewohner gibt es in Badiuz keine. Die Häuser befinden sich meist seit mehreren Generationen im Familienbesitz und werden weitervererbt. Seltener kommt es zum Verkauf einzelner Gebäude, ausschließlich an Besitzer mit weiteren Grundstücke in Badiuz und Umgebung oder Personen mit persönlichem Bezug zum Ort, wie ehemalige Familien. Es ist auffällig, dass viele Hauseigentümer weitere Häuser in Badiuz und Umgebung besitzen.


Abb. 21: Blick auf Badiuz. Quelle: sentierinatura.it, 2018.

Badiuz besteht aus einem Hauptsiedlungskern mit sechs Gebäuden (vgl. Abb. 21) und drei etwa 100 m nördlich gelegenen Häusern. Nachdem die Gebäudesubstanz durch das Erdbebenereignis gänzlich zerstört wurde, begann in den 1980er Jahren der Wiederaufbau. Dieser erfolgt hauptsächlich in Eigenregie um die Baukosten gering zu halten. Laut Igor Jelen ist nach dem Wiederaufbau in Badiuz und Umgebung der traditionell friulanische Baustil nicht mehr erkennbar, vielmehr werden die baulichen Vorlieben der Besitzer im Siedlungsbild deutlich: Das Haus eines Tischlers, 2007 renoviert, ist eher mit Holzelementen geprägt, wie beispielsweise die Balkone (vgl. Abb. 22 (a)), während der Nachbar, ein Steinmetz, ausschließlich Steine verwendet hat, die zum Großteil aus der ehemaligen Bausubstanz des zerstörten Hauses stammen (vgl. Abb. 22 (b)). Des Weiteren fallen auch Dekorationselemente auf, wie die selbstgebauten Fliegenpilzhocker (vgl. Abb. 23 (a)). Es entsteht
der Eindruck, dass aus dem Wiederaufbau für viele Eigentümer eine Art Freizeitbeschäftigung an Wochenenden oder Lebensaufgabe in der Pension geworden ist. Es wirkt so als würden die Bauarbeiten noch die nächsten Jahrzehnte andauern. So kommt es zu einer Symbiose von sowohl alten, als auch neu gebauten und renovierten Häusern und ein gewisses Flair von aktueller Umgestaltung und Veränderung liegt in der Luft.


Abb. 22: Bauweise verschiedener Besitzer in Badiuz. (a) Tischer, (b) Steinmetz. Quelle: sentierinatura.it, 2018.


Abb. 23: Gepflegter Zustand der Bausubstanz und landwirtschaftlichen Nutzfläche. (a) Ziergarten mit Hausfassade, (b) Gemüsegarten. Fotos: Jesabel Künzel (2017); Natalie Soder (2017).

Generell macht Badiuz einen sehr guten Eindruck. Die Häuser sind in gutem Zustand, mit gepflegten Gärten und dekorierten Fassaden. Um die Siedlungsbereiche befinden sich kleinparzellige Ackerflächen und einige bewirtschaftete Gemüsegärten. Auf den anschließenden Weiden werden
von einem pensionierten Bewohner zwei Esel und mehrere Schafe gehalten, um seiner Leidenschaft nachzugehen. Zudem wird aktiv an der Offenhaltung der Weide und Wiesenflächen gearbeitet, um der Verbuschung entgegen zu wirken.

BORGO DI MEZZO
Von Badiuz aus erreicht man über einen Schotterweg das Straßendorf Borgo di Mezzo. Am Ortseingang sind einige Gebäude verfallen und bilden teilweise Ruinen. Wenige Meter weiter ändert sich dieser erste Eindruck der Siedlung. Die Häuser im Zentrum der Siedlung wirken gepflegt und weisen überwiegend renovierte Fassaden auf. In Borgo di Mezzo wird aktuell (September 2017) nur
ein Haus dauerhaft von einem älteren Ehepaar bewohnt, das nach dem Erdbeben 1976 ihr Haus wiederaufgebaut hat. Das bewohnte Haus befindet sich in der Ortsmitte an der rechten Seite von Norden kommend und fällt durch ein gepflegtes Erscheinungsbild mit großem Garten auf. Rund um das Haus sind viele Blumenbeete und -töpfe vorhanden, ein Gemüsegarten mit Bohnen und anderen Gewächsen. An den bewirtschafteten Flächen schließen gepflegte Mähwiesen an. Innerhalb der letzten zehn Jahren hat sich in Borgo di Mezzo die Bevölkerungszahl im Vergleich zu heute kaum verändert (vgl. Gemeinde Moggio Udinese 2017).


Abb. 24: Blick vom Ortsausgang Borgo die Mezzo, hinten links bewohntes Haus, rechts Reihenverbauung. Foto: Joschua Forster (2017).

An der linken Seite des Weges, von Badiuz kommend, befinden sich die übrigen Häuser. Hierbei sticht die Reihenverbauung der Häuser heraus. Der Großteil dieser Häuser weist gepflegte Fassaden auf, aber kaum Blumen. Eines der Reihenhäuser wurde sogar im September 2017 von einem Herrn aus Udine renoviert, der keine familiäre Bindung zu Borgo di Mezzo oder dem Aupatal hat. Das renovierte Haus soll nach seinen Aussagen als ländliches Wochenend- oder Feriendomizil für seine Familie dienen und möglicherweise soll ein Stockwerk vermietet werden (Abb. 25). Wie in Dordolla erhält man auch in Borgo di Mezzo zusätzlich zu dem erworbenen Grundstück ein Stück
Land, wenn die Besitzer jedoch nicht regelmäßig vor Ort sind verwildert es.


Abb. 25: Haus in Borgo di Mezzo. Foto: Katharina Rimml (2017).

Aus den Gesprächen mit der Tochter des ansässigen Ehepaars konnte in Erfahrung gebracht werden, dass bereits vor dem Erdbeben 1976 nur noch wenige Personen in Borgo di Mezzo gelebt haben, etwa vier bis fünf Familien. Die größte Entvölkerung war wohl in den 1950er bis 60er Jahren aufgrund der schlechten Verkehrsanbindung. Zudem konnte in Erfahrung gebracht werden, dass die Häuser in der Reihenverbauung als Zweitwohnsitze genutzt werden. Viele saisonalen Bewohner leben in Städten und suchen in Borgo di Mezzo ein wenig Ruhe. Das Leben dort muss an den individuellen Lebenszyklus anpasst werden. Mit Kindern, die in die Schule gehen müssen ist es nur schwer möglich dauerhaft so abgelegen zu leben, aber später kommen viele Menschen wieder zurück. Wie Pensionisten aus Frankreich, der Schweiz und Deutschland die ihre „Wurzeln“ wiederentdecken und ihre Ferienwohnsitze aufsuchen. Des Weiteren wirken die umliegenden Wiesen der Siedlung recht gepflegt und werden zum Großteil als Schafsweide genutzt (siehe Abb. 26). Nur die Flächen, die östlich an den Waldrand grenzen, sind teilweise stark verbuscht.


Abb. 26: Schafsweide in Borgo di Mezzo. Foto: Michaela Seewald (2017).

Am Ende des Dorfes, ein paar Meter von den Häusern entfernt befindet sich eine Kapelle (siehe Abb. 27), die sehr neu aussieht und eine dekorative Fassade mit Steinelementen aufweist. Dort wird zweimal im Jahr zum Festtag der heiligen Schutzpatrone eine Messe gelesen, den Schlüsseln verwahren die zwei dauerhaften Bewohner.


Abb. 27: Kapelle am Ortsausgang Borgo di Mezzo. Foto: Natalie Soder (2017).

Es lässt sich festhalten, dass Borgo di Mezzo zwar nicht viele Bewohner zählt, jedoch kann hier bei weitem nicht von einer Ortswüstung gesprochen werden. Die Flächen werden in der Ortsmitte überwiegend gepflegt, die Häuser sind fast alle in einem guten Zustand und dienen überwiegend als Ferien- oder Zweitwohnsitze für Familien und Pensionisten, die das Dorf von Zeit zu Zeit besuchen.

MOROLZ
Folgt man der Schotterweg von Borgo di Mezzo nach Morolz, gelegen auf 850m, so zeigt sich auf den ersten Blick der Eindruck einer verlassenen, entsiedelten Ortschaft mit knapp zehn Häusern, die sich ungeordnet entlang des Weges erstrecken (vgl. Abb. 28). Doch bereits ein paar Meter weiter stößt man auf ein völlig verändertes Bild (vgl. Abb. 29): Die Häuser erscheinen in gutem Zustand, liebevoll renoviert, mit Pflanzen auf den Fenstersimsen. Um die Gebäude sind Freiflächen vorhanden, die an den Wald angrenzen. Sie werden hauptsächlich als Mähwiesen und kleinere Obst- und Gemüsegärten genutzt. Die erschwerte Erreichbarkeit der Ortschaft lässt den gepflegten
Zustand nicht unbedingt vermuten. Dort lebt ein Ehepaar, das hier die Pensionsjahre verbringen wird. Laut Löffler et al. (2016) ist hier außerdem ein Amenity Migrant aus der Toskana ansässig, der für ein wissenschaftliches Institut in Paris arbeitet und aufgrund der kommunikationstechnischen
Möglichkeiten von dort aus die Arbeit verrichten kann.


Abb. 28: Ortseingang von Morolz, kommend aus Borgo di Mezzo. Foto: Michaela Seewald (2017).


Abb. 29: Eindrücke aus Morolz. Foto: Michaela Seewald (2017).

4.3 GHOST TOWNS
MOGGESSA DI LÀ


Abb. 30: Vogelperspektive Moggessa di Là. Foto (Drohnenaufnahme): Moritz Waas (2017).

Die Ortschaft Mogessa teilt sich in die zwei Ortsteile Mogessa di Là und Mogessa di Quà, die etwa 500 Meter Luftlinie voneinander entfernt liegen. Sie sind durch einen Fußweg über die Schlucht des Molin-Baches miteinander verbunden. Im Gegensatz zu Moggessa die Quà, welches nur fußläufig
errreicht werden kann, ist Moggessa di Là über eine die unbefestigte Straße von Morolz kommend an das Verkehrsnetz angebunden.
Moggessa di Là ist der nördlich gelegene Ortsteil Moggessas. Die Siedlung liegt auf einem Plateau auf 530 m und ist von dichtem Wald umgeben (vgl. Abb. 30). Die Ortschaft umfasst circa 30 Gebäude, die in Form eines Rechtecks angeordnet sind. Das vorherrschende Baumaterial ist Stein und enge Gassen (vgl. Abb. 31) führen durch die Siedlung. Der überwiegende Teil der Häuser ist bewohnbar und kleinere Gemüsegärten, sowie Pflanzen und Weinreben an den Hausfassaden erweckt den Eindruck, dass sich zumindest zeitweise Personen in Moggessa die Là aufhalten. Dennoch sind einige markante Ruinen vorhanden, die verhältnismäßig stark von der Vegetation überprägt werden (vgl. Abb. 32) und etwa ein Drittel des Gebäudebestandes zeigt erste Verfallserscheinungen, wie in Abb. 33 zusammengefasst. Am Ortseingang befindet sich die Kirche beider Ortsteile und bis 1976 gab es ebenfalls eine Schule, bevor diese vom Erdbeben zerstört wurde.
Bis 2016 war Mogessa dauerhaft besiedelt, bevor der letzte Bewohner ins Altersheim gekommen ist. Trotz des verlassenen Eindrucks konnte über Gespräche mit Personen, die sich dort aufhielten herausgefunden werden, dass ehemalige Bewohner das entlegene Dorf teilweise saisonal besiedeln.
Gründe der Abwanderung waren hauptsächlich bessere Berufschancen und Schulbildung in Städten wie Tolmezzo.


Abb. 31: Enge Gassen in Moggessa di Là. Foto: Michaela Seewald (2017).


Abb. 32: Vegetation erobert Gebäude. Foto: Michaela Seewald (2017).


Abb. 33: Siedlungsstruktur in Moggessa di Là.

MOGGESSA DI QUÀ


Abb. 34: Vogelperspektive Moggessa di Quà. Foto (Drohnenaufnahme): Moritz Waas (2017).

Moggessa di Quà liegt auf 510 m und ist bereits angesprochen nur fußläufig von Moggessa di Là und Moggio Udinese zu erreichen. Moggessa di Quà ist ein eng bebautes Dorf ohne erkennbare Struktur. Die schmalen Gassen zwischen den Häusern führen zu einem keinen Platz im Zentrum der Siedlung. Dort befanden sich früher die Ställe, in denen alle Kühe des Ortes untergebracht waren. Über die Hälfte der Gebäude sind überwiegend verfallen, was an den vielen Ruinen deutlich wird (vgl. Abb. 34 und Abb. 35). Im östlichen und westlichen Teil der Siedlung gibt es dennoch Häuser mit weitgehend intaktem Baubestand. Die verfallenen und erhaltenen Gebäude halten sich circa das Gleichgewicht (vgl. Abb. 36). Durch Blumen und Dekorationselementen an den Häusern und in den kleinen Vorgärten erwecken ein paar der Häuser einen überaus gepflegten Eindruck. Kleinere
landwirtschaftlich genutzte Flächen und ein Esel bestätigen saisonale Besiedlung. Während des Feldaufenthalts 2017 konnten ehemalige Bewohner bei Renovierungsarbeiten beobachtet werden. Nach den Angaben dieser sind derzeit zehn Häuser bewohnbar und werden als saisonale Wohnsitze genutzt. Zwei der Häuser gehören Personen, die nicht aus dem unmittelbaren Umland, sondern aus Görz stammen. Da sich diese hauptsächlich an den Wochenenden in den Sommermonaten in Moggessa die Quà aufhalten, tragen sie aber kaum zum Dorfleben bzw. der Instandhaltung des Gebäudebestands bei.
Vor dem Erdbeben im Jahr 1976 besaß Moggessa di Quà ein kleines Geschäft und ein Gasthaus, die Schule für die Kinder lag in Moggessa die Là. Eine Besonderheit in Moggessa di Quà waren die selbst hergestellten Materialien der Steinmetze für den Hausbau, wie der Mörtel und die eigens gefertigten Dachziegel, die mit dem Unterarm geformt wurden. In den 1950er lebten dort etwa 42 Familien mit je zwei Kühen und ein Schwein, es gab viele Freiflächen, Wiesen und Äcker um das Dorf herum, die heute verwildert und verbuscht sind. Seit etwa 14 Jahren gibt es keine dauerhaften Bewohner mehr dort. Insgesamt wirkt Moggessa di Quà trotz der Bauarbeiten verfallener als Moggessa di Là. Es liegt die Vermutung nahe, dass die fehlende Anbindung an die Infrastruktur einen Beitrag dazu leistet.


Abb. 35: Ruine in Moggessa di Quà. Foto: Michaela Seewald (2017).


Abb. 36: Siedlungsstruktur in Moggessa di Quà.


Abb. 37: Intaktes Steinhaus in Moggessa di Quà. Foto: Michaela Seewald (2017).

RIULADE


Abb. 38: Blick auf Riulade. Foto: Paul Seiler (2017).

Nordöstlich von Moggio Udinese liegt an den Hängen des Monte Masereit, auf der orographisch rechten Seite des Albatals, die Ortschaft Riulade. Die auf etwa auf 850 m gelegene Siedlung teilt sich in Riulade di Sotto und di Sopra, welche wenige Gehminuten voneinander entfernt liegen. Eine direkte Anbindung an das umliegende Straßennetz ist nicht vorhanden, dennoch ist die Ortschaft binnen weniger Minuten Fußmarsch von der asphaltierten Straße erreichbar. In Riulade zeigen sich die Auswirkungen des Erdbebens am deutlichsten. Während die Ortschaft einst über hundert Einwohner zählte und eine Schule besaß, gilt sie heute als klassisches Beispiel eines Geisterdorfes. Im Jahr 1951 lebten 55 Personen in Riulade (vgl. Čede & Steinicke 2007; ISTAT
1955). Heute gilt die Siedlung als weitgehend verfallen und die früheren Wohnhäuser werden langsam von der Natur (zurück)erobert (vgl. Abb. 39). Beim Blick auf die Überreste der ehemaligen Gebäude entsteht der Eindruck, als wären die früheren Bewohner von der einen auf die andere Stunde verschwunden und seither kein Mensch diesen Ort betreten hat: Die Haustüren brechen langsam aus dem Fundament, Kachelöfen stehen an den Hauswänden und die Bänke vor den Häusern beginnen langsam zu vermodern (vgl. Abb. 40). Zwischen den Ruinen wurden in den letzten Jahren drei Häuser für den sporadischen Aufenthalt hergerichtet (vgl. Löffler et al. 2014). Auch
kleinere Gärten, in denen Gemüse angebaut wird, lassen auf eine temporäre Nutzung schließen.


Abb. 39: Haus in Riulade. Foto: Natalie Soder (2017).


Abb. 40: Haus in Riulade. Foto: Jesabel Künzel (2017).

Auf den wenigen (noch) offen gehaltenen Wiesen, die sich unmittelbar um den ehemaligen Siedlungskern befinden, lässt sich ebenso wie auf den Feldwegen im und um das Dorf die beginnende Verbuschung erkennen. Wenige Meter entfernt erstreckt sich dichter Wald. Im Vergleich zu den anderen Ortschaften im Aupatal, sticht Riulade am bildhaftesten als Geisterdorf heraus. Zwischen dem verfallenen Gebäudebestand sind zum Teil die sporadisch genutzten
und renovierten Häuser erst auf den zweiten Blick als solche erkennbar und auch die umliegenden Flächen sind bis auf wenige Quadratmeter von sehr starker Verbuschung überprägt. Riulade war die einzige Ortschaft, in der während der Feldarbeit im September 2017 keine Person anzutreffen war. Laut einem Artikel in der Tiroler Tageszeitung von Markus Schramek (2017) verließen vor 46 Jahren die letzten Bewohner das Dorf. Obwohl das Erdbebenunglück zu den Hauptgründen der Entvölkerung zählen dürfte, könnte unter anderem die schlechte Infrastrukturanbindung im Vergleich
zu manch anderer Ortschaft einen Beitrag geleistet haben.

5 FAZIT
Abschließend lässt sich zusammenfassen, dass es drei dominante Siedlungstypen im Aupatal gibt. Die Typisierung vivid towns, deren Häuser überwiegend im guten Zustand sind und dauerhaft bewohnt werden. Dann der Siedlungstyp seasonal towns, der einen überwiegend intakten Gebäudebestand mit teilweise dekorativen Fassaden aufweist und vermehrt saisonal genutzt wird. Die letzte Typisierung, die ghost town fasst die Dörfer zusammen, die weder ganzjährig noch überwiegend saisonal bewohnt werden und deren Häuser zu einem großen Teil verfallen sind. Auffällig ist hierbei, je schlechter eine Ortschaft an das Straßennetz angebunden ist, desto mehr nimmt der Gebäudeverfall zu und die Wohndauer ab. Die Typisierungen sind zwar ein nützliches Werkzeug, um einen Überblick der dominanten Siedlungsbilder im Aupatal zu erhalten, jedoch gehen hierbei spezifische Informationen der Siedlungen etwas verloren. Denn die Zuordnung in einen Siedlungstyp erfolgt nach den überwiegenden Merkmalen einer Siedlung, jedoch können Ausprägungen, die nicht überwiegen, trotzdem von Bedeutung
sein. So können positive Veränderungen, wie Renovierungs- und Instandhaltungsmaßnahmen, Interesse an einer Ortschaft wecken und mehr Menschen anziehen oder durch zunehmenden Verfall das Gegenteil bewirken. Hierbei können Zuwanderer, die teilweise außeralpiner Herkunft sind,
aber auch Rückkehrer, die die Kulturlandschaft und den Gebäudezustand verändern, Impulsgeber sein, die ein anderes Siedlungsbild hervorrufen und die Siedlung sogar nachhaltig verändern können.

6 LITERATUR
Čede, P. & Steinicke, E. (2007): Ghost Towns in den Ostalpen. Das Phänomen der Entvölkerung im friulanischen Berggebiet (Italien). In: Geographica Helvetica 62(2), S. 93–103.
Gemeinde Moggio Udinese (2017): Bevölkerungsstatistik der Gemeinde Moggio Udinese.
Google Street View (2018).
Istituto Centrale di Statistica (ISTAT) (1955ff.): Censimento, generale della Popolazione 1951, 1961, 1971, 1981 ,1991, 2001. Rom.
Löffler, R.; Beismann, M; Walder, J. & Steinicke, E. (2014): New Highlanders in traditionellen Abwanderungsgebieten der Alpen. Das Beispiel der friulanischen Alpen. Journal of Alpine Research, 102(3): 1–17.
Löffler, R.; Walder, J.; Beismann, M.; Warmuth, W. & Steinicke, E. (2016): Amenity Migration in the Alps: Applying Models of Motivations and Effects to 2 Case Studies in Italy. In: Mountain Research and Development, 36(4): 484–493.
Pilgram, G.; Berger, W.; Koroschitz, W. & Pilgram-Ribitsch, A. (2010): Die letzten Täler. Wandern und Einkehren in Friaul. Klagenfurt, DRAVA.
Schramek, M. (2017): Alpendörfer im Überlebenskampf. Tiroler Tageszeitung, 05.10.2017. https://mobileapps.tt.com/wirtschaft/markt/13513633-91/alpend%C3%B6rfer-im-
%C3%BCberlebenskampf.csp?tab=article [Zugriff am 23.01.2013].
Sentierinaturi.it (2018): http://www.sentierinatura.it/easyne2/LYT.aspx?Code=SentieriNatura&IDLYT=1970&ST=SQL&SQL=ID_Documento=2618 [Zugriff am 21.01.2018].
Wikipedia (2018): Aupatal (Friaul). https://de.wikipedia.org/wiki/Aupatal_(Friaul) [Zugriff am 21.01.2018].

7 ANHANG (ist in der Datenbank zu finden)
Abb. 41: Siedlungsbilder im Aupatal.
Abb. 42: Settlement structure in the Aupa Valley.
Abb. 43: La struttura d’abitato in Val Aupa.

Demographische Entwicklung

Um die Bevölkerungsentwicklung im Val Aupa nachzuvollziehen, wurden im Folgenden zwei
unterschiedliche Quellen herangezogen: Die offizielle Statistik der ISTAT und deren
Bevölkerungsdaten sowie die während des Feldaufenthalts in Interviews erworbenen Informationen
zur demographischen Entwicklung der einzelnen Dörfer.
Die demographische Entwicklung im Val Aupa verläuft zu großen Teilen ähnlich dem Verlauf in der
gesamten Montagna Friulana. Die am südlichen Talausgang gelegene Hauptgemeinde Moggio
Udinese verzeichnete seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1871 mit 4709 die höchste
Einwohnerzahl im Jahr 1921. Seither nimmt die Bevölkerungszahl in unterschiedlichen Etappen, aber
vor allem seit den 1950er Jahren stetig ab und liegt im Jahr 2016 bei 1708. Dieser Trend ist auch in
den kleineren Dörfern und Weilern des Val Aupa zu erkennen. Die wichtigsten Gründe für diese
Entsiedelung stellen die fehlenden wirtschaftlichen Perspektiven sowie die schlechte lokale
Infrastruktur dar, welche zu Fortzügen in die friulanische Ebene oder andere Gebiete führten. Als
entscheidendes Ereignis kann auch das Erdbeben 1976 angeführt werden, nach welchem große
Bevölkerungsteile die entlegenen Täler und Dörfer verlassen hatten und seither nicht wiedergekehrt
sind.
Abbildung 1 stellt die Bevölkerungsentwicklung der gesamten Gemeinde Moggio Udinese für den
Zeitraum 1871-2017 dar.


Abbildung 1: Bevölkerungsentwicklung der Gemeinde Moggio Udinese im Zeitraum 1871-2017 (eigene Darstellung nach
Gemeinde Moggio Udinese 2017)

Abbildung 2: Bevölkerungsentwicklung des Ortes Moggio Udinese im Zeitraum 1998-2016 (eigene Darstellung nach Gemeinde Moggio Udinese
2017)

In Abbildung 2 ist die Entwicklung des Ortes Moggio Udinese ohne die der Gemeinde zugehörenden
Weiler zu erkennen. Laut den statistischen Daten gab es einen leichten Bevölkerungsanstieg bis 2001
und anschließend nimmt die Bevölkerung im Ort tendenziell ab und liegt im Jahr 2016 bei 1414
Einwohnern.
Die Bevölkerungsdaten der einzelnen Dörfer seit 1998 spiegeln größtenteils diese Tendenzen wider.
So kam es in 13 der 25 Dörfer in den letzten 20 Jahren zu teilweise drastischen
Bevölkerungsabnahmen, während sechs eine Stagnation und die restlichen sechs eine
Bevölkerungszunahme verzeichneten. Die demographischen Entwicklungen der 25 Dörfer und Weiler
wurden im Folgenden in verschiedene Kategorien unterteilt, aus welchen sich drei unterschiedliche
Gruppen ergaben, welche in Tabelle 1 zusammengefasst sind.

Tabelle 1: Gruppierung der Dörfer und Weiler nach der Bevölkerungsentwicklung (eigene Darstellung)

Im Folgenden sollen die unterschiedlichen Gruppen einzeln betrachtet werden. Die
jeweiligen Bevölkerungsdiagramme der unterschiedlichen Kategorien sollen die Entwicklung
der einzelnen Dörfer visualisieren.
Gruppe 1


Abbildung 3: Gruppe 1: Bevölkerungsabnahme (eigene Darstellung nach Gemeinde Moggio Udinese 2017)

Die in Abbildung 3 dargestellten demographischen Entwicklungen im Aupatal weisen seit 1998 eine
Abnahme der Bevölkerungszahl und eine anschließende Stagnation auf. Dazu zählen neben kleineren
Weilern wie Gallizis, Culos, Belcis und Plan di Bevorchians auch die größeren Dörfer Pradis, Grauzaria
und Dordolla. Dabei sind unterschiedliche Wendepunkte erkennbar. In Pradis nimmt die
Bevölkerungszahl bis 2005 stark ab und stagniert seither. Laut Aussagen von Dorfbewohnern leben
davon zurzeit 47 Menschen in Pradis di Sopra. Zudem gab es in den letzten Jahren keinen
nennenswerten Zu- oder Wegzug. Die dort lebenden Menschen sind alle einheimisch und haben ihre
Wurzeln dort. Seit kurzer Zeit hat eine Familie aus der Schweiz einen Ferienwohnsitz. Genaue
Angaben, ob diese ein Haus gekauft haben, oder durch Erbschaft aus der Familie dorthin gekommen
sind, konnte bei der Feldforschung nicht in Erfahrung gebracht werden. Betrachtet man die
Bevölkerungsdaten der Gemeinde, ist erkennbar, dass die Familie aus der Schweiz dort nicht
gemeldet ist. In Pradis di Sotto sind laut den Bewohner die meisten Besitzverhältnisse ungeklärt, was
den Zuzug für neue Bewohner erschwert. Im Gegensatz zu Pradis dauern die Bevölkerungsverluste in
Dordolla bis 2011 an und stagnieren seither mit kleineren Veränderungen. Problematisch ist dabei,
dass die meisten Bewohner Dordollas Pensionisten sind, weshalb eine natürliche
Bevölkerungszunahme unwahrscheinlich ist. Jedoch ist die Bar ein entscheidender Faktor für den
Bevölkerungszuwachs. Dieser ist allerdings in den Bevölkerungsdaten nicht zu erkennen, da viele
zugezogene Personen sich vor Ort nicht offiziell anmelden. Grauzarias Bevölkerungsabnahme seit
1998 ist im Vergleich weniger stark, hält dafür aber auch bis 2013 an, bevor sich die
Bevölkerungsentwicklung einpendelt. In den Dörfern Gallizis, Belcis und Plan di Bevorchians, die zur
Streusiedlung Bevorchians gehören, leben 20 bis 25 Personen. In einem Interview vor Ort konnte in
Erfahrung gebracht werden, dass aktuell 7 bis 8 Witwen im Ort leben und es einen Amenity Migrant
aus Frankreich gibt. 1952 lebten dort noch 85 Kinder. Außerdem gehören zwei Häuser in der Ortschaft einem Ehepaar aus Triest und zwei Familien haben die alte Dorfschule gekauft und wollen
diese in naher Zukunft renovieren, um das Dorf neu zu beleben.
Insgesamt sind die Bevölkerungsabnahmen durch, die gesamte Montagna Friulana betreffenden,
Entsiedelungstendenzen erklärbar. Die teilweise anschließende Stagnation lässt sich durch den Zuzug
von Newcomern und den damit auftretenden touristischen und wirtschaftlichen Verbesserungen
erläutern. Im Falle des Weilers Gialloz fällt die Bevölkerungszahl im Jahr 2011, in Fassoz im Jahr 2013.
Seither stagniert die Entwicklung. Die demographischen Entwicklungen sind allerdings aufgrund der
extrem niedrigen Einwohnerzahl als nicht signifikant einzustufen. Für Cjampiui können 2003 und
2013 zwei entscheidende Bevölkerungsabnahmen festgestellt werden. In Gravons fällt die
Bevölkerungszahl im Jahr 2010 auf 0 ab. Gut nachzuvollziehen ist diese Entwicklung an der
Bevölkerungszahl Chiarandas, welche 2001 den höchsten Wert aufweist, in den folgenden Jahren
abnimmt und 2016 den tiefsten Wert dieser Zeitreihe erreicht. 2017 stieg die Bevölkerung wieder
leicht an. Diese Daten sind allerdings mit Vorsicht zu bewerten, da während eines Interviews vor Ort
bekannt wurde, dass derzeit nur etwa acht Personen dauerhaft in Chiaranda wohnen.

Gruppe 2


Abbildung 4: Gruppe 2: Bevölkerungsstagnation (eigene Darstellung nach Gemeinde Moggio Udinese 2017)

Die in Abbildung 4 dargestellten demographischen Entwicklungen seit 1998 weisen
Bevölkerungsstagnationen auf. Die Bevölkerungszahl in allen zugehörigen Weilern fällt dabei
zwischen 1998 und 2017 um nicht mehr als 3 Personen. Mogessa di Là weist eine relativ konstante
Bevölkerungszahl auf, welche allerdings durch eine zwischenzeitliche Bevölkerungszunahme und –
abnahme unterbrochen wird. In Interviews vor Ort konnte herausgefunden werden, dass es in
Mogessa di Là in den letzten Jahren zu saisonalen Bevölkerungszunahmen kam, die sich allerdings in
den offiziellen Statistiken nicht widerspiegeln. Zudem sollen diese saisonalen Bewohner bereits
pensioniert sein. Der letzte dauerhafte Bewohner ist 2016 ins Altersheim gekommen, was in den
Statistiken jedoch nicht zu erkennen ist. Im Jahr 1951 beträgt die Bevölkerungszahl des Dorfes noch
77 Einwohner (Cede, Steinicke 2007). Die meisten Wegzüge erfolgten aufgrund der schlechten wirtschaftlichen Perspektiven. Zwei Häuser im Dorf gehören zwei Personen, die aus Görz stammen
und meistens im Sommer und am Wochenende da sind. Diese beteiligen sich aber nur mäßig am
Dorfleben bzw. der Instandhaltung des Dorfes. Bei den Befragungen in Saps kam jedoch heraus, dass
dort ganzjährig fünf Familien leben und im Sommer sogar bis zu 20 Menschen. Bei diesen Menschen
handelt es sich meistens um die Familien der Pensionisten, die dorthin kommen, um sich um diese zu
kümmern. Die Wochenendbewohner arbeiten in der Papierfabrik in Moggio-Udinese. Laut den
Angaben eines Befragten ist ein Österreicher dabei, etwas Ähnliches wie Tiere Viere zu errichten. Er
will die touristische Infrastruktur in Saps verbessern und Ziegenställe errichten. Dieser kommt
allerdings nur alle zwei Monate nach Saps, weshalb der Befragte denkt, dass es unmöglich sein wird,
das Vorhaben umzusetzen. Zudem leben keine Kinder im Ort. Nach dem Erdbeben 1976 sind keine
neuen Familien nach Saps gezogen.

Gruppe 3


Abbildung 5: Bevölkerungszunahme (eigene Darstellung nach Gemeinde Moggio Udinese 2017)

Die in Abbildung 5 dargestellten demographischen Entwicklungen seit 1998 weisen eine
Bevölkerungszunahme auf. In Drentus kann diese vor allem seit 2004 beobachtet werden, in den
Monticello Dörfern in verschiedenen Etappen seit 2000. In Pacol de la Cite und Morolz steigt die
Bevölkerungszahl im Jahr 2009, in Vurins erst 2015. In Drentus ist diese Zunahme durch den Zuzug
von Newcomern erklärbar. Fünf davon haben ihren Wohnsitz das ganze Jahr über in Drentus und die
beiden anderen Bewohner haben dort einen Ferienwohnsitz. In den anderen Dörfern kam es vor
allem durch neu entstandene Zweitwohnsitze zu einem Bevölkerungszuwachs. In Mogessa di Quà
steigt die Einwohnerzahl im Jahr 2006 auf einen Bewohner an. In den Befragungen vor Ort kam
heraus, dass mindestens zwei Bewohner öfter im Ort sind, jedoch lebt seit mindestens 14 Jahren
keiner mehr dauerhaft im Ort. In Morolz, wo 1951 noch 36 Personen dauerhaft lebten (Cede,
Steinicke 2007) gibt es aktuell einen dauerhaften Bewohner, jedoch stellen den größeren Anteil
Freizeit- und Zweitwohnsitze dar, welche zur Revitalisierung der Monticello-Dörfer beitragen. Dies
kann vor allem in Badiuz (Vurins) beobachtet werden, wo 1951 noch 26 Einwohner zu verzeichnen
waren (Cede, Steinicke 2007) und es aktuell keinen dauerhaften Bewohner gibt. In diesen Dörfern ergeben sich Schwierigkeiten beim Erwerb von Häusern und Grundstücken, die wiederum mit der
Realteilung in Verbindung stehen. Daraus resultieren oft lange Zeiten, bis ein Haus gekauft und eine
Vorstellung umgesetzt werden kann. In Borgo di Mezzo, einem der Monticello-Dörfer, leben aktuell
zwei ältere Personen, wovon eine Person dauerhaft dort lebt. Die restlichen Häuser stellen Ferienoder
Zweitwohnsitze dar, welche nicht in den Statistiken aufgeführt sind. Die Feldforschungen haben
also ergeben, dass es auch zeitweise mehrere Bewohner dort gibt. In den Befragungen kam zudem
heraus, dass einige Pensionisten aus der Schweiz, Frankreich oder Deutschland zurück ins Val Aupa
kommen um ihre Wurzeln wieder zu finden.
In Abbildung 6 ist die Lage der einzelnen Fraktionen und Weiler der Gemeinde Moggio Udinese sowie
die Entwicklung von 1998-2017 und die aktuelle Bevölkerungszahl (Stand: Mai 2017) dargestellt.


Abbildung 6: Bevölkerungsentwicklung der Dörfer und Weiler der Gemeinde Moggio Udinese (eigene Darstellung nach
Gemeinde Moggio Udinese 2017)

Die Siedlung mit mehr als 50 Einwohner im Jahr 2017 im Val Aupa (ohne Moggio, Campiolo und
Ovedasso) ist Pradis mit 65 Einwohnern. Die Fraktion liegt am Taleingang und lässt sich in Pradis di
Sotto am Talboden und Pradis di Sopra, einer höher gelegenen Ortschaft, aufgliedern.
Siedlungen mit einer Einwohnerzahl zwischen 26 und 50 Einwohner sind Dordolla (49), der Hauptort
des mittleren und hinteren Tales sowie Grauzaria (30). Beide Dörfer liegen ca. in der Mitte des Tales,
wobei Dordolla erhöht auf einer Moräne liegt und Grauzaria nahe am Talboden.
Fraktionen mit 11-25 Einwohner sind Chiaranda (25) nördlich von Pradis und Gallizis (11), ein Weiler
in der Streusiedlung Bevorchians im Talschluss. Ebenfalls in Bevorchians liegt Saps (7), ein Weiler mit
einer Einwohnerzahl zwischen 6 und 10 Einwohnern. Zu dieser Kategorie gehören auch Drentus (7),
ein Weiler ca. 15 Gehminuten südlich von Dordolla auf ähnlicher Höhe gelegen, und Zais (6), ebenso
südlich von Dordolla, aber auf Höhe des Talbodens gelegen.
Die meisten der Siedlungen des Val Aupas haben unter 5 Einwohner:
– die zur Streusiedlung Bevorchians gehörenden Weiler Belcis (5), Cjampiui (1), Gialloz (1),
Culos (2), Plan di Bevorchians (4), Pacol de la Cite (1);
– die im Hochtal zwischen den Bergen Creta Grauzaria und Monticello gelegenen Weiler Vurins
(1), Monticello (in anderen Daten als Borgo di Mezzo bezeichnet, 2) und Morolz (1);
– der Weiler Virgulins (1) in direkter Nachbarschaft zur Siedlung Drentus sowie
– die beiden Dörfer Moggessa di Là (1) und Moggessa di Quà (1) in einem nicht
verkehrstechnisch angebundenen Nebental des Val Aupas liegend, welches sich vom Hochtal
zwischen der Creta Grauzaria und dem Monticello in Richtung Südwest erstreckt.
In direkter Nachbarschaft zu Moggessa di Là und Moggessa di Quà liegt Stavoli, eine Ortschaft die
schon zu Beginn der Datenreihe 1998 keine Einwohner mehr hat. Hier ist der Bevölkerungsrückgang
gegenüber 1951 besonders dramatisch, da zu dieser Zeit noch 132 Personen in Stavoli gewohnt
haben (Cede, Steinicke 2007). Siedlungen die im Zeitraum der Datenreihe 1998-2017 ihre Einwohner komplett verloren haben sind Fassoz am Talgrund westlich von Dordolla gelegen sowie die zur Streusiedlung Bevorchians im Talschluss gelegenen Weiler Gravons, Mattanins und Stalons.
Die Fraktionen die in der Gemeinde Moggio Udinese liegen, aber nicht zum Val Aupa gehören sind Moggio (mit einer Einwohnerzahl von 1414 im Jahr 2016), Campiolo (2017: 19) und Ovedasso (2017: 56) im Canal del Ferro gelegen.
Wenn man das Durchschnittsalter der gesamten Gemeinde Moggio Udinese von 1998 (44,1 Jahre) und 2011 (47,5 Jahre) miteinander vergleicht, erkennt man, dass die Bevölkerung in den letzten 20 Jahren älter wurde. Dies ist vor allem durch die Rückkehr von Pensionisten und die sehr geringe Anzahl von Kindern im Tal zu erklären. Des Weiteren sind einige der Newcomer, die das Alter senken würden, nicht in der Gemeinde angemeldet und die Wochenend-Bewohner und Freizeit Bewohner sind in der Statistik nicht vertreten.
In Tabelle 2 findet sich ein Überblick über die aktuellen Einwohnerzahlen der einzelnen Fraktionen im Val Aupa.

Tabelle 2: Aktuelle Bevölkerungszahlen der Dörfer der Gemeinde Moggio Udinese (eigene Darstellung nach Gemeinde Moggio Udinese 2017)

Quellenverzeichnis
Cede, P., Steinicke, E. (2007): Ghost towns in den Ostalpen. Das Phänomen der Entvölkerung
im friulanischen Berggebiet (Italien). In: Geographica Helvetica 62. 93-103.
Gemeinde Moggio Udinese (2017): Bevölkerungszahlen der einzelnen Fraktionen und Weiler.
ISTAT-Istituto Nazionale di Statistica (2017): Demographic balance by Province from 1991 2015.
URL: http://demo.istat.it/index.html (Stand: 24.01.2018).

Besitzstrukturen

1 Hinführung
Das Val Aupa ist eine der strukturschwächsten Regionen der Alpen. Wie Čede et al. (2014)
beschreiben, waren besonders nach der Erdbebenserie im Jahr 1976 große Bevölkerungsverluste
zu verzeichnen. Ein weiterer Grund für die Entvölkerung stellt die Arbeitsmigration dar.
Durch die Abwanderungsbewegungen schritt in den letzten Jahrzehnten die progressive Sukzession
der landwirtschaftlichen Nutzflächen deutlich voran sodass Verbuschung großflächig
auftritt. Die erneute Bewirtschaftung der ehemaligen Nutzflächen ist dadurch deutlich erschwert.

In Beismann et al. (2014) wird ein Einblick in die Verteilung der unterschiedlichen neuen und
alten Bewohner wie folgt beschrieben. Das Modell (Abbildung 1) zeigt den ursprünglich für die
Westalpen gedachten, jedoch grundsätzlich alpenweit gültigen, Einfluss der zugezogenen Bevölkerung
auf exponierte, kleine und zentrumsferne Dörfer. Dabei ist zu erkennen, dass je extremer
die Lage der Siedlungen, die Zahl der Einheimischen abnimmt und die der ZweitwohnungsbesitzerInnen
steigt. Zweitwohnsitze als auch die Amenity Migration rund um die Dörfer
verzeichnen jedoch erstaunlich wenige neue Bauflächen bzw. Renovierungen die nur im ortstypischen
Stil durchgeführt werden.


Abbildung 1: Talmodell. Quelle: Beismann et al. (2015).

Abbildung 2 veranschaulicht die Aufenthaltsdauer der Bevölkerung eines Dorfes in extremer Lage und zeigt deren Wirkungsgrad auf die Gemeinde. Die Unterscheidung von BewohnernInnen
und ZweitwohnungsbesitzerInnenn fällt oft schwer, da viele ItalienerInnen aus steuerlichen
Gründen ihren Ferien- oder Zweitwohnsitz als Hauptwohnsitz angeben. Dies erschwert
eine klare Trennung der zugewanderten Gruppen und führt dazu, dass die statistisch erhobene
Zahl der ZuwandererInnen oft höher als die Reale ist.

 


Abbildung 2: Gemeindemodell. Quelle: Beismann et al. (2015).

Oft kann die bestehende meist baufällige Bausubstanz der ursprünglichen Dörfer nicht erhalten
oder renoviert werden, da es schlichtweg nicht möglich ist leerstehende Häuser zu erwerben.
Hierbei liegt das Hauptursache vor allem bei der übermäßigen Realteilung. Die Realteilung
führt dazu, dass viele alte verfallene Häuser, oft charakteristisch und stilprägend für die Region,
nicht selten über 20 BesitzerInnen aufweisen (Beismann et al.: 2015). Durch diese Fragmentierung
sind diese Häuser für den Immobilienmarkt unbrauchbar. Der Zerfall der Häuser beeinträchtigt
außerdem den Nutzen der unmittelbaren Nachbarschaft, da bei der lokaltypischen
Bauweise in den Ortskernen die Außenwände des Gebäudes meist dieselben sind wie die vom
Nachbargebäude. Die Realteilung bedeutet ebenfalls, dass der Landbesitz einer Familie unter
den Erbberechtigten gleich aufgeteilt wird. Diese Fragmentierung findet für jede Generation
statt, sodass die Anzahl von Kleinstparzellen mit der Zeit ansteigt. In der Landwirtschaft führte
die fortgesetzte Realteilung zu einer Zersplitterung des Ackerlandes in eine Vielzahl kleiner Äcker, oft in Form schmaler Streifen. Diese sind sehr ineffizient zu bestellen und aus ökonomischer
Sicht zunehmend untragbar.

2 Besitzverhältnisse in Dordolla, Drentus und Virgulins
Anhand der gegebenen Katasterdaten und der von Herr Nickles bereitgestellten Daten, ergab
sich folgende Aufteilung (Abb. 3):


Abbildung 3: geklärte und ungeklärte Besitzverhältnisse (eigene Darstellung).

Von insgesamt 1514 Parzellen sind die Besitzverhältnisse von 33% also 493 Parzellen geklärt.
Dies entspricht einer Fläche von 172,5 ha und rund 51% der gesamten Fläche des katastral erfassten
Gebietes in und um Dordollas (335,1 ha). Für 1021 Parzellen herrschen unklare Eigentumsverhältnisse
dies entspricht rund zwei Drittel der Parzellen und 162,5 ha, also 49% an der
Gesamtfläche. Die Vermutung liegt nahe, dass wie schon im ersten Kapitel beschrieben, die
ungeklärten Besitzverhältnisse auf ZweitwohnungseigentümerInnen zurückzuführen sind und
somit deren Besitz nicht in den Katasterdaten von Dordolla verzeichnet ist. Diese Hypothese
kann jedoch nicht bestätigt werden. Tabelle 1 zeigt die Herkunft der 34 GrundstücksbesitzerInnen,
unübersehbar dabei ist, dass der Großteil der BesitzerInnen aus der Region stammt. Die
jüngste Person ist 29 Jahre alt und die Älteste 89 Jahre. Die Überalterung ist mit 63 Jahren Altersdurchschnitt
im Vergleich zu dem Durchschnittsalter 2011 von 47,5 Jahren der Gesamtgemeinde
Moggio Udinese eminent (Gemeinde Moggio Udinese 2017).

Tabelle 1: Anzahl der BesitzerInnen und deren Herkunft

Die Auswertung der Flächenanteile (Abbildung 4) der einzelnen BesitzerInnen hat ergeben,
dass sechs Besitzern (ID 33, ID 15, ID 32, ID 30, ID 18 und ID 28) rund zwei Drittel (64,3%)
der Fläche zugeordnet werden können. Dabei wird berücksichtigt, dass einige Parzellen mehrere
BesitzerInnen aufweisen und somit deren Flächenanteil durch die Anzahl der BesitzerInnen
geteilt werden muss.

Abbildung 4: prozentualer Anteil an der Gesamtfläche nach BesitzerInnen ID (eigene Darstellung).

Abbildung 5 zeigt die Parzellen und deren Anzahl an BesitzerInnen. Ebenfalls muss darauf hingewiesen
werden, dass in vielen Fällen der Besitz über weite Teile der Region gestreut ist. Diese
Fragmentierung macht es, wie im ersten Kapitel bereits erwähnt, schwer die Flächen effektiv
und effizient zu bewirtschaften. Veranschaulicht ist dies in Abbildung 6 anhand von ID 8. Konträr
dazu sind auf Abbildung 7 Herrn Nickles (ID 34) nutzbare Flächen visualisiert. Wie zu erkennen
ist es ihm durch seine Nutzungsrechte möglich deutlich größere zusammenhängende
Flächen in den Gunsträumen zu bestellen.

Abbildung 5: Parzellen und deren Anzahl an BesitzerInnen (eigene Darstellung)

3 Nutzflächen von Herrn Nickles
Seit 2005 bewirtschaftet Herr Nickles mit seiner Frau einen Bergbauernhof im kleinen Weiler
Drentus mit dem Ziel, die alte Gebirgs-Kulturlandschaft rund um Dordolla, Drentus und Virgulins
wieder als Lebensgrundlage nutzbar zu machen. Sie betreiben Acker- und Gartenbau auf
ehemaligen landwirtschaftlichen Nutzflächen, die sich entweder in Familienbesitz befinden, gepachtet
sind oder deren Nutzung toleriert wird. Der Anteil an der Gesamtfläche Dordollas,
Drentus und Virgulins welcher sich im Besitz der Familie befindet liegt bei 1,62 ha, was 0,48%
entspricht. Durch gepachtete Grundstücke und die tolerierte Nutzung konnten sie ihre nutzbare
Fläche auf 15 ha also 4,48% der Gesamtfläche ausweiten. Würde die genutzte Fläche der
Familie zu deren Besitz geschrieben, hätte sie den drittgrößten Grundbesitz Dordollas (vgl.
Abb. 8).


Abbildung 6: Fragmentierung der Besitzverhältnisse am Bsp. ID 8
(eigene Darstellung)


Abbildung 7: Nutzbare Flächen am Bsp. ID 34 (eigene Darstellung)

Abbildung 8: Nutzbarer Anteil an der Gesamtfläche nach BesitzerInnen ID (eigene Darstellung)

Die Nutzflächen liegen verstreut um Dordolla und sind oft nur über schmale Fußwege erreichbar
(vgl. Abbildung 9). Für Dordolla wurden insgesamt 9,3 ha an Nutzflächen kartiert, was einer
Gesamtfläche von 2,78% des Dorfes entspricht. Aus Tabelle 4 ist gut ersichtlich,
dass die Nutzflächen von Herrn Nickles meist Gunstfaktoren für eine Bewirtschaftung aufweisen.
So unterliegen beispielsweise 63,5% der kartieren Mähwiesen und 58,9% der Weideflächen
der Nutzung der Familie Nickles. Aufgrund der mangelhaften Aufbereitung der kartierten Fläche
mussten Waldflächen und Haselnussbestände außen vorgelassen werden.
Des Weiteren kann festgestellt werden, dass für über die Hälfte (55%) der kartierten Flächen
der Familie Nickles Nutzungsrechte überlassen wurden. Etwa 20% der restlichen Flächen können
den übrigen Besitzern zugeschrieben werden. Somit sind rund 25% der gesamten kartierten
Fläche, auf ungeklärte Besitzverhältnisse zurück zu führen. Dabei wurden wiederum nicht die
(karierten) Waldflächen und Haselnussbestände berücksichtigt, was beispielsweise bei ID 33
den geringen Flächenanteil an den Nutzflächen erklärt. Tabelle 3 zeigt die ursprünglichen Besitzer
der kartierten Nutzflächen, welche an Herrn Nickles übertragen wurden. Dabei fällt auf,
dass der Großteil der Flächen aus ungeklärten Besitzverhältnissen stammt

Abbildung 9: Nutzflächen, Pacht u. Besitz Herr Nickles (eigene Darstellung)

Tabelle 3: Flächenabgaben an Herrn Nickles nach ID in m²

Tabelle 4: Flächennutzung der einzelnen Besitzer an kartierter Fläche, in m² und Prozent (eigene Darstellung)

Literaturverzeichnis
Beismann, M., Löffler, R., Walder, J., Warmuth, W. & Steinicke, E. (2015):
Traditionell strukturierte Gebiete der Alpen und ihre Zukunft als Dauersiedlungs-raum. Geleistete
und zukünftige Forschung der Innsbrucker Geographie zum Schwerpunkt „Demographic
Change in the Alps“. In: Innsbrucker Geographische Gesellschaft, Innsbrucker Jahresbericht
2014-2015, 20. Ausgabe. Innsbruck, S. 121-137.
Čede, P., Beismann, M., Walder, J., Löffler, R. & Steinicke, E. (2014): Neue Zuwanderung in
die Alpen – Der Osten ist anders. In: Mitteilungen der Österreichischen Geographischen Gesellschaft
156, S. 249-272.
Gemeinde Moggio Udinese (2017): Bevölkerungszahlen der einzelnen Fraktionen und Weiler.

Landwirtschaftliche Flächen

1. Einleitung
In diesem Bericht werden die Erkenntnisse der Feldtage vom 4.-10. September 2017 in
Dordolla aufgearbeitet und dargestellt. Ziel der Exkursion war die Geländeerhebung in
Dordolla und weiterer Dörfer des Aupatals in Nordfriaul. Die Region ist ein Paradebeispiel
eines peripher gelegenen, strukturschwachen Raumes, in welchem sich die Folgen der
Gebirgsentvölkerung deutlich abgezeichnet haben (vgl. Cede & Steinicke 2007: 93). Doch in
den letzten Jahren zeichnete sich vielerorts eine Trendwende ab. Besonders spannend in
Gebirgsregionen wie dem Aupatal sind die Auswirkungen der Amenity Migration und damit
verbundene Instandhaltung bzw. -setzung von Häusern oder (Wieder)bewirtschaftung
landwirtschaftlicher Flächen.
Das Aupatal, in welchem auch das Dorf Dordolla liegt, befindet sich im Bereich der julischen
Kalkalpen. Abbildung 1 zeigt eine Übersichtskarte mit den wichtigsten Ortschaften.
Mittels Kartierung wurde die Nutzung der Flächen (wie Gemüsegarten, Mähwiese, Weide etc.)
sowie deren Zustand festgehalten. Das Ziel der Erhebung vor Ort war es unter anderem die
aktuelle Landnutzung sowie bereits verwahrloste, nicht mehr gepflegte Flächen zu erfassen.
Anschließend wurden mittels fernerkundlicher Daten Vergleiche zu den tatsächlich erhobenen
Flächen gezogen und interpretiert. Außerdem wurde mittels einer ‚Zonal Change Detection‘
versucht eine Veränderung in der Landnutzung über einen bestimmten Zeitraum zu erkennen.
Diverse Raumanalysen mittels GIS lassen potentielle landwirtschaftliche Nutzflächen
erkennen, welche mittels verschiedener Statistiken genauer analysiert wurden.
In einer abschließenden Phase wurden die Erkenntnisse kartographisch und in Form von
Diagrammen dargestellt.


Abbildung 1: Übersichtskarte Aupatal

2. Analysen mittels Fernerkundung
In diesem Kapitel wird die Analysemethode Fernerkundung und die dabei gewonnenen
Ergebnisse, die zur genaueren Interpretation der Kartierungen verwendet wurden, vorgestellt
und beschrieben. Des Weiteren werden diese mit den Resultaten der Erhebungen im Gelände
verglichen.

2.1. Unterschiede Vorkartierung – Erhebung im Gelände
Im Folgenden werden die Ergebnisse der Fernerkundungs-Kartierung, die im Frühjahr 2017
durchgeführt wurde, und der Felduntersuchung im September 2017 gegenübergestellt.
Hauptaugenmerk wird dabei auf die unterschiedliche Flächenwidmung der freien und
potentiellen Agrarflächen gelegt. Aufgrund der schwierigen Begehbarkeit und der Größe des
Untersuchungsgebiets kann von einem vollständigen, flächigen Vergleich nicht ausgegangen
werden. Deshalb werden typische Unterschiede und Regelmäßigkeiten, die sich auf die
verschiedenartigen Aufnahmemethoden gründen, mit Hilfe von beispielhaften Karten im
Folgenden dargestellt. Um sich einen Gesamteindruck von der Situation im Val Aupa machen
zu können, wird auf die GDB der Vertiefungsrichtung Regionalforschung verwiesen, die alle
Kartierungen beinhaltet, da dies den Rahmen dieses Berichts sprengen würde.
In einem ersten Schritt wurde im Frühjahr 2017 durch die GIS-Gruppe der Vertiefung
Regionalforschung eine Vorkartierung mittels Fernerkundung durchgeführt. Diese sollte zur
Identifikation interessanter Flächen führen sowie die Orientierung und das Zeitmanagement
vor Ort erleichtern. Die im Voraus stattgefundene Feststellung anzutreffender
Landnutzungskategorien war ein wichtiger Schritt bei der Planung der Kartiergrundlagen und
Aufteilung der Feldarbeit. Im Herbst 2017 wurde die Kartierung im Val Aupa durchgeführt mit
Unterstützung einheimischer ExpertInnen, die insbesondere bei der kleinräumigen
Differenzierung der Landnutzung in Siedlungsnähe die Feldarbeit unterstützen.
Allgemein können beim Vergleich der Ergebnisse der unterschiedlichen
Aufnahmemethodiken folgende Schlüsse gezogen werden: Einerseits fällt bei der Erfassung
mittels Fernerkundung die Identifizierung großräumiger Flächen abseits der Siedlungsräume
auf (vgl. Anhang Nr. 9), andererseits ist die Größe der zusammenhängenden Bereiche im
Gegensatz zu der vor Ort Kartierung ein wesentlicher Unterschied. Man kann bei den mittels
Fernerkundung erhobenen Daten eine größere Homogenität der Flächen erkennen sowie
vermehrt flächendeckende Areale. Die Erfassung solcher Bereiche ist somit einer der großen
Vorteile der Fernerkundung, wobei beachtet werden muss, dass die der Realität und
gegenwärtigen Zeit entsprechende Landnutzung sowie die Anzahl der unterschiedlichen
Nutzungskategorien hauptsächlich durch die Feldarbeit mitberücksichtigt bzw. einbezogen werden kann. Von Vorteil bei der Kartierung vor Ort ist sowohl die genaue räumliche
Auflösung, Möglichkeit einer Begehung des Untersuchungsgebiets und der Interpretation der
unterschiedlichen Landnutzung als auch die Aufnahme von temporären Veränderungen z.B.
Brachen oder aufgelassene Flächen. Hier sind insbesondere die Mähwiesen und Weiden zu
nennen. Weiden und Mähwiesen sind durch die Fernerkundung sowie vor Ort ohne
Erfahrungswerte schwer zu unterscheiden. Dies ist vor allem daran zu erkennen, dass bei der
durch Fernerkundung erhobenen Landnutzung beispielsweise Weiden nicht erfasst wurden,
was an der Datengrundlage bzw. an den methodischen Grenzen der Fernerkundung liegt. Bei
der Kartierung vor Ort kann es zu verschiedenen Einschätzungen hinsichtlich der Mäh- oder
Weidenutzung kommen, was nur durch ExpertInnen oder Interpretation unterschiedlich
vorkommender infrastruktureller Baumaßnahmen, wie zum Beispiel Zäune, Ställe oder
Tierunterstände geklärt werden kann.
Zum Schluss kann festgehalten werden, dass es sowohl bei der Fernerkundung als auch bei
der Kartierung vor Ort zu Problemen bei der Differenzierung der unterschiedlichen Nutzungen
und ihrem Zustand kommt.
In Anhang Nr. 1 und 2 sind die im Absatz zuvor beschriebenen Unterschiede deutlich zu
erkennen. Beide Karten zeigen das zentral im Val Aupa gelegene Dorf Dordolla, wobei in
Anhang Nr. 1 die homogenen Flächen um das Zentrum der Siedlung dargestellt sind. In
direkter Nähe zum Ortskern sind die Gärten (sandfarben), landwirtschaftlichen Nutzflächen
(dunkelbraun) und nordöstlich des Hauptortes vermehrt leicht verbuschte Flächen (hellgrün)
zu erkennen. An die letzten beiden Kategorien schließen die stark verbuschten Flächen
(dunkelgrün) an, die am Rande der Einzugs- bzw. Siedlungsbereiche liegen.
Im Gegensatz dazu ist in Anhang Nr. 2 die räumliche und nutzungsspezifische Differenzierung
dargestellt. Hierbei wird der Vorteil der Kartierung im Feld ersichtlich, denn sowohl die
Ausdehnung der exakten Landnutzung als auch die zeitliche Dimension, also die
gegenwärtige, momentane Nutzung in Form von Bewirtschaftungszyklen (regelmäßig oder
sporadisch gepflegt, etc.) können aufgenommen und kartographisch festgehalten werden.
Wie schon beschrieben, ist die Identifikation von Flächenausmaßen ohne präzise Erfassung
der Inhalte bei der Fernerkundung kennzeichnend, wobei nur Ortskenntnis und Erfahrung
diese Problematik vereinfachen können. Beispielhaft dafür sind bei der Vorkartierung die
Schutthänge, die im gesamten Tal anzutreffen sind. Einer dieser Bereiche ist in Anhang Nr. 5
im Bereich der hellblauen Kartierung „sonstige Flächen“ zu erkennen. In diese Klasse fallen
zusätzlich alle während der Vorkartierung unbekannten, nicht identifizierbaren oder zu
kleinräumigen Gebieten. Dabei handelt es sich neben den Hangschuttbereichen häufig um
Zwischenräume in Siedlungen, die beispielsweise in Anhang Nr. 3 im Bereich der hellblauen
Flächen zu erkennen sind. Die meist in unmittelbarer Nähe zu den Wohnhäusern
vorkommenden Zier- oder Gemüsegärten werden dadurch bei der Fernerkundung unterrepräsentiert bzw. nicht berücksichtigt. Zusätzlich kommen alte
Industriestandorte/brachen an der Ostflanke des Tals bzw. am Talboden sowie alte,
aufgelassene Weiden mit daran anschließenden Wirtschaftsgebäuden darin vor. Oftmals
wurden diese brachliegenden Standorte innerhalb einer Generation von der Natur durch die
Hasel zurückerobert, so dass eine landwirtschaftlich ausgerichtete Nutzung nach Aussagen
der einheimischen Landwirtinnen und Landwirte nicht mehr möglich bzw. rentabel ist.
In einem letzten Schritt wird die Qualität der Fernerkundungsaufnahme beurteilt. Dabei
werden die bei der Fernerkundung kartierten mit den vor Ort erhobenen Flächen verschnitten,
um eine Aussage über die Lagegenauigkeit der Landnutzungsflächen treffen zu können. Auf
der Abbildung in Anhang 10 sind in roter Farbe die Übereinstimmungen der kartierten Flächen
zu erkennen. Insbesondere die Weiden der Monticello Dörfer und Mähwiesen entlang der
Aupa sind klar als größte zusammenhängende Bereiche zu identifizieren. Dabei ist zu
beachten, dass die Flächen der Fernerkundung und Kartierung den Biotoptypen Wald
beinhalten, kartographisch aber nicht berücksichtigt werden aufgrund der Unvollständigkeit
dieses Kartierteils. Tabelle 1 zeigt die Flächenstatistiken mit und ohne Wald. Man kann daraus
ablesen, dass ein großer Teil der Kartierung vor Ort innerhalb der schon mittels
Fernerkundung aufgenommenen Flächenanalyse liegt. Somit kann die Aufgabe der
Fernerkundung homogene Flächen zu identifizieren als gelungen angesehen werden, wobei
berücksichtigt werden muss, dass keine inhaltlichen Übereinstimmungen vorliegend sind, da
die unterschiedlichen Kartierschlüssel der beiden Aufnahmemethoden keine Vergleiche
hinsichtlich dieser Fragestellung zulassen.
Tabelle 1: Erfasste Flächen in der Kartierung

2.2. Zonal Change Detection – Vergleich der Landnutzung 2006 bis 2016 in Val Aupa
Um Veränderungen in der Landnutzung zu erkennen gibt es in der Fernerkundung
verschiedene Möglichkeiten. Eine davon ist die sogenannte Zonal Change Detection. Benötigt
werden dafür zwei Luftbildaufnahmen des gleichen Gebiets zu unterschiedlichen Zeitpunkten.
Durch den zeitlichen Unterschied lassen sich dann Unterschiede erkennen, in diesem Fall
einer Veränderung der Landnutzung im Val Aupa Tal. Die Suche nach geeigneten
Luftbildaufnahmen für das entsprechende Gebiet gestaltete sich allerdings als schwierig. Das
von der Universität Innsbruck bereitgestellte und in sehr guter Auflösung verfügbare
Orthophoto beinhaltet keinen genauen Aufnahmezeitpunkt. Das macht eine Analyse
schwierig, da Veränderungen immer über einen unbestimmten Zeitraum bestimmt werden.
Aus diesem Grund wurde auf das Programm Google Earth zurückgegriffen. Es stellt zwei
Aufnahmen aus dem Jahr 2006 und 2016 zur Verfügung. Die Qualität gerade bei dem
Orthophoto aus 2006 ist nicht sehr gut. Da sich die Landnutzungsanalyse in diesem Fall
allerdings nur auf den Wald bezieht ist die Auflösung ausreichend. Gesucht werden Flächen
bei denen eine Veränderung des Waldes zu erkennen ist. Daraus können Rückschlüsse auf
eine erhöhte Landnutzung durch die Bevölkerung gezogen werden.
Erstes Beispiel konnte in Badiuz gefunden werden (vgl. Abb. 2). Um den Weiler, der sich am
nördlichen Rand des Bildausschnitts befindet ist eine Veränderung der Waldfläche ersichtlich
(rote Umrandung). Innerhalb der 10 Jahre ist es in diesem Bereich zu einer Verringerung der
Waldfläche gekommen. Eine weitere Veränderung konnte zirka 300 Meter östlich des Dorfes
Dordolla aufgezeichnet werden (vgl. Abb. 3). Hier lässt sich vermuten, dass versucht wurde
diesen Bereich vor der Sukzession zu bewahren. In dem Orthophoto aus dem Jahr 2016 lässt
sich eine deutlich Grenze des Waldbestandes erkennen. Vermutlich handelt es sich in dem
rot umrandeten Bereich um einen Haselnussbestand. In der Kartierung, die im Sommer 2017
durchgeführt wurde ist diese Fläche ebenfalls als Haselnussbestand aufgenommen worden.
2006 fällt diese Grenze weniger stark auf, was auf eine weitere erhöhte Landnutzung bis 2016
schließen lässt.


Abbildung 2: Vergleich der Landnutzung 2006 bis 2016 in Badiuz


Abbildung 3: Vergleich der Landnutzung 2006 bis 2016 in Dordolla

Ein Kritikpunkt an der fernerkundlichen Analyse von Waldflächen im Val Aupatal ist mit
Sicherheit die Abschattung, die vor allem im Orthophoto aus dem Jahr 2006 zu erkennen ist.
Dadurch ist der Vergleich an vielen Stellen nur schwer möglich. Grund dafür ist der
Aufnahmezeitpunkt, da je nach Sonnenstand die Abschattung sehr unterschiedlich ausfällt.
Ein tiefer Sonnenstand bewirkt viel Schattenwurf und kann gerade in Tallagen zu erheblichen
Einbußen in der Darstellungsqualität führen. Dennoch konnten durch die fernerkundliche
Zonal Change Detection einige Veränderungen in der Landnutzung erkannt werden. Generell
lässt sich festhalten, dass es in einigen siedlungsnahen Bereichen zu einer Verringerung der
Waldfläche während des Zeitraums von 2006 bis 2016 gekommen ist. Beispiele dazu liefern
die beiden Abbildungen. Diese Entwicklung würde die These, mit der sich das
Forschungsprojekt befasst unterstützen:
Das Val Aupa Tal ist seit 1960 durch sehr starke Landflucht gekennzeichnet. Trotzdem gibt
es seit ein paar Jahren den Trend der sogenannten Amenity Migration. Auch der Landwirt
Kaspar gehört zu dieser Bevölkerungsgruppe. Er ist ein Paradebeispiel zum Thema
Landnutzungsveränderung in diesem Gebiet. Er wertet ehemals landwirtschaftlich genutzte
Flächen wieder auf um sie für seine landwirtschaftliche Produktion zu nutzen. Diese Flächen
sind durch den Bevölkerungsschwund brach gefallen und in weiterer Folge fast vollkommen
verbuscht. Genau diese Entwicklung der Wiederaufwertung von Flächen konnte durch Zonal
Change Detection zumindest für ein paar Bereiche festgestellt werden. Interessant wäre
allerdings trotzdem eine Bildquelle, die das Ausmaß der Hochphase der landwirtschaftlichen
Aktivität im Val Aupa Tal zeigt.

3. Landwirtschaftlich relevante Raumanalysen
3.1. Landwirtschaftliche Nutzfläche aktuell mit gesamter Vor-Ort-Erhebung
Die im Aupatal kartierten Landnutzungsflächen der Ortschaften werden nun im Folgenden in
Form von Karten graphisch dargestellt und interpretiert. Die Legende der Karte erfasst zum
einen die Landnutzung, aber auch die Gebäude.
Der Wald, zu dem auch der Jungwald zählt, bildet einen klar abgrenzbaren Bereich, wird aber
als Fläche nicht dargestellt und auch in den Berechnungen nicht berücksichtigt.
Die gepflegten Mähwiesen werden einmal oder mehrmals im Jahr gemäht und sind von den
leicht und stark verbuschten Mähwiesen zu unterscheiden.
Eingezäunte Freiflächen, mit oder ohne Tiere, werden als Weide ausgewiesen. Eine weitere
Kategorie ist der Gemüsegarten, der von Ziergärten, die ausschließlich Blumen aufweisen,
unterschieden wird. Auch beim Acker wird, obwohl Bohnen, Kartoffeln und Mais einzeln
kartiert wurde, in der Karte zusammengefasst und generalisiert. Auch den Streuobstwiesen
wird eine eigene Kategorie zugewiesen.
Dordolla, Drentus, Virgulins
Anhand der Kartierung Dordollas (vgl. Abb. 4) lässt sich eine sehr unregelmäßige Struktur der
Landnutzung erkennen. Durch, in dieser Region, typische Realteilungen ist dieser
“Fleckenteppich” der Landnutzung zu erklären, der sich hauptsächlich nahe des Ortskerns
befindet. Vor allem (Gemüse-)Gärten (ocker) und Äcker (hellbraun) weisen kleinparzellige
Strukturen auf und liegen nah beieinander. Große zusammenhängende Gebiete lassen sich
bei den Mähwiesen (grün) erkennen. Welche Landnutzung in diesem Ort vorherrschend ist
lässt sich nicht allein anhand der Karte feststellen. Wirft man jedoch einen Blick auf die
Statistik (vgl. Anhang Nr. 9) stellt sich heraus, dass die Mähwiesen in dieser Ortschaft mehr
als die Hälfte (57%) aller landwirtschaftlich genutzten Flächen einnehmen. Den zweitgrößten
Anteil der Landnutzung nehmen mit 16% die brachliegenden Flächen ein. Wichtige
landwirtschaftliche Flächen stellen die privaten (Gemüse-)Gärten (11%) dar. Diese werden
von den jeweiligen AnwohnerInnen regelmäßig genutzt und bewirtschaftet. Im Gegensatz
dazu kommen die Ackerflächen (7%) in Dordolla weit weniger als die (Gemüse-)Gärten vor
und bilden die kleinste Fläche ab. Die Weideflächen in dieser Ortschaft nehmen letztendlich
9% der landwirtschaftlichen Flächen ein.
In den oberhalb von Dordolla gelegenen Weilern Drentus und Virgulins (vgl. Anhang Nr. 2)
besteht der Großteil (85%) der landwirtschaftlichen Flächen aus Mähwiesen, die sowohl
sporadisch (hellgrün gestreift) als auch regelmäßig (grün) bearbeitet werden. Den zweitgrößten Teil in diesem Bereich des Aupatals, mit 12%, nehmen Weiden ein und nur eine
sehr kleine Fläche liegt Brach (braun) oder wird als (Gemüse-)Garten (ocker) genutzt.
Pradis di Sotto, Pradis di Sopra und Chiaranda
Die Ortschaften Pradis di Sotto, Pradis di Sopra und Chiaranda weisen die meisten
zusammenhängenden und damit, im Vergleich zum restlichen Aupatal, große
landwirtschaftlich genutzte Flächen auf (vgl. Anhang Nr. 3). Von diesen zusammenhängenden
Flächen haben die Mähwiesen mit 78% den größten Anteil, diese werden zudem aktuell
landwirtschaftlich genutzt. Äcker sind in diesem Teil des Tals kaum zu finden, dagegen
nehmen brachliegende Flächen einen größeren Teil mit 9% ein. Der Hauptteil der Weidefläche
(8%) ist im höher gelegenen Teil Pradis di Sopra vorzufinden. Obwohl die Ortschaften gut
besiedelt sind, so sind nur wenige (Gemüse-)Gärten in der Kartierung zu sehen, das auch in
der Statistik mit 4% widergespiegelt wird. Äcker sind in diesen Orten so gut wie gar nicht (1%)
zu finden.
Unterschiede zwischen Pradis di Sotto, das auf der Karte mehr westlich, angrenzend an die
Aupa liegt und Pradis di Sopra (oberhalb, östlich gelegen) sind kaum zu erkennen. Beide Orte
weisen große zusammenhängende Mähwiesen auf, die regelmäßig bewirtschaftet werden. In
Pradis di Sotto sind aber alle Brachflächen zu finden, wohingegen Pradis di Sopra den größten
Anteil an Weiden zu verzeichnen hat.


Abbildung 4: Aktuelle Landnutzung Dordolla

Grauzaria, Saps, Bevorchians
Anhand der Kartierung lässt sich deutlich erkennen, dass sich die Landnutzungsflächen in
Saps (vgl. Anhang Nr. 4) kreisförmig um das Dorf ziehen. Dabei kann der Großteil der Fläche
mit rund 80% der Mähwiese zugeordnet werden, diese jedoch weisen einen unterschiedlichen
Verbuschungsgrad auf. Des Weiteren sind nahe dem Dorfkern (Gemüse-)Gärten und
Streuobstwiesen erkennbar, die regelmäßig gepflegt werden.
Im Vergleich dazu weist Grauzaria (vgl. Anhang Nr. 5) nur sporadisch offene
Landnutzungsflächen auf, der Großteil ist Waldfläche. Insgesamt gibt es rund 2 ha Mähwiese,
der überwiegende und gepflegte Teil davon direkt anschließend an das Dorf. Die noch
erkennbaren Mähwiesen abseits, weisen bereits eine höhere Verbuschung auf und deuten
auf eine reduzierte Nutzung.
Auch in Bevorchians ist der überwiegend größte Teil der Landnutzungsfläche Mähwiese mit
ca. 70%, dabei ist diese hauptsächlich leicht und stark verbuscht und somit nur schwach
genutzt (vgl. Anhang Nr. 8). Ein beträchtlich großer Teil jedoch, mit ca. 15% bilden die
Streuobstwiesen. Weitere 10% werden als Weide genutzt und der Rest fällt auf Acker, Brache,
Zier- und (Gemüse-)Garten.
Monticello Dörfer
Bei den abseits gelegenen Monticello Dörfern handelt es sich um Straßendörfer, die sich rund
um die Dorfstraße erstrecken. Die Straße ist nicht wirklich befahrbar und die Orte sind
hauptsächlich zu Fuß zu erreichen. Der Großteil der Landnutzungsflächen mit rund 70% ist
Mähwiese, 25% genutzte Weidefläche und die übrigen 5% sind Ziergärten, Brache- und
Ackerflächen (vgl. Anhang Nr. 6). Wie aus der Statistik erkennbar ist (vgl. Anhang Nr. 7), ist
genau ein Drittel der Mähwiesen als gepflegt einzustufen. Der Rest weist bereits eine
beginnende Verbuschung auf und lässt somit auf eine geringe Nutzung der Fläche schließen.
Zusammengefasst lässt sich sagen, dass die vorherrschende Nutzung im Aupatal
ausnahmslos in jedem Ort die Mähwiesen (in verschiedenen Vegetationsstadien) sind.
Charakteristisch für die im Aupatal gelegenen Mähwiesen sind die großen Flächen, die bei
keiner anderen Landnutzung in diesem Ausmaß zu finden sind. Nur vereinzelt sind Weiden
zu finden (der Hauptteil in den eher abgelegenen Monticello Dörfern), die ebenfalls durch
weitläufige Flure auffallen. Äcker sind in dieser Region hauptsächlich im Hauptort Dordolla
anzufinden. Jedoch ist während der Begehung vor Ort aufgefallen, dass viele Bewohner des
Tals Anbau in ihren privaten Gärten betreiben und nicht explizit auf Äckern. Beim
Landnutzungstyp Brache, die vor allem in den größeren Orten wie Dordolla und Pradis di Sotto
vorzufinden sind, muss beim Betrachten der Daten Vorsicht geboten werden, da diese Art der
Landnutzung nur ein Zwischenzustand einer Fläche bedeutet, die in einem Jahr schon wieder einen anderen Landnutzungstyp vorweisen kann. Besonderheiten wie Streuobstwiesen sind
nur in vereinzelten Ortschaften zu finden. Insgesamt weist das Aupatal aber eine sehr
durchmischte Landnutzung auf, die bis auf die weitläufigen Mähwiesen, durch kleinparzellige
Strukturen geprägt ist.

3.2. Landwirtschaftliche Nutzfläche Potenzial
Bei der potenziellen Landnutzung haben wir all jene Flächen erfasst, die vor Ort als leicht oder
stark verbuscht kartiert wurden, sowie Flächen die einen Haselnussbestand aufweisen. Das
lässt auf eine Bewirtschaftung vor nicht allzu langer Zeit schließen. Diese Flächen sind mit
entsprechendem Aufwand wieder landwirtschaftlich nutzbar. In den meisten Fällen ist die
ursprüngliche Nutzung, beispielsweise als Gemüsegarten oder Mähwiese, noch erkennbar,
weshalb wir die Potenzialflächen danach kategorisierten. Bereits verwaldete Gebiete wurden
bewusst ausgeklammert.
Auch die Hangneigung spielt für die Sinnhaftigkeit einer Wiederbewirtschaftung eine
entscheidende Rolle. Von Wissenschaftlern der BOKU Wien wurde errechnet, dass sich ab
etwa 20° keine gewinnbringende Landwirtschaft mehr durchführen lässt (Leithold 2011:65).
Darüber ist nur mehr eine forstwirtschaftliche Nutzung oder die eine Nutzung durch Weidevieh
– im Val Aupa vor allem durch Schafe – sinnvoll. Über 30° steigt die Anfälligkeit für Erosion
offener Flächen, weshalb diese für eine Bewirtschaftung ungeeignet sind (Söhngen 1976:26).
In den erstellten Karten wurden die Potenzialflächen deshalb nach den drei Kategorien unter
20°, zwischen 20° und 30° und über 30° eingeteilt. Die Karten zu den Potenzialflächen und
deren Hangneigung, sowie diverse Statistiken auf die wir uns in diesem Kapitel beziehen, sind
im Anhang (Nr. 19 bis Nr. 36) zu finden.
Interessante Ergebnisse zeigen sich bei einer Gegenüberstellung von Potenzialflächen mit
bereits wieder genutzten bzw. noch genutzten Flächen. Insgesamt kartierten wir im Val Aupa
ca. 66ha landwirtschaftliche Flächen. Bei etwa drei Viertel davon (49ha) kann man von einer
aktuellen Nutzung ausgehen. Die restlichen 17 ha sind bereits mehr oder weniger stark
verbuscht und stellen somit Potenzialflächen für eine Wiederbewirtschaftung dar.
Bei der Analyse auf Ebene der einzelnen Siedlungen wird deutlich, dass jene Ortschaften die
stärker von Amenity Migration betroffen sind, weniger Potenzialflächen und mehr aktuelle
Landnutzung aufweisen. Ein markantes Beispiel ist Grauzaria, wo nur 7,5% übliche
Potenzialflächen zu verzeichnen sind. In Dordolla mit den Weilern Drentus und Virgulins ist
es zwar ca. ein Drittel, dabei handelt es sich aber großteils um Flächen mit Haselnussbestand,
die schwer zu rekultivieren sind. Zusätzlich geht aus der Hangneigungsanalysen hervor, dass knapp 60% davon zu steil für eine gewinnbringende Bewirtschaftung sind. Der Schluss liegt
nahe, dass neue Zuwanderer hier bereits geeignete Potenzialflächen wieder in Wert gesetzt
haben. Beispielhaft für diese Entwicklung sind die Bestrebungen von Caspar brachliegendes
Land zurückzugewinnen.
Prozentual gesehen weisen Saps und Bevorchians am oberen Ende des Tals die meisten
Reserven für landwirtschaftliche Nutzung auf. Hier handelt es sich um Ortschaften, die vom
gesellschaftlichen Wandel, wie er in Dordolla oder Grauzaria stattfand, weniger profitierten.
Eine stärkere Nutzung wäre hier durchaus möglich.
Die flächenmäßig größten Potenziale mit knapp 6ha hingegen sind um Chiaranda und Pradis
zu finden. Hier am Taleingang sind im Unterschied zum restlichen Val Aupa große
zusammenhängende waldfreie Gebiete zu vorhanden. Auch die Hangneigung ist eher flach –
ca. zwei Drittel davon sind unter 20° steil – weshalb das Potenzial für eine landwirtschaftliche
Nutzung als groß angesehen werden kann. Aber durch die Nähe zu Moggio sind hier teilweise
suburbane Strukturen (klassische Einfamilienhäuser mit Ziergärten) erkennbar. Für neue
Zuwanderer und einer (Wieder)Nutzung im Sinne der traditionellen Landwirtschaft ist der
Bereich somit trotzdem eher uninteressant.
Es muss natürlich festgehalten werden, dass nicht alle Flächen mit dem gleichen Aufwand
zurückgewonnen werden können. Während leicht verbuschte Mähwiesen beispielsweise
durch Schafe offen gehalten werden können, sind Haselnussstauden oder eine starke
Verbuschung deutlich ungünstiger. Laut Caspar gestaltet es sich auch aufgrund der
Besitzverhältnisse schwierig die Potenzialflächen wieder zu nutzen. Einerseits sind die
ursprünglichen Besitzer oft nicht mehr auffindbar, während ihr Grundbesitz verwahrlost.
Andererseits ist die Flur durch die Realteilung oft so kleinräumig zersplittert, dass sich eine
Rekultivierung kaum lohnt.
Abschließend muss noch erwähnt werden, dass die jeweiligen Gebiete im Val Aupa von
unterschiedlichen Studentengruppen kartiert wurden. Das führt natürlich zu einigen
Unschärfen. Beispielsweise hat jeder eine andere Vorstellung davon, ab wann eine Fläche als
leicht oder stark verbuscht zu klassifizieren ist. Trotzdem besitzen die Ergebnisse eine
gewisse Aussagekraft, da ein einheitlicher Kartierschlüssel verwendet wurde und insgesamt
nur kleine Abweichungen feststellbar waren.

3.3. Sukzession durch Haselbestand in Dordolla
In der Landschaftsökologie steht Sukzession im Allgemeinen für den Wandel der
Artenzusammensetzung an einem definierten Ort in einem bestimmten Zeitraum bis ein
dynamischer Gleichgewichtszustand erreicht wird (Strahler & Strahler 2009, S. 320). Im Falle
Dordollas ist die Sukzession im Zusammenhang mit Vegetation von besonderer Bedeutung.
Hierbei handelt es sich um das Phänomen der Verbuschung. Die Verbuschung ist eine Phase
der Wiederbewaldung von ehemaligen offen gehaltenen Flächen. Nachdem es zu einer
Aufgabe der Nutzung von Mähwiesen und Weideflächen kommt, der Vorgang des
sogenannten Brachfalles, folgt die Krautphase. In dieser relativ stabilen Phase verkrautet die
Vegetation, jedoch können sich Holzgewächse auf der noch intakten dichten Grasdecke nur
erschwert durchsetzen. Auf die Krautphase folgt die Strauchphase, dieser Prozess kann auch
Verbuschung genannt werden. Typische Vegetationsarten im Zusammenhang mit
Verbuschung im Alpenraum sind beispielsweise Grünerlen und Haselnusssträucher.
Insbesondere in den mesomediterranen und supramediterranen Stufen des Aupatals sind
Haselnusssträucher allgegenwärtig. Zeitlich gesehen folgt auf eine ebenfalls sehr stabile
Strauchphase die Wiederbewaldung. Während des Buschstadiums dringen häufig erste
Pionierbäume vor, aus denen sich dann langsam ein an den jeweiligen Standort angepasster
Wald entwickeln kann. Wichtig ist daher, dass schon die Ausbreitung von Kräutern auf einer
brachliegenden Fläche und die darauffolgende Strauchphase zum Phänomen der
beginnenden Verwaldung gehört. Unter der Verwaldung versteht man den gesamten Prozess,
die Verkrautung und Verbuschung sind hingegen nur die Durchgangsphasen der biologischen
Sukzession (Borsdorf & Bender 2007). Abbildung fünf zeigt eine Beispielfläche rund um den
Weiler Frate, welcher wenige hundert Meter nordöstlich von Dordolla liegt. Im linken Teil der
Abbildung befindet sich ein großmaßstäbiges Orthofoto mit Frate in der Mitte. Im rechten Teil
befindet sich der gleiche Bildausschnitt jedoch farblich eingefärbt je nach
Sukzessionszustand. Hellgrüne schräg schraffierte Flächen sind Gärten bzw. gepflegte
Mähwiesen und Weiden. Diese befinden sich hauptsächlich entweder direkt angrenzend oder
in relativer Nähe zu bewohnten Häusern. Bei den gelben, senkrecht schraffierten Flächen
handelt es sich meist um Wiesen bzw. Weiden welche nur sporadisch gepflegt werden und
sich somit schon in der Krautphase befinden. Eine Wiederbewirtschaftung von Flächen in der
Krautphase ist sehr leicht möglich, dafür reicht meist schon eine Mahd oder das jähten der
krautigen Gewächse. Bei den rot schraffierten Flächen handelt es sich um Flächen, welche
sich bereits in der Strauchphase befinden. Meist handelt es sich dabei um
Haselnusssträucher. Eine agrarische Nutzung dieser Flächen ist laut Kaspar Nickles (2017) nur mit einem gewaltigen Aufwand möglich. Im Norden des Luftbildausschnittes ist Wald zu
sehen.


Abbildung 5: Sukzessionsstadien
Deutlich sichtbar macht diese Darstellung ebenfalls, dass sich alle Stadien der Sukzession
auf einer räumlich sehr beschränkten Fläche befinden können.

4. Fazit
Die Erkenntnisse, die aus der Feldarbeit und den darauf aufbauenden Analysen gewonne
wurden, lassen Rückschlüsse auf die Genese und den gegenwärtigen Zustand der Nutzung
und Siedlungstätigkeit im Val Aupa zu. Das Erdbeben von 1976 war der Höhepunkt einer
Abwanderungswelle, die ab Mitte des 20. Jahrhunderts einsetzte und auch dem vormals
relativ dicht bevölkerten und dementsprechend intensiv genutzten Aupatal schwer zusetzte.
Zuvor landwirtschaftlich genutzte Flächen konnten nicht offen gehalten werden. Grund dafür
ist einerseits die im Friaul angewendete Realteilung bei der Weitergabe von Eigentum an die
nächste Generation, die flächige Nutzung erschwert und andererseits die durch Abwanderung
fehlenden Arbeitskräfte. Während andere, meist westlicher liegende Alpenregionen vom
langsam etablierenden Wintertourismus und der Nähe zu Wachstumszentren profitieren, liegt
das Aupatal außerhalb dieser Einflussbereiche. Das Ergebnis dieser Entwicklung kann im Val
Aupa eindeutig erkannt werden. Die früher offenen Flächen werden durch die Hasel, der in
dieser Region die Pionierpflanze darstellt, zurückerobert und nach
Einschätzung/Beobachtung der Einheimischen innerhalb einer Zeitspanne von 30 Jahren in
landwirtschaftlich kaum urbares Land umgewandelt. Somit verliert das Val Aupa sukzessiv
seine potentiell nutzbaren Landwirtschaftsflächen und erschwert in dieser strukturschwachen
Region das Leben und Wirtschaften der ansässigen Bevölkerung.
Um die Jahrtausendwende ändert sich dieser Trend. Die in den Westalpen Jahrzehnte früher
beobachtbaren Phänomene der Amenity Migration/New Highlanders treten im Friaul auf.
Diese Migranten zeichnen sich dadurch aus, dass sie im Gegensatz zu früheren Generationen
in entlegene Alpenregionen ziehen um sich dem Druck der westlichen Zivilisation zu entziehen
und/oder die naturräumlichen Reize der peripheren Gebiete zu genießen.
Die aktuelle Entwicklung im Aupatal zeigt, dass dem stetigen Trend der zweiten Hälfte des
20. Jahrhunderts Impulse entgegen gesetzt werden. Dabei spielt das im Weiler Drentus
lebende Ehepaar Nickles/Tolazzi eine zentrale Rolle. Diese halten im Rahmen ihrer land- und
vieh-wirtschaftlichen Tätigkeit seit dem Jahr 2005 aktuelle nutzbare Flächen offen. Vereinzelt
kommt es unter großem Arbeitsaufwand und mit Hilfe von zusätzliche Arbeitskräften zur
Rückgewinnung von landwirtschaftlich nutzbaren Flächen. Bei der Rückgewinnung spielt der
Zeitpunkt des Arbeitseinsatzes eine wichtige Rolle, da nach Nickles Meinung die
Wiederherstellung von offenen Flächen nur bis zu einem gewissen Grad der Wüstung sinnvoll
und praktikabel ist. Am Talboden dominieren Mähwiesen unterschiedlichen Pflegegrades,
was auf die unterschiedliche maschinelle Bearbeitungsmöglichkeit und ungeklärte
Besitzverhältnisse zurückzuführen ist. Mit den Mähwiesen und Weiden der höher gelegenen
Monticello-Dörfer stellen diese die größten zusammenhängenden Flächen da. In
unmittelbarer Nähe zu den Ortschaften und Weilern befinden sich Zier- und Gemüsegärten.
Mit zunehmender Entfernung zu den Häusern bzw. Siedlungszentren verändert sich sowohl
der Pflege- als auch der Verbuschungsgrad der Flächen über Haselsträucher hin zu
vollwertigen Wald, der keine Potentialfläche für landwirtschaftliche Tätigkeiten darstellt.
Abschließend und als kurze Zusammenfassung lässt sich durch die aktuelle Analyse
festhalten, dass die offenen Flächen weiterhin freigehalten werden. Außerdem ist
anzumerken, dass es Potentialflächen gibt, die für die Landwirtschaft nutzbar gemacht werden
können. Bei den derzeit genutzten Flächen handelt es sich vor allem um Mähwiesen mit
unterschiedlichem Grad der Verbuschung, Weideflächen und Ackerland.

5. Anhang (ist in der Datenbank zu finden)

Anhang Nr. 1 – Dordolla, fernerkundlich erfasste Landnutzung

Anhang Nr. 2 – Dordolla, Kartierung vor Ort

Anhang Nr. 3 – Drentus & Virgulins, fernerkundlich erfasste Landnutzung

Anhang Nr. 4 – Drentus & Virgulins, Kartierung vor Ort

Anhang Nr. 5 – Pradis, fernerkundlich erfasste Landnutzung

Anhang Nr. 6 – Pradis, Kartierung vor Ort

Anhang Nr. 7 – Monticello Dörfer, fernerkundlich erfasste Landnutzung

Anhang Nr. 8 – Monticello Dörfer, Kartierung vor Ort

Anhang Nr. 9 – Umgebung Dordolla, fernerkundlich erfasste Landnutzung

Anhang Nr. 10 – Flächenverschnitt der Fernerkundung und der Vor Ort Kartierung

Anhang Nr. 11 – aktuelle Landnutzung Drentus, Virgulins

Anhang Nr. 12 – aktuelle Landnutzung – Pradis di Sotto, Pradis di Sopra, Chiaranda

Anhang Nr. 13 – aktuelle Landnutzung – Saps

Anhang Nr. 14 – aktuelle Landnutzung – Grauzaria

Anhang Nr. 15 – aktuelle Landnutzung – Monticello Dörfer

Anhang Nr. 16 – Statistik – Mähwiesen Monticello Dörfer

Anhang Nr. 17 – aktuelle Landnutzung – Bevorchians

Anhang Nr. 18 – aktuelle Landnutzung – Diagramme

Anhang Nr. 19 – potentielle Landnutzung – Bevorchians

Anhang Nr. 20 – potentielle Landnutzung – Dordolla

Anhang Nr. 21 – potentielle Landnutzung – Drentus, Virgulins

Anhang Nr. 22 – potentielle Landnutzung – Grauzaria

Anhang Nr. 23 – potentielle Landnutzung – Moggessa di Là, Moggessa di Quà

Anhang Nr. 24 – potentielle Landnutzung – Monticello Dörfer

Anhang Nr. 25 – potentielle Landnutzung – Pradis di Sotto, Pradis di Sopra, Chiaranda

Anhang Nr. 26 – potentielle Landnutzung – Saps

Anhang Nr. 27 – Hangneigung der Potenzialflächen – Bevorchians

Anhang Nr. 28 – Hangneigung der Potenzialflächen – Dordolla

Anhang Nr. 29 – Hangneigung der Potenzialflächen – Drentus, Virgulins

Anhang Nr. 30 – Hangneigung der Potenzialflächen – Grauzaria

Anhang Nr. 31 – Hangneigung der Potenzialflächen – Moggessa di Là, Moggessa di Quà

Anhang Nr. 32 – Hangneigung der Potenzialflächen – Monticello Dörfer

Anhang Nr. 33 – Hangneigung der Potenzialflächen – Pradis di Sotto, Pradis di Sopra,
Chiaranda

Anhang Nr. 34 – Hangneigung der Potenzialflächen – Saps

Anhang Nr. 35 – Statistiken genutzte Fläche, Potenzialfläche

Anhang Nr. 36 – Statistiken Potenzialfläche nach Hangneigung

6. Quellenverzeichnis
Borsdorf, A.; Bender, O. (2007): Kulturlandschaftsverlust durch Verbuschung und Verwaldung
im subalpinen und hochmontanen Höhenstockwerk: Die Folgen des klimatischen und
sozioökonomischen Wandels. In: Innsbruck Geographische Gesellschaft (Hrsg.): Alpine
Kulturlandschaften im Wandel. Innsbruck, 7-28.
Cede, P., Steinicke, E. (2007): Ghost towns in den Ostalpen. Das Phänomen der Entvölkerung
im friulanischen Berggebiet (Italien). In: Geographica Helvetica, Band 62 (2): 93–103.
Leithold, A. (2011): Multifunktionale Landwirtschaft – Eine ökonomische Analyse von
extensiven Bewirtschaftungsmaßnahmen zur Offenhaltung der Kulturlandschaft. In: Jahrbuch
der Österreichischen Gesellschaft für Agrarökonomie, Band 20(2): 65-74.
Söhngen, H.-H. (1976): Die Rekultivierung der Abgrabungen von Steinen und Erden im Sinne
einer optimalen Umweltgestaltung. Westdeutscher Verlag, Opladen.
Strahler, A. H.; Strahler A.N. (2009): Physische Geographie. Stuttgart.

Tourismus

Einleitung
Die Alpen verkörpern eine reife Tourismusdestination. Viele traditionsreiche
Tourismusregionen blicken dort auf eine 200-jährige Geschichte zurück. In der folgenden Arbeit wird deutlich, dass im Aupatal hingegen eine andere Situation vorzufinden ist. Dieses ist ein dünn besiedeltes Tal in Friaul im Nordosten Italiens. Es mündet bei Moggio Udinese in das so genannte Eisental. Dordolla, die größte Ortschaft, befindet sich im mittleren
Talabschnitt. In diesem Beitrag wird untersucht, in welchem Ausmaß Tourismus in dieser Berglandschaft bereits vorhanden ist und welche Entwicklung potentiell möglich ist.

Methodisches Vorgehen
Das Aupatal wurde auf verschiedene, für den Tourismus als wichtig erachtete Aspekte, wie Erreichbarkeit, Mobilfunkanbindung oder Lebensmittelversorgung sowie Freizeitaktivitäten untersucht. Des Weiteren wurden Personen, die im Tourismussektor tätig sind, und andere
Bewohner des Aupatals interviewt. Deren Antworten bezüglich des aktuellen
Tourismusaufkommens, deren Bezug zum Tourismus und der zukünftig möglichen Entwicklung wurden daraufhin zusammengefasst und analysiert.

Ist-Zustand
Das Aupatal ist ein Beispiel für einen peripher gelegenen, strukturschwachen Raum, in dem nur bedingt Tourismus vorhanden und auch möglich ist. Zwar sind zahlreiche Faktoren anzutreffen, die eine positive Wirkung auf den Tourismus im Aupatal haben können, jedoch wird die touristische Entwicklung vor allem durch negative Faktoren eingeschränkt. Gästeaufkommen und Art des Tourismus im Aupatal Die Tourismussituation in der Region ist geprägt durch ein geringes Aufkommen und eine kurze Saisondauer. Bis auf wenige Tagestouristen, die vor allem sportlichen Aktivitäten nachgehen und Durchreisenden ist laut Herrn Kaspar Nickles bis zu diesem Zeitpunkt keine
nennenswerte touristische Entwicklung im Aupatal zu erkennen. Die Touristen stammen in der Region vor allem aus Österreich und Deutschland. Tagestouristen kommen hauptsächlich aus Kärnten und dem Friaul. Letztgenannte sind auch außerhalb der Hauptsaison anzutreffen.
Sie wollen Wandern, Klettern und Mountainbiken. In den letzten Jahren stieg die Anzahl an Mountainbiketouristen aus Slowenien. Nur die wenigsten bleiben eine Nacht oder länger. Die einzige Möglichkeit im Aupatal ganzjährig Herberge zu bekommen, sind die Gästebetten von Herrn Kaspar Nickles und seiner Frau Marina Tolazzi. Mit ihrem Bauernhof „Tiere Viere“ betreiben sie eine agrotouristische Struktur, das heißt Vermietung von Gästebetten in
Form von Agrotourismus. Neben dem Urlaub am Bauernhof bietet Herr Kaspar Nickles auch geführte Touren und ähnliches an. Da das Paar die einzigen Personen im Tal sind, deren Lebensgrundlage mitunter vom Tourismus abhängig ist, wird auf das Vorgehen der beiden, sowie die Struktur „Tiere Viere“ in dem Kapitel “Tiere Viere – AgriKulturAlpina” weiter eingegangen.

Positive Faktoren im Aupatal

In Abbildung 2 sind Faktoren aufgelistet, die sich sowohl negativ als auch positiv auf den Tourismus im Aupatal auswirken. Beispielhaft für einen positiven Faktor sei hier der Aktivtourismus genannt. Das Aupatal bietet sich mit seinen Zweitausendern aus Kalkstein hervorragend für Outdoor- und Freizeitaktivitäten an. Wandern und Mountainbiken sind eine gute Möglichkeit, die Landschaft zu erkunden. Eine Beschilderung dieser durch den AC Carnia ist bereits vorhanden. Die zum Teil verlassenen eindrucksvollen Dörfer stellen schöne Ziele für Touren dar. Somit ist neben der landschaftlichen Schönheit auch Ruhe und Idylle gegeben. Wanderwege, welche sich in einem guten Zustand befinden, sind bereits vorhanden und in Abbildung 1 kartiert und dargestellt.


Abbildung 1​: Wanderkarte Dordolla (Quelle: Eigene Darstellung)

Die Bar „Alimentari“ in Dordolla dient als Treffpunkt, bietet warme Küche auf Anfrage sowie Genuss- und Lebensmittel. So stellt sie eine gewisse Lösung für die Versorgungs- und Kommunikationsprobleme (s. Kapitel “Negative Faktoren im Aupatal”) in Dordolla dar, denn auch kostenloses WLAN ist vorhanden. Es sind in etwa 40 Gästebetten im Aupatal vorhanden, die allesamt von Herrn Kaspar Nickles und seiner Frau Marina Tolazzi angeboten und vermietet werden, die während der Saison auch zum Großteil ausgebucht sind. Dies zeigt, dass ein touristisches Potential vorhanden ist, welches noch weiter ausgeschöpft werden könnte, sofern Interesse besteht. Außerdem sind hin und wieder kreative Highlights in und um Dordolla, die von Herrn Christopher Thomson erstellt werden, anzufinden. Sodass auch für Kultur- und
Kunstbegeisterte ein gewisses Angebot vorhanden ist. Auch finden verschiedene Feste in unregelmäßigem Abstand statt. So zum Beispiel die Uraufführung eines Theaterstücks in Dordolla. Während dieser Tage wurden verschiedenste kreative Workshops angeboten, sodass hier auch nochmal zusätzlich einige Personen auf das Tal und insbesondere auf Dordolla aufmerksam wurden.

Negative Faktoren im Aupatal
Herr Kaspar Nickles beschreibt auf seiner Internetseite (http://de.tiereviere.net) vier verschiedene Möglichkeiten für Touristen nach Dordolla zu kommen.

Möglichkeit 1:
Das Tal ist aus allen Himmelsrichtungen zu Fuß zu erreichen. Vom italienische Alpenverein (Club Alpino Italiano CAI) sind markierte Wege über die Berge in das Tal vorhanden. Von Kärnten im Norden über den Hauptkamm der Karnischen Alpen, von Slowenien im Osten über die Julischen Alpen, aus der friulanischen Ebene über Julische oder Karnische Voralpen, von Venetien im Westen über die friulanischen Dolomiten oder die Karnischen Alpen.

Möglichkeit 2:
Das Aupatal liegt direkt am Alpe Adria Radweg. Nach Dordolla gelangt man über Pontebba, wer Drentus mit dem Rad erreichen oder Passstraßen vermeiden möchte, fährt auf dem Radweg bis Moggio und biegt hier ins Aupatal ab. In Pradis angekommen folgt man den Hinweisschildern nach Drentus, während die Hauptstraße unten im Tal weiter Richtung Dordolla führt.

Möglichkeit 3:
Laut Herrn Kaspar Nickles ist das Tal einfach mit dem Auto zu erreichen, da es nur wenige Kilometer von einer der wichtigsten Nord-Süd Verkehrsverbindungen der Alpen entfernt liegt. Die Autobahn A23 von Udine nach Villach hat jedoch keine Autobahnabfahrt im näheren Umkreis. Die nächste Möglichkeit auf die Autobahn zu gelangen ist etwa 15 Minuten von der Stadt Moggio Udinese entfernt.

Möglichkeit 4:
„Staatsgrenzen und die geringe Bevölkerungsdichte der Umgebung bedingen eine geringe Dichte internationaler Verbindungen und lokaler Angebote des öffentlichen Verkehrs“, so Herr Kaspar Nickles auf seiner Internetseite. Der nächstgelegene Bahnhof, an dem Intercity-Züge aus Österreich (Villach) halten, ist Udine. An Moggio Udinese fahren diese Züge vorbei. Von hier aus ist es möglich, mit Regionalzügen bis nach Gemona del Friula oder Carnia zu gelangen (s. Abbildung 2). Auch mit dem Bus kann man von Udine in
Richtung Tarvisio fahren und in Moggio Udinese aussteigen. Werktags fährt dann ein Bus fünf Mal täglich von dieser Haltestelle bis nach Dordolla. Außerdem ist eine neue interregionale Zugverbindung von Villach nach Udine mit Halt in Carnia vorhanden. Carnia ist von Dordolla aus gesehen der nächstgelegene Bahnhof.


Abbildung 2​: Verkehrsübersicht und Anbindung Dordolla (Quelle: Eigene Darstellung)

Aus diesen Schilderungen wird ersichtlich, dass das Aupatal im Allgemeinen infrastrukturell schlecht angebunden ist. Dies wirkt sich auf das Tourismusaufkommen aus. Auch in der Lebensmittelversorgung spiegelt sich die schlechte Anbindung wieder. Es ist lediglich ein Lebensmittelgeschäft mit sehr begrenzten Öffnungszeiten im Aupatal vorhanden, sowie ein Autogrill. Zwar bietet die Bar in Dordolla ebenfalls Lebensmittel wie beispielsweise Milch an, jedoch nur auf Bestellung. Die bereits erwähnten Wander- und
Mountainbikewege sind als eher schwer einzustufen. Sodass Anfänger dieser Sportarten nicht als touristische Zielgruppe angesprochen werden können. Des Weiteren sind zwar die Schlafplätze von Herrn Kapsar und Frau Marina Tolazzi vorhanden, jedoch ist die Zahl auf etwa 40 Stück begrenzt. Diese sind bereits in der Haupt- und teilweise auch in der Nebensaison voll besetzt und stellen, wie bereits erwähnt, die einzige Übernachtungsmöglichkeit im Aupatal dar. Hier zeigt sich ein weiteres Problem. Die Kapazität der im Tourismussektor beschäftigten Personen ist bereits voll ausgeschöpft.
Zudem ist die Mobilfunkabdeckung im Tal sehr schlecht. Sie ist nur an etwa drei Tagen in der Woche vorhanden. Auch die Verwendung von mobilem Internet ist nur begrenzt möglich. Zwar ist in der Bar in Dordolla ein kostenfreier WLAN-Zugang vorhanden, für eine mögliche Entwicklung und den Einsatz einer Wander-, Touren, oder Ghost-Town-App muss jedoch ein
durchgehend verfügbares Netz vorhanden sein. Hinzu kommt, dass nicht jeder der Einwohner den Wunsch nach einem größeren Tourismusaufkommen hegt. Der Großteil der Personen ist zufrieden mit dem Ist-Zustand. Viele Flächen und Gebäude nicht nur einer Person, sondern mehreren Besitzern zugeschrieben. Dies erschwert die touristische Nutzung der Gebäude als Gasthäuser oder ähnliches.


Abbildung 3​: Vor Ort festgestellte Faktoren, die sich auf den Tourismus positiv beziehungsweise negativ auswirken können (Quelle: Seminararbeit Bechtel & Seewald, S. 8)

Interviews
Im Folgenden sei vor allem Herrn Kaspar Nickles und Frau Marina Tolazzis Betrieb, deren Meinung zum Tourismus im Aupatal sowie deren Ideen und Lösungsansätze beschrieben, um dann auf die Antworten der gestellten Fragen “Sind sie im Tourismus tätig?”, “Wünschen Sie sich ein größeres touristisches Aufkommen?” und “Welche Möglichkeiten sehen Sie, den
Tourismus weiter auszubauen?” weiterer im Tal lebender Personen einzugehen.

Tiere Viere – AgriKulturAlpina

Herr Kaspar Nickles und Frau Marina Tolazzi versuchen mithilfe zahlreicher freiwilliger Helfer und Helferinnen die Tradition fleißiger Bergmenschen fortzusetzen und anderen Leuten zugänglich zu machen. Sie betreiben ökologischen Acker-, Garten-, Obstbau, Forstwirtschaft und halten Tiere. Der Bauernhof „Tiere Viere“ (friulanisch = „Alte Erde“) in dem kleinen Weiler Drentus oberhalb von Dordolla stellt deren Versuch dar, „traditionelle
Landnutzung in einem vergessenen Gebirgstal […] wieder zu (er)finden“
(http://de.tiereviere.net). Der Marktwert der landwirtschaftlichen Produkte reicht jedoch nicht aus, um die Existenz der beiden Personen plus ihrer Kinder zu sichern, weshalb sie zusätzlich auch Urlaub am Bauernhof und Gästehäuser anbieten. Folgende Übernachtungsmöglichkeiten stehen zur Auswahl:

Ferienwohnung
Einraum-Ferienwohnung mit Schlafgalerie, 4 Betten, Kochecke, Bad (Dusche), separater Eingang
60-80 € pro Tag*

Einzelzimmer
Balkon, Bad am Gang
30 € pro Tag* (1 Person, inkl. Frühstück)

Großes Doppelzimmer
Balkon, Bad am Gang
60 € pro Tag* (2 Personen, inkl. Frühstück)

Kleines Doppelzimmer
Direkter Ausgang zur Wiese, Bad am Gang
50 € pro Tag* (2 Personen, inkl. Frühstück)
(s. http://de.tiereviere.net)

Die mit einem * markierten Preise gelten für Aufenthalte mit einer Mindestdauer von drei Tagen. Bei kürzerem Aufenthalt werden pro Tag 10 Euro und pro Person 5 Euro mehr verrechnet, um den größeren Aufwand abzugelten.


Abbildung 4​: Gästezimmer Tiere Viere (Quelle: http://de.tiereviere.net)

Neben diesem Bauernhaus in Drentus, welches zugleich auch ihr Wohnhaus ist, gibt es in Dordolla zwei „Stadtwohnungen“, die in Abbildung 5 zu sehen sind. Das Haus Nr. 11, „la casa di Renzo“ vermieten sie als eigenständige Ferienwohnung. Auch hier wird ein Aufschlag von 10 Euro pro Tag bei ein- oder zweitägigen Aufenthalten verlangt. Dies zeigt, dass kurze Aufenthaltsdauern, welche hier üblich sind, einen deutlichen Mehraufwand bedeuten und sich somit für die Gastgeber sonst kaum rentieren würden.


Abbildung 5​: Ferienhäuser in Dordolla (Quelle: Michaela Seewald 2017)

Herr Kaspar Nickles bietet zusätzlich geführte Wanderungen in seiner Umgebung sowohl für Privatpersonen, als auch für Schulklassen und Gruppen von Universitäten an. Auch Workshops für Köche aus Kärnten zur Zubereitung von Slowfood und friulanischen Gerichten stehen auf seinem Programm.
Zudem sind Herr Kaspar Nickles und Marina Tolazzi, neben einigen Dorfbewohnern aus Dordolla, Mitbegründer des Kulturvereins „La cort dai gjats“. Durch öffentliche Veranstaltungen unterschiedlicher Ausrichtung ist es ihnen möglich, mehr Aufmerksamkeit für ihre Projekte zu erlangen, ihre Umgebung aufzuwerten und so potentielle Touristen auf das Tal aufmerksam zu machen (http://de.tiereviere.net). Auch die Aufenthaltsdauer und somit die Zahl der Übernachtungen kann so erhöht werden .

Interviewpartner Herr Kaspar Nickles
Laut Herrn Kaspar Nickles hat keine nennenswerte touristische Entwicklung im Aupatal aufgrund dem Mangel an touristischer Infrastruktur und dem Umstand, dass der Großteil des Gebiets nicht mit dem Auto erreichbar ist, stattgefunden. Dennoch geht er seinem Interesse
nach, mehr Wertschöpfung zu betreiben. Hierbei handelt es sich jedoch nicht um eine Frage des “Wollens” sondern des “Könnens”. Ohne zusätzliche Arbeitskräfte ist es für ihn und seine Frau Marina Tolazzi schlicht unmöglich, neben der Landwirtschaft weitere Gäste zu beherbergen.
Ein weiteres Problem sieht er in der starken Verbuschung großer Teile im Aupatal und Dordolla. Seiner Meinung nach suggeriert ein Wald Gefahr durch Uneinsehbarkeit und Verwilderung. Daher, und auch weil die Kultivierung der Landschaft ein großes touristisches Potential darstellt, würde sich ein Rückgang der Verbuschung positiv auf eine touristische Entwicklung auswirken. Herr Kaspar Nickles versucht daher aktiv gegen die weitere
Verbuschung anzugehen. Aus ökonomischer Sicht rentiert sich jedoch diese Rekultivierung nicht und oft ist es, aufgrund des hohen Arbeitsaufwandes kaum realisierbar. Eine massentouristische Entwicklung hingegen ist weder erwünscht noch realisierbar.

Interviewpartnerin Marina Tolazzi
Frau Marina Tolazzi schildert, dass sich die Tourismussaison auf die Sommermonate beläuft. Jene Monate, in denen auch die Arbeitsspitzen der Landwirtschaft anfallen. Diese Überschneidung ist ihrer Meinung nach eines der größten Probleme. Daher besteht der Wunsch nach einer Verlängerung der Saison. Zudem werden die kurzen Aufenthaltsdauern als sehr belastend empfunden. Der Arbeitsaufwand ist prozentual gesehen um einiges höher
als bei längeren Aufenthalten der Touristen, weshalb, wie bereits erwähnt, ein höherer Preis verlangt wird. Dennoch kann auf die Gäste mit kurzer Aufenthaltsdauer nicht verzichtet werden. Die Werbung für das Tourismusangebot erfolgt vor allem über Mundpropaganda, Webseite
und Fachliteratur. Aus ihrer Sicht werden die Touristen im Ort kaum bemerkt und somit kommt es auch nicht zur Störung der Dorfbewohner. Außerdem habe vor allem die Dorfbar von den Touristen profitiert. Ein größeres Gästeaufkommen im Sommer ist aufgrund des Zusammenfallens der beiden
Saisons nicht erwünscht. Jedoch besteht der Wunsch nach einer Verlängerung der Saison in den Herbst und den Winter und somit einer besseren Verteilung der Arbeitsspitzen. Ihrer Meinung nach besteht im Dorf kein Interesse an der Beteiligung am Tourismus. Einerseits haben die Dorfbewohner zum Teil gut bezahlte Arbeit außerhalb des Dorfes, andererseits hat der Tourismus in der Region keine Tradition. Zudem sind viele der Dorfbewohner bereits Pensionisten. Ein zusätzliches Tourismusangebot im Dorf wäre aber dennoch denkbar.

Interviewpartner Christopher Thomson
Christopher Thomson lebt und arbeitet als Autor und Filmemacher zwischen England, Italien, Österreich und der Türkei. Momentan wohnt er mit seiner Freundin in Dordolla. Seine Arbeit beschäftigt sich mit der Wahrnehmung von Landschaft und der Bedeutung von Orten. Er hat Bücher und Karten veröffentlicht sowie Videoarbeiten produziert
(http://www.christopherthomson.net/contact). Aufgrund der großen Unsicherheiten kommt ein Einstieg in den Tourismussektor für ihn nicht in Frage. Aus seiner Sicht hat sich dennoch einiges in den letzten Jahren verändert. Die Anzahl an kulturellen Veranstaltungen, deren Größe und Umfang hat sich erhöht. Trotzdem sieht er keine Gefahr für das Aufkommen von Massentourismus. Hierfür ist die Zielgruppe, die von diesen Veranstaltungen angelockt wird, zu klein. Ebenfalls stieg die Anzahl an Mountainbike Touristen aus Slowenien in den vergangenen Jahren. Diese halten seiner Meinung nach die Wege frei und haben somit einen
positiven Einfluss auf die Kulturlandschaft, gleichzeitig tragen sie jedoch auch zur Zerstörung dieser bei. Negative Äußerungen der Dorfbewohner über den Tourismus im Ort sind ihm keine bekannt.

Interviewpartner Newcomerpaar in Grauzaria
Das Paar stellt die einzigen Newcomer in Grauzaria, einem kleinen Dorf im Aupatal nicht weit von Dordolla entfernt, dar. Sie sind vor drei Jahren in das Dorf gezogen und wohnen das ganze Jahr über im Aupatal. Die Frau verfügt über ein abgeschlossenes Landwirtschaftsstudium, der Mann ist Spezialist für die Produktion von Käse. Im Ort selbst gibt es kein Gasthaus und keinen Tourismus. Hier wünschen sich die Newcomer eine Veränderung, da Touristen, die sich für die Landwirtschaft interessieren, Geld in die Region bringen könnten und ein Gasthaus das Leben im Dorf aufwerten würde. Ihrer Meinung nach sollte neben dem Agrartourismus auch der Naturtourismus gefördert werden.

Interviewpartner andere Einwohner
Bei der Befragung einzelner anderer Einwohner konnte festgestellt werden, dass die meisten dieser Personen an einer Erweiterung beziehungsweise Beteiligung des Tourismus nicht interessiert sind. Sie sind zum Großteil Pensionisten und sind froh hier ihre Ruhe genießen zu können.

Perspektive und Zielgruppen

Untersuchungen zufolge kann Tourismus in peripheren Regionen die Funktion eines Wachstumspols übernehmen. Voraussetzung ist jedoch, dass sich diese Regionen für eine touristische Inwertsetzung eignen müssen. Für eine langfristig erfolgreiche Tourismusentwicklung muss eine attraktive und intakte Landschaft gegeben sein. Ebenfalls notwendig für einen erfolgreichen Tourismus ist die Vielseitigkeit des Fremdenverkehrsgewerbes, eine vorhandene Infrastruktur und die Dienstleistungsbereitschaft der Bevölkerung. Die Konsequenz ist also, dass eine periphere Region, die touristisch erschlossen werden soll, attraktive Voraussetzungen aufweisen muss, die sich touristisch vermarkten lassen (NEUMEIER & POLLERMANN, S. 163). Naturlehrpfade, Heimatmuseen oder eben Ghost-Towns lassen sich als Beispiele nennen. Aus rein ökonomischer Sicht reicht deren Potenzial als touristisches Alleinstellungsmerkmal beziehungsweise als “Aushängeschilder” über die Region hinaus allerdings nicht aus (NEUMEIER &
POLLERMANN, S. 163). Die aus den Interviews gewonnenen Erkenntnisse und Schilderungen sowie Untersuchungen vor Ort relativieren die Möglichkeiten den Tourismus im Aupatal in einem größeren Stil auszubauen, auch weil dies nicht gewünscht ist. Diesbezüglich sollte das Hauptaugenmerk nicht auf dem Ausbau der Tourismusinfrastruktur selbst liegen, sondern im Allgemeinen
darauf, die bereits vorhandenen Gäste dazu zu bringen, ihre Aufenthaltsdauer zu verlängern und die Übernachtungszahl zu steigern. So ist eine Steigerung der Wertschöpfung und ein gleichbleibender Arbeitsaufwand möglich. Zudem müssen die Touristen dazu gebracht werden, ihr Geld in der Region zu lassen. Aufgrund des Zusammenfallens der Arbeitsspitzen in der Landwirtschaft und im Tourismus muss die touristische Saison verlängert werden um das Arbeitspensum etwas zu entzerren. Zunächst muss die Zielgruppe definiert werden, die mit der geplanten Ausrichtung des Tourismus angesprochen werden soll. Zu den möglichen Zielgruppen zählen zum einen die Wanderer, Kletterer und Mountainbiker, die bisher nur als Tagestouristen ins Aupatal kommen und auch die Durchreisenden aus nördlicher Richtung. Eine weitere Zielgruppe könnten gut betuchte Stadtbewohner sein, die das entschleunigte Leben im Aupatal als Abwechslung zum hektischen Stadtleben suchen
und genießen. Auch Personen, die aus ökologischen und ethischen Beweggründen als Touristen in das Aupatal kommen und sich für die biologische Landwirtschaft interessieren, sind eine potentielle Zielgruppe.

Aufgrund dieser Punkte sollten folgende Strategien verfolgt werden. Diese Liste gilt als Denkanstoß und kann nach weiteren Untersuchungen erweitert werden. Bei der Auswahl wurde beachtet, dass kein großer Aufwand notwendig ist, beziehungsweise keine großen zusätzlichen Kosten entstehen.

1. Inwertsetzung und Schaffung von Alleinstellungsmerkmalen und Aushängeschildern um Bekanntheitsgrad des Tals zu steigern
Mögliche Aushängeschilder:
– Ghost Towns
– Mountainbikewege
– Leben im Einklang mit der Natur

2. Verlängerung der touristischen Saison Mögliche Strategien:
– Winterwanderungen
– Wetterunabhängige Events
– Festivals
– Veranstaltungen
– Workshops
– Sportveranstaltungen (Wettbewerbe, Marathon, etc.)

3. Aufenthaltsdauer verlängern/Übernachtungszahlen steigern
Mögliche Strategien:
– Tourenführer (Dordolla/Aupatal-Führer)
– Wanderwege attraktiver gestalten (Informationstafeln, Barfusßwege, etc.)
– Mountainbikewege ausbauen und beschildern
– Events
– Festivals
– Veranstaltungen
– Workshops
– Sportveranstaltungen (Wettbewerbe, Marathon, etc.)

Diese Maßnahmen könnten den Bekanntheitsgrad des Tals verbessern. Außerdem können die Events und Veranstaltungen auch auf mehrere Tage ausgeweitet werden und in der Nebensaison stattfinden und damit zusätzlich die Einnahmen außerhalb der Hauptsaison steigern.
Fazit
Das Aupatal zeigt neben der wunderschönen Natur und Idylle viele Vorzüge auf, die für eine Tourismusentwicklung geeignet sind. Gleichzeitig übt aber genau diese Ruhe, die durch das geringe Tourismusaufkommen gegeben ist, ihren Reiz aus. Um vom Tourismus leben zu können muss dennoch eine gewisse Anzahl an Touristen vorhanden sein, steigt die Anzahl der Touristen, wirkt sich das jedoch negativ auf die Vorzüge der Region aus. Es muss ein
Gleichgewicht zwischen den beiden Entwicklungen gefunden werden. Da der Tourismus jedoch nur für wenige Einzelpersonen einen gewissen Stellenwert aufweist und eine Entwicklung durch viele Faktoren, wie infrastrukturelle Bedingungen oder Lebensmittelversorgung, beschränkt ist, ist eine touristische Ausweitung zum gegebenen Zeitpunkt ohne nennenswerte Geldgeber und eine gewisse Anzahl an interessierten Akteuren unmöglich. Es ist für diejenigen Personen, die an einem Ausbau des Tourismus interessiert
sind, keine Frage des “Wollens” sondern des “Könnens”. So lässt sich zusammenfassend folgende Feststellung machen (Abbildung 6). Da die
Kapazitäten der im Tourismussektor tätigen Personen erreicht sind und zudem keine Interesse der Dorfbewohner besteht, sich hier zu beteiligen, ist unter diesen Umständen keine Erweiterung des Tourismussektors möglich. Somit sind in naher Zukunft keine großen Sprünge in der touristischen Entwicklung im Aupatal zu erwarten.


Abbildung 6​: Zusammenfassende Feststellung (Quelle: Eigene Darstellung)

 

Literatur
NEUMEIER, S. & POLLERMANN, K. (2011): Ländlicher Tourismus als Chance?
Möglichkeiten und Grenzen der Förderung von ländlichem Tourismus am Beispiel eines Modellvorhabens. In: Landbauforschung – vTI Agriculture and Forestry Research 3 2011 (61). S. 161-174
http://de.tiereviere.net (zuletzt abgerufen am: 13.02.2018)

Landwirtschaft

1. EINLEITUNG
Vor dem Einsetzen der großen Abwanderungswelle zu Beginn des 20. Jahrhunderts sowie dem Strukturwandel in der Landwirtschaft Mitte des 20. Jahrhunderts, bewohnten das Aupatal bis zu 2.000 Menschen, die sich großteils autark versorgten. Große Teile des Tales wurden in dieser Zeit landwirtschaftlich genutzt, Holz als Brenn- und Baustoff stellte eine Mangelware dar – heute angesichts der ausgedehnten Waldflächen schwer vorstellbar (Nickles, 2017). Aufgrund der starken Zersplitterung der Flur,
erschwerter naturräumlichen Bedingungen sowie der Perspektiv- und Alternativlosigkeit der Jungen nahm die landwirtschaftliche Nutzung des Aupatals im Laufe der Jahrzehnte immer weiter ab. Dies führte zu einer starken Verbuschung und Verwaldung der Region. Landwirtschaft wird heute nur noch von wenigen im Tal betrieben, wodurch dieser eine untergeordnete Rolle zukommt. Jedoch übt die Landwirtschaft einen großen Einfluss auf das Landschaftsbild aus, was auch in Verbindung mit anderen Wirtschaftsbereichen, wie z.B. dem Tourismus, steht.
Ziel dieser Arbeit ist es einerseits, die aktuelle Situation der Landwirtschaft im Aupatal zu erheben. Auf Basis des Status Quo sollen dann mit Hilfe von Flächennutzungskartierungen ausgewählter Fraktionen und Abschnitte des Aupatals sowie der Gespräche mit Einheimischen zukünftige Potentiale für die Landwirtschaft aufgezeigt werden. Einschränkungen ergeben sich dabei einerseits durch die geringe Anzahl an Gesprächen mit Einheimischen, die im Bereich der Landwirtschaft tätig sind. Andererseits können betriebsinterne Strukturen und Gegebenheiten, die für eine Umsetzung bestimmter landwirtschaftlicher Nutzungen nötig sind, nicht berücksichtigt werden. Vielmehr handelt es sich hier um theoretisch vorstellbare Potentiale. Die Informationen über die vergangene sowie derzeitige landwirtschaftliche
Situation des Tales stammen hauptsächlich aus Gesprächen und Interviews mit Einheimischen.

Im folgenden Kapitel wird ein einführender Überblick über die Landwirtschaft im nördlichen Friaul gegeben. Danach folgen im nächsten Abschnitt limitierende Faktoren für die Landwirtschaft dieser Gegend. Kapitel vier beschäftigt sich konkret mit der Landwirtschaft im Aupatal. Dabei wird zunächst die Entwicklung der Landwirtschaft im Tal beschrieben. Danach wird die aktuelle landwirtschaftliche Situation dargestellt sowie anschließend zukünftige Potentiale der Landwirtschaft im Aupatal. Den Abschluss bildet das Fazit.

2. LANDWIRTSCHAFT IM NÖRDLICHEN FRIAUL
Während im gesamten Alpenraum durchaus verschiedene landwirtschaftliche Nutzungen festgestellt werden können, zeigen sich vor allem in den italienischen Alpen und im Besonderen in der Montagna Friulana große landwirtschaftliche Rückzugsbereiche. Die verbliebenen Agrarbetriebe sind durch ein hohes durchschnittliches Alter der Inhaber gekennzeichnet, was in der Folge vermehrte Hofaufgaben nach sich zog. Im Jahr 1990 lag der Anteil der Betriebsinhaber im Nordfriaul, die 45 Jahre und älter waren, weitestgehend bei mindestens 70 %. In diesem Gebiet zeichnet sich die Landwirtschaft, falls noch vorhanden, durch sehr kleine Betriebsstrukturen und eine hohe Parzellierung aus. Die landwirtschaftlichen Rückzugsgebiete sind außerdem durch eine Brachfläche von mindestens 72 % gekennzeichnet
(Tappeiner et al., 2006).
Landwirtschaftlich genutzte Flächen sind in der Montagna Friulana vor allem oberhalb der Talsohlen an geschützten Lagen zu finden und auch auf Überresten alter Terrassen (Steinicke, 1991). Charakteristisch für das Nordfriaul sind Schotterflachen, Waldgebiete und felsiger ̈ Untergrund (siehe Abb. 1).
So ist nur ein kleiner Teil des gesamten Gebietes landwirtschaftlich nutzbar. Die landwirtschaftliche Fläche wurde zudem durch den Bau der Autobahn weiter verkleinert (Steinicke, 1984).

Abb. 1: Blick von Mogessa di Quà Richtung Moggio Udinese.
Quelle: Seewald, 2017

Was zu den typischen Gegebenheiten des Bodens hinzu kommt, ist die klimatisch bedingte relativ tiefe Vegetationsgrenze, beispielsweise befindet sich der Weinbau im Nordfriaul an Hängen bis zu einer maximalen Höhe von 500 m. Auf die klimatisch bedingten Faktoren wird im späteren Verlauf der Arbeit noch näher eingegangen. Im Nordfriaul fehlen größere und intensiver kultivierte landwirtschaftliche Flächen (Steinicke, 1991).

3. LIMITIERENDE FAKTOREN FÜR DIE LANDWIRTSCHAFT IM NÖRDLICHEN FRIAUL
Limitierende Faktoren für die Landwirtschaft können in zwei Bereiche unterteilt werden: naturräumliche Gegebenheiten und kleinräumige Besitzstrukturen. Auf diese beiden Bereiche wird im Folgenden näher eingegangen.

3.1. Naturräumliche Gegebenheiten
Zunächst ein allgemeiner Überblick über das Klima im nördlichen Friaul. Kennzeichnend für das Friaul ist eine hohe Anzahl an Regentagen. Die durchschnittliche jährliche Niederschlagsmenge beläuft sich in der gesamten Region auf etwa 1.450 mm. Am südlichen Rand der Karnischen und Julischen Alpen treten regelmäßig intensive Regenfälle auf, die zu einer starken Erosion in höheren Höhenlagen führen. Diese Extremniederschläge sind charakteristisch für die Region (ARPA Friaul Julia Venezia, 2008). Die jährlich durchschnittliche Niederschlagsmenge des nordöstlichen Friauls liegt bei über 3.000 mm und stellt mitunter eine der höchsten Europas dar. Im Jahr 1960 wurde in der Region des Ucceatales (Nähe des Musizuges) ein jährlicher Niederschlag von über 4.600 mm aufgezeichnet (Cicogna, 2008). Der Grund für diese großen Niederschlagsmengen sind warm feuchte Luftmassen, die von den südlichen Küstengebieten des Friauls in den Norden strömen und dabei auf die Karnischen und Julischen Alpen sowie ihre Voralpen treffen. Durch den Aufstieg entlang des orographischen Hindernisses kühlen die Luftmassen ab, es kommt zu einer Kondensation, Wolkenbildung und in weiterer Folge zu hohen Niederschlägen in Form von Regen oder Schnee (Polli, 1971). Wie in Abbildung 2 zu erkennen ist, nehmen die Niederschlagsmengen innerhalb der Montagna Friulana von den Voralpen zum Inneren des Gebirges wieder ab. Aus der Abbildung 2 ist ebenfalls ersichtlich, dass die Jahresniederschlagsmengen abweichend vom europäischen Trend von Westen nach Osten ansteigen (Steinicke, 1991).
Die durchschnittliche Anzahl an Regentagen, an denen der Niederschlag bei über 1 mm liegt, beträgt in der Montagna Friulana knapp über 120 Tage im Jahr. Als regenreichster Monat gilt der November, in dem es bis zu 25 Regentagen kommen kann (Steinicke, 1991; ARPA Friaul Julia Venezia, 2008).

 

Abb. 2: Durchschnittlicher Jahresniederschlag des Friauls in mm (1961-2013).
Quelle: ARPA-FGV, 2014: 6

Einhergehend mit den starken Niederschlägen ist auch die Temperatur von erheblicher Bedeutung für die Landwirtschaft. Innerhalb der Region Friaul-Julisch Venetien ist eine verändernde Temperaturverteilung erkennbar. Je weiter ein Gebiet von der Adriaküste entfernt ist, desto kühler wird das Klima. In der untenstehenden Abbildung 3 ist die mittlere Jahrestemperatur der Region Friaul-Julisch Venetien zu sehen. Das nördliche Friaul zeigt sich in den Farben gelb bis dunkelblau, was eine durchschnittliche jährliche Temperatur von 2 bis 10° Celsius verdeutlicht. Diese niedrigeren Temperaturen werden zum einen von der Höhe beeinflusst, zum anderen auch von der Exposition, der allgemeinen Ausrichtung der Julischen und der Karnischen Alpen sowie der Einwirkung des fluvialen Systems (ARPA FVG, 2014).

Abb. 3: Jährliche mittlere Temperatur in Friaul-Julisch Venetien (1993-2013).
Quelle: ARPA FVG, 2014: 5

Mit steigender Höhe nehmen die gemessenen Temperaturen der Region rasch ab. Zudem wurden in der Gegend um Tarvis 120 Tage im Jahr gemessen, an denen die Temperatur unter dem Gefrierpunkt lag. Für die gesamte Region wurden im Durchschnitt 50 Tage unter 0° Celsius gemessen, in den Küstengebieten war die Anzahl der Frosttage kleiner 10 (Valussi, 1961). Diese kalten Tage sind wiederum repräsentativ für das geringe Potenzial der landwirtschaftlichen Nutzung des nördlichen Friauls, da sie die Vegetationsperiode stark eingrenzen.

Abb. 4: Klimatabelle und Wetterdaten von Dordolla.
Quelle: Climate Data, o.J.: o.S.

In Abbildung 4 werden Klimadaten von Dordolla dargestellt. Die monatlichen Durchschnittstemperaturen reichen von -2,2° Celsius im Januar bis zu 17,4° Celsius im Juli. Auffällig ist, dass mit steigender Temperatur der monatliche Niederschlag zunimmt, mit Ausnahme von Juli und November. Die mittlere Jahrestemperatur liegt in Dordolla bei 8,0° Celsius. Aus den Klimadaten lässt sich die Klimazone Cfb nach der Klassifikation von Köppen und Geiger festlegen, was bedeutet, dass Dordolla in einer Zone mit einem warmgemäßigtem, immerfeuchtem Klima mit warmen Sommern liegt (Climate Data, o.J.). Aus den Daten der obigen Abbildung 4 kann schließlich das folgende Temperaturdiagramm für Dordolla (siehe Abb. 5) abgeleitet werden:

Abb. 5: Temperaturdiagramm für Dordolla.
Quelle: Climate-Data, o.J.: o.S.

Die dünne rote Linie des Temperaturdiagramms für Dordolla zeigt den mittleren jährlichen Temperaturverlauf. Der hellrote Bereich, der die Linie umgibt, visualisiert den Schwankungsbereich. Die niedrige durchschnittliche Jahrestemperatur wird von der hohen Niederschlagsrate und der damit einhergehenden starken Bewölkung beeinflusst und sorgt so für eine „thermische Benachteiligung“ (Steinicke, 1991) des gesamten Gebiets. Die niedrigen Durchschnittstemperaturen im März und April beschränken die Vegetationsperiode der meisten Pflanzenarten, da eine mittlere Temperatur von >5° Celsius Voraussetzung für den Beginn der Vegetationszeit ist (Spektrum, 2000).
Zusätzlich zu den klimatisch bedingten Ungunstfaktoren der Montagna Friulana begrenzen auch naturräumliche Prozesse die landwirtschaftliche Inwertsetzung. Überschwemmungen können als Summe naturräumlicher Bedingungen und klimatischen Faktoren gesehen werden. Als Ursachen für die im nördlichen Friaul immer wiederkehrenden Überschwemmungen mit massiven Sedimenttransporten werden Starkregenereignisse in allen Einzugsgebieten, sehr steile Abhänge der Alpentäler, die hohe Verfügbarkeit von Sedimenten und der Wind, der gegen die Küste bläst und einen Abfluss verhindert, genannt (Tockner et al., 2003; Steuer, 1979 zit. nach: Tosolini, 1973). Speziell während der herbstlichen Starkregenereignisse kann der gesamte Talboden tagelang unter Wasser stehen. Aufgrund dieser Ereignisse
ist die landwirtschaftliche Inwertsetzung der Talböden bis heute noch äußerst gering. Durch den Bau der Autobahn verschwanden die letzten Möglichkeiten für Ackerbau im westlichen und mittleren Kanaltal. Zusätzlich wurde die Grünlandwirtschaft stärker in Hanglagen gedrängt (Steinicke, 1991; Steinicke, 1984).
Eine weitere Art von Naturgefahr der Region stellen Erdbeben dar. Wird der Werdegang der Ausbildung der Erdoberfläche betrachtet, so lassen sich für das Gebiet des Friauls erdgeschichtlich stark differenzierte Bewegungen feststellen. Die Bewegungen der afrikanischen Scholle gegen die europäische
Scholle bestehen heute noch und werden als unmittelbare Ursache für die Erdbeben im Friaul und am Balkan gesehen. Im Jahr 1976 war das Friaul von heftigen seismischen Aktivitäten gekennzeichnet.
Diese Ereignisse hatten verheerende Folgen in den Provinzen Udine und Pordenone. Eine Fläche von über 4.800 km2 und mehr als eine halbe Million Menschen waren unmittelbar betroffen. Nicht nur Wohnhäuser und Leben zahlreicher Menschen wurden zerstört, auch die Landwirtschaft erlitt durch
den Zusammenbruch von Ställen und Wirtschaftsgebäuden hohe Verluste an den Viehbeständen. Die Gesamtschäden wurden von der Regionalverwaltung auf über 5,6 Milliarden Euro geschätzt (Steuer, 1979).
Hänge in den Karnischen Voralpen und Alpen gelten auf Grund ihrer Felsstrukturen und den an ihnen wirkenden Erosionsvorgängen als extrem unstabil. Mitverantwortlich sind unter anderem hohe Temperaturschwankungen sowie hohe Niederschläge. Durch fluviale und glaziale Vorgänge entstanden viele äußerst steile Talseiten. Erdrutsche und Felsstürze häufen sich vor allem in den feuchten Jahreszeiten und verursachen immer wieder Schäden (Steuer, 1979 zit. nach: Tosolini, 1973; Steuer, 1979 zit.
nach: Lavori Pubblici, 1969).

Massenbewegungen stellen auf zwei Arten eine Limitierung für die Landwirtschaft dar. Zum einen können Felsstürze Gebäude und landwirtschaftliche Flächen unterhalb labiler Hänge unmittelbar bedrohen und die Bewirtschaftung durch die Ablagerung von Gesteinsbrocken erschweren. Zum anderen eignen sich Ablagerungsflächen und Schuttkegel durch ihre bodenspezifischen Eigenschaften nicht für eine landwirtschaftliche Bewirtschaftung. Die Kombination aus steilen Hängen und hohen Niederschlagsmengen in den südlichen Kalkalpen führt zu einem schlecht entwickelten, nährstoffarmen Boden, der mitunter zu einem großen Defizit in dieser Region gezählt werden kann. Nach Norden exponierte Flächen sind durch die geringe Sonneneinstrahlung zudem oft vermoost und stark wassergesättigt, was sie als Futterweiden unbrauchbar macht.

3.2. Besitzstrukturen
Durch die im Friaul typische Realteilung der Erbschaft kam es zu einersehr kleinräumigen Parzellierung der Region. Der Erwerb von landwirtschaftlichen Flächen ist häufig mit Schwierigkeiten behaftet, da viele Eigentümer nicht mehr ansässig sind und eine Kontaktaufnahme zudem teilweise nicht möglich
ist. Oft sind die Flächen zu klein um einen lohnenswerten Nutzen daraus ziehen zu können und auch die administrativen Schritte überschreiten den finanziellen Aufwand für den Kauf. Die Bewirtschaftung der kleinen Flächen ist ebenso mit Herausforderungen verbunden. Durch die Flächengröße ist eine
maschinelle Bewirtschaftung oft nicht möglich, was den Arbeitsaufwand stark erhöht. Zusätzlich ist die Erreichbarkeit einiger Flächen erschwert, beispielsweise wenn diese inmitten anderer Parzellen liegen. Weidehaltung ist auf solchen kleinen Flächen durch den hohen Aufwand bei der Zaunerrichtung im Vergleich zur Flächengröße oftmals nicht wirtschaftlich, weshalb diese nur als Mähwiese genutzt werden können.

4. LANDWIRTSCHAFT IM AUPATAL
Nach dem regionalen Überblick über die Landwirtschaft im Friaulsowie den limitierenden Faktoren für die landwirtschaftlich Nutzung wird nun auf die Landwirtschaft im Aupatal im Speziellen eingegangen. Zunächst wird die Entwicklung der Landwirtschaft im Aupatal dargestellt. Danach folgt ein Überblick über die aktuelle Situation der Landwirtschaft. Nach der Darstellung des Status Quo werden zukünftige Potentiale und Möglichkeiten der Landwirtschaft sowie deren Grenzen aufgezeigt.

4.1. Entwicklung der Landwirtschaft im Aupatal
Das Aupatal wurde relativ spät besiedelt und war zunächst durch vereinzelte Schafbauern gekennzeichnet, welche als Hirten im Sommer durch das Tal zogen. Landwirtschaft erfolgte so großteils im Rahmen einer Transhumanz. Vor dem Einsetzen der großen Abwanderungswelle zu Beginn des 20. Jahrhundertssowie dem Strukturwandel in der Landwirtschaft Mitte des 20. Jahrhunderts, bewohnten das Aupatal bis zu 2.000 Menschen, die sich großteils autark versorgten (Nickles, 2017). Die Entsiedelung des Tales erfolgte laut den Befragten aufgrund der kleinräumigen Parzellierung der Landwirtschaft, der Perspektiv- und Alternativlosigkeit der Jungen sowie zu guter Letzt aufgrund des Erdbebens, verbunden mit Wiederaufbauprogrammen in der Ebene. Die in der Gegend traditionell übliche Realteilung führte zu einer extremen Zersplitterung der Flur, was die Landwirtschaft immer weniger ertragreich machte. Es wurde somit versucht, jeden Winkel zu nutzen, um zumindest die Selbstversorgung zu gewährleisten. So wurden damals über 90 % des Tales landwirtschaftlich genutzt. Ackerbau wurde oftmals in Form von Terrassen betrieben, damit die Äcker durch Regenfälle nicht zu stark erodiert werden. Zusätzlich wurden grobe Steine im Acker belassen, um der Erosion entgegenzuwirken und den Acker bei Starkregen zu schützen. Holz als Brenn- und Baustoff stellte eine Mangelware dar – heute angesichts der ausgedehnten Waldflächen schwer vorstellbar. Die Felder dienten früher hauptsächlich zur Heugewinnung, aufgrund des hohen Bewirtschaftungsaufwandes (naturräumliche Gegebenheiten, Größe, Erreichbarkeit) wurde die Nutzung nach dem Erdbeben in den 1970er Jahren großteils aufgegeben.

Die meisten Haushalte im Aupatal hielten früher ein oder zwei Kühe und bewirtschafteten kleine, dafür erforderliche Flächen. Traditionell wurden die Kühe ganzjährig im Stall gehalten, der sich im untersten Stockwerk eines Hauses befand. Milchviehwirtschaft stellte die vorherrschende Landwirtschaftsform dar. Die Produktion erfolgte meistens für die eigene Versorgung mit Lebensmitteln, das Einkommen stammte zum größten Teil aus anderen Beschäftigungen. Fiel überschüssige Milch an, wurde diese an
die dorfeigene „Latteria“ in Dordolla verkauft und dort weiterverarbeitet. Die Landwirtschaft stellte so häufig keine direkte Einkommensquelle dar, weshalb großteils nicht von traditionellen landwirtschaftlichen Betrieben in unserem Verständnis gesprochen werden kann. Somit ist die „Tradition der Landwirtschaft“ eine andere.
Um der rückgehenden Landwirtschaft entgegenzuwirken, wurden in den 1970er Jahren von der Regierung subventionierte Genossenschaftsställe gebaut, sogenannte „stalla sociale“. In diesen Ställen sollten alle Kühe einer Ortschaft zusammen gehalten werden, um die Produktion effizienter zu gestalten. Dieses Konzept hatte allerdings nie Erfolg, wodurch es zu leerstehenden und vom Verfall geprägten Ställen kam (Nickles, 2017).
Einerseits Ungunstfaktoren wirtschaftlichen und strukturellen Ursprungs, andererseits Abwanderung aufgrund fehlender Entwicklungspotentiale sowie ausreichender staatlicher Unterstützung nach Umweltkatastrophen, führten in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts dazu, dass sich zuerst der Grad der Flächennutzung verringerte und in einem zweiten Schritt durch die verbliebene Bevölkerung verknüpft mit ungeklärten Besitzverhältnissen, die vormals maximale potentielle landwirtschaftliche Fläche nicht mehr bewirtschaftet bzw. offen gehalten werden konnte (Bender & Kanitscheider, 2012). Im heutigen Stadium der Entwicklung verringert sich die potentielle landwirtschaftlich nutzbare Fläche durch Verbuschung und Verwaldung (siehe Abb. 6) mit der Zeit exponentiell weiter, wie anhand von Gesprächen und bei der Analyse von historischem Bildmaterial erkennbar war.

 

Abb. 6: Verbuschte, ehemalige landwirtschaftliche Nutzfläche im Aupatal.
Quelle: Seewald, 2017

4.2. Aktuelle landwirtschaftliche Situation
Bis heute hat sich die Anzahl landwirtschaftlicher Betriebe im Aupatal stark verringert. Zur Zeit gibt es insgesamt noch sieben landwirtschaftliche Betriebe. Anzumerken ist, dass die Landwirtschaft meistens nur nebenbei betrieben wird, eine grundlegende Einkommensquelle stellt diese nur für die wenigstens dar. Von landwirtschaftlichen Betrieben im engeren Sinne kann bei fünf Betrieben gesprochen werden. Milchviehhaltung, die früher den vorherrschenden Produktionszweig darstellte, ist heute in den Hintergrund
gerückt. Diese wird noch von drei Betrieben durchgeführt. Die Tiere werden zumindest vom größten Betrieb im Tal, der in Pradis di Sopra liegt und 20 Milchkühe umfasst, aufgrund der hohen Erosionsanfälligkeit ganzjährig im Stall gehalten, von den beiden anderen Betrieben liegen hierzu keine Informationen vor. Aufgrund der naturräumlichen Bedingungen sind für die Region kleinere Nutztiere, wie z.B. Schafe oder Ziegen, hinsichtlich ihres geringeren Gewichts besser geeignet. Schafhaltung wird von zwei Betrieben durchgeführt, Ziegenhaltung von einem. Weiters gibt es noch einen Betrieb mit Ochsenhaltung. Zusätzlich werden in der Region noch Truthähne gehalten, vermutlich jedoch von Privatperson, weshalb diese nicht zu landwirtschaftlichen Betrieben gezählt werden. Tabelle 1 gibt einen Überblick über die zur Zeit vorhandenen landwirtschaftlichen Betriebe im Aupatal.

Tab. 1: Landwirtschaftliche Betriebe im Aupatal.
Quelle: eigene Darstellung nach Nickles, 2017

Wie bereits angesprochen, ist die Milchviehhaltung im Aupatal in den letzten Jahren in den Hintergrund gerückt und wird durch das verhältnismäßig hohe Alter der Betriebsbesitzer in Zukunft vermutlich weiter abnehmen. Im Folgenden sollen der Betrieb Nr. 4 in Grauzaria sowie der Betrieb Nr. 6 in Dordolla, die beide eine extensive Wirtschaftsweise verfolgen und laut unserer Auffassung ein großes Potential für die Zukunft darstellen, hervorgehoben und genauer beschrieben werden.
Der landwirtschaftliche Betrieb in Dordolla wird von der Familie Nickles im Vollerwerb bewirtschaftet. Beim Betrieb handelt es sich um einen extensiven Schafbetrieb. Dieser umfasst zwischen 30 und 35 Krainer Steinschafe, die pro Jahr zwischen 30 und 33 Lämmer bekommen. Zusätzlich gibt es am Betrieb zwei Esel sowie Bienen. Die Schafe werden entweder selbst verwertet oder verkauft, wobei zwischen Lammfleisch und Schafsalami unterschieden werden kann. Neben der Viehwirtschaft werden am Betrieb Gemüse, Hackfrüchte und Obst produziert, die vor allem dem Eigenbedarf sowie der Verköstigung von Gästen dienen. Die hauptsächliche Vermarktung der Produkte erfolgt über „Urlaub am Bauernhof“ durch die Verköstigung der Gäste. Die Eigenfläche des Betriebs umfasst insgesamt sieben Hektar Wiese, die in mehrere Parzellen aufgeteilt ist und vor allem für die Heuproduktion und als Weide genutzt wird. Das größte durchgehende Gebiet ist dabei rund einen Hektar groß. Zusätzlich zu diesen Eigenflächen hat Nickles rund 2,7 ha Wiese gepachtet und mäht rund fünf Hektar Wiese von Bekannten ab. Darüber hinaus hat er rund 3.000 m² Acker gepachtet und ca. drei Hektar Almweide. Dies spiegelt die starke Zersplitterung der Flur im Tal wider. Zur Zeit ist die Nachfrage an den Produkten des Betriebs größer als das Angebot, der Ausbau der Produktion gestaltet sich durch die bereits hohe arbeitszeitliche
Auslastung aber als schwierig (Nickles, 2017).
Der landwirtschaftliche Betrieb in Grauzaria wird von zwei Newcomern bewirtschaftet. Beim Betrieb handelt es sich um einen extensiven Milchziegenbetrieb, der rund 100 Ziegen umfasst. Aus der Ziegenmilch wird Käse produziert, der direkt vermarktet wird. Die Käseproduktion stellt die Haupteinnahmequelle des Betriebs dar. Um die Produktionsbedingungen zu verbessern, wurden vor kurzem ein neuer Stall sowie eine kleine Käserei gebaut. Zusätzlich wird Honig erzeugt und vermarktet. Während der Sommermonate befinden sich die Ziegen auf einer Alm. Probleme in der Ziegenhaltung auf der Alm ergeben sich vor allem durch die steigende Anzahl an Wölfen und Bären in der Region.
Während den Geländearbeiten hat sich gezeigt, dass vor allem Flächen innerhalb der Orte sowie in Ortsnähe heute noch landwirtschaftlich genutzt werden. Dies war sowohl in den Ortschaften im Aupatal der Fall als auch in den Monticello Dörfern. Auch in Moggessa di Quà wird noch ein geringer Flächenanteil als Weide genutzt. Gesamtbetrachtet werden die landwirtschaftlichen Flächen im Untersuchungsgebiet größtenteils als Mähwiesen und Weiden (siehe Abb. 7) genutzt. Zusätzlich gibt es Ackerflächen, Gemüsegärten (siehe Abb. 8) und Streuobstwiesen. Dabei handelt es sich sowohl um regelmäßig als auch sporadisch gepflegte Flächen. In den Ortskernen ist dabei die sehr kleine Parzellierung der Nutzflächen gut zu erkennen, weiter am Ortsrand liegende Flächen sind tendenziell größer. Zu
beachten ist, dass es sich bei Gemüsegärten vor allem um private, häusliche Nutzungen handelt und um keine landwirtschaftlichen im engeren Sinne.

Abb. 7: Mähwiese in Drentus.
Quelle: Seewald, 2017

 

Abb. 8: Gemüsegärten in Dordolla.
Quelle: Seewald, 2017

Ein großes Problem für die Landwirtschaft stellt, wie bereits angesprochen, die Realteilung dar. Die kleinen Parzellen weisen somit verschiedene Besitzer auf. Der Kauf, aber auch die Pacht solcher Flächen ist sehr schwierig, da Besitzer unter anderem oft nicht zu finden sind. In Pradis di Sotto und Pradis
di Sopra wird dieses Problem derzeit so gelöst, indem die meisten Flächen von einem Landwirt aus Pradis di Sopra gemäht werden, obwohl dieser die Flächen nicht besitzt oder pachtet. Über das Recht der Bewirtschaftung besteht nur eine mündliche Absprache, insofern die Besitzer bekannt sind. Da sich bis jetzt noch niemand darüber beschwert hat, kann die Bewirtschaftung so erfolgen, zukünftige Entwicklungen sind aber mit Unsicherheiten behaftet.
Aufgrund naturräumlicher Gegebenheiten und der kleinräumigen Parzellierung ist die Produktion landwirtschaftlicher Produkte mit einem hohen Arbeits- und Zeitaufwand verbunden. Die Produktionskosten können durch konventionelle Vermarktungsformen nicht gedeckt werden, weshalb alternative Vermarktungsformen notwendig sind. Die höchsten Gewinne können derzeit erzielt werden, indem die Produkte direkt am Hof veredelt und anschließend zur Verköstigung von Gästen verwendet werden.
Diese Art der Vermarktung wird aktuell von einem Landwirt (Kaspar Nickles) durchgeführt. Die Nachfrage an regionalen Produkten im Tal ist gering, aufgrund der Einwohnerzahl sowie der Tatsache, dass beinahe jeder einen großen Gemüsegarten besitzt. Trotz des hohen Arbeits- und Zeitaufwand in der Landwirtschaft, ist das Einkommen meistens zu gering, um davon leben zu können, da die Betriebsgrößen zu klein und die Erträge zu niedrig sind. Deshalb sind zusätzliche Einkommensquellen notwendig. Diese Einkommensquellen müssen mit den Arbeiten in der Landwirtschaft zeitlich, aber auch räumlich vereinbar sein. Eine Möglichkeit stellt der Tourismus dar, z.B. durch das Anbieten von Urlaub am Bauernhof. Die doppelte Arbeitsbelastung sowie die geringen Einkommen tragen aber sicherlich dazu bei, dass die Landwirtschaft für viele junge Menschen unattraktiv ist.

4.3. Zukünftige Potentiale der Landwirtschaft
In Anbetracht dessen, dass in früheren Zeiten über 90 % der Flächen im Aupatal landwirtschaftlich genutzt wurden, sind viele Flächen potentiell landwirtschaftlich nutzbar, wobei ein Großteil davon nur mit hohem Aufwand wieder nutzbar gemacht werden kann.
Um den Umfang von Potentialflächen für die landwirtschaftliche Nutzung zu ermitteln, wurden in einem ersten Schritt aus der Flächennutzungskartierung ausgewählter Fraktionen und Abschnitte des Aupatals alle Flächen extrahiert, die aktuell landwirtschaftlich genutzt werden. Dazu zählen folgende Flächennutzungsarten: Acker, Brache, (Gemüse-)Garten, Mähwiese, Streuobstwiese, Weide. Die Nutzungsart „Ziergarten“ wurde ausgeschlossen, da es sich hierbei vor allem um privat genutzte Flächen handelt und nicht um landwirtschaftliche Nutzflächen. Bei der Nutzungsart (Gemüse-)Garten war eine Unterscheidung zwischen privater und landwirtschaftlicher Nutzung oftmals nur schwer möglich, weshalb diese Nutzungsklasse hier den landwirtschaftlichen Nutzflächen zugeordnet wird. Der aktuellen Nutzung wurden anschließend jene Flächen zugeordnet, deren Pflegezustand den Klassen „regelmäßig gepflegt“ oder „sporadisch gepflegt“ entspricht. Die Gesamtfläche der aktuell landwirtschaftlich genutzten Fläche beträgt rund 248.400 m² (24,8 ha). Die Unterteilung der Flächengröße in die einzelnen
landwirtschaftlichen Nutzungsarten kann aus Tabelle 2 entnommen werden, Abbildung 9 zeigt den prozentualen Anteil einzelner Nutzungsarten an der Gesamtfläche.

Tab. 2: Aktuelle landwirtschaftliche Nutzfläche in m² und Prozent.
Quelle: eigene Darstellung, 2018

 

Abb. 9: Prozentualer Anteil einzelner landwirtschaftlicher Nutzungsarten an der gesamten Kartierfläche. Quelle: eigene Darstellung, 2018

In einem zweiten Schritt wurden aus der Gesamtkartierung jene Flächen extrahiert, die potentiell landwirtschaftlich nutzbar sind. Dazu zählen alle landwirtschaftlichen Nutzflächen (gemäß des 1. Schritts), die dem Pflegezustand „leicht verbuscht“ oder „stark verbuscht“ entsprechen. Die Gesamtfläche der potentiell landwirtschaftlichen nutzbaren Flächen beträgt ca. 164.700 m² (16,5 ha). Tabelle 3 gibt einen Überblick über potentielle landwirtschaftliche Nutzflächen, Abbildung 10 zeigt den prozentualen Anteil
leicht und stark verbuschter Flächen an der Gesamtfläche der potentiellen landwirtschaftlichen Nutzfläche.

Tab. 3: Anteil potentieller landwirtschaftlicher Nutzflächen unterteilt nach Pflegezustand. Quelle: eigene Darstellung, 2018


Abb. 10: Prozentualer Anteil leicht und stark verbuschter Flächen an der potentiellen landwirtschaftlichen Nutzfläche im Aupatal.
Quelle: eigene Darstellung, 2018

Um einen Überblick über mögliche Nutzungsarten der in Schritt zwei ermittelten Flächen zu bekommen, wurde die Hangneigung der potentiellen landwirtschaftlichen Nutzflächen berechnet. Dabei erfolgte eine Einteilung in vier Klassen (siehe Tabelle 4). Flächen mit einer Neigung bis zu 15° werden der
Klasse „flach“ zugeordnet. Diese ermöglichen durch ihre geringe Neigung eine landwirtschaftliche Bewirtschaftung sowie Bebauung und können mit normalen Maschinen bearbeitet werden. Flächen mit einer Neigung von 15-30° werden der Klasse „steil“ zugeordnet. Diese können landwirtschaftlich nur
noch mit Spezialmaschinen bzw. in Handarbeit bewirtschaftet werden, je steiler die Flächen werden, desto dominanter wird die forstwirtschaftliche Nutzung. Die Neigung von rund 30° stellt zusätzlich einen Schwellenwert in Bezug auf die Standfestigkeit von Tonen und Schotter dar. Der Neigungsbereich zwischen 30° und 60° wird der Klasse „sehr steil“ zugeordnet. Diese Flächen sind für eine wirtschaftliche Nutzung so gut wie ausgeschlossen. Die Neigung von ca. 54° gilt als Grenze für die Begehbarkeit.
Flächen ab einer Neigung von mehr als 60° fallen in die Klasse „sehr steil bis senkrecht“. Dabei wird eine Neigung von 60° als Grenze der Begrünbarkeit angegeben (Söhngen 1976; Tamme et al., 2003).

Tab. 4: Übersicht der Einteilung der Hangneigungsklassen.
Quelle: Söhngen, 1976: 26

In Tabelle 5 sowie den Abbildungen 11 und 12 wird die Hangneigung der potentiellen landwirtschaftlichen Nutzflächen dargestellt. Dabei wird zwischen leicht und stark verbuschten Flächen unterschieden. Bei den leicht verbuschten Flächen zeigt sich, dass ein hoher Anteil (knapp 50 %) in der Neigungsklasse flach liegt. In die Klasse steil fallen rund 45 %. Die Klasse sehr steil ist mit einem Anteil von 5,3 % gering vorhanden. Flächen mit einer Neigung von über 60° liegen nicht vor. Das zeigt, dass eine landwirtschaftliche Nutzung bei einem Großteil der Flächen möglich wäre. Aufgrund der leichten Verbuschung hält sich der Arbeitsaufwand für die Rekultivierung in Grenzen. Bei den sehr steilen Flächen erscheint eine Rekultivierung wirtschaftlich nicht lohnenswert. Bei den stark verbuschten Flächen fällt rund ein Viertel in die Neigungsklasse flach. Fast die Hälfte der Flächen entspricht der Klasse steil. Eine sehr steile Neigung ist ebenso auf mehr als einen Viertel der Flächen zu finden. Ein verschwindend geringer Anteil weist eine Hangneigung von über 60° auf. Hierbei kann festgestellt werden, dass sich eine Rekultivierung aufgrund des hohen Arbeitsaufwandes vermutlich nur bei flachen Flächen lohnen wird. In Ausnahmefällen kann dies auch auf steile Flächen zutreffen,
dafür wären aber Einzeluntersuchungen notwendig. Sehr steile Flächen und Flächen mit einer Neigung von über 60° sind für eine landwirtschaftliche Nutzung ausgeschlossen. Zusätzlich kann festgestellt werden, dass die landwirtschaftliche Nutzung bei Flächen mit einer geringeren Neigung später aufgegeben wurde. Das zeigt sich unter anderem am Anteil der Flächen der Klasse sehr steil, deren Fläche bei stark verbuschten Gebieten deutlich höher ist. Ebenso wird das ersichtlich am hohen Anteil von flachen Flächen in leicht verbuschten Gebieten. Wie hoch der Aufwand für eine Rekultivierung ist, hängt auch stark von der derzeitigen Art des Bewuchses ab. Die Rekultivierung von Flächen mit Haselnusssträuchern ist beispielsweise mit einem sehr hohen Arbeitsaufwand verbunden. Laut den Aussagen von Nickles vor Ort müsste der gesamte Wurzelstock entfernt werden, da bei alleinigem Abschneiden der Stämme die Sträucher nach kürzester Zeit wieder austreiben würden. Dies ist verbunden mit einem sehr hohen Zeit- und Kostenaufwand auf steilen Flächen nicht rentabel. Die Rekultivierung anderer verbuschter Flächen ist gegebenenfalls mit weniger Aufwand verbunden. Bei diesen Analysen muss zusätzlich die die kleine Parzellierung immer beachtet werden. Durch diese ergeben sich vielfach Einschränkungen in der Bewirtschaftung.

Tab. 5: Prozentualer Anteil der Hangneigung leicht und stark verbuschter Flächen. Quelle: eigene Darstellung, 2018

 


Abb. 11: Hangneigung leicht verbuschter Flächen im Aupatal in Prozent.
Quelle: eigene Darstellung, 2018


Abb. 12: Hangneigung stark verbuschter Flächen im Aupatal in Prozent.
Quelle: eigene Darstellung, 2018

Auf Basis der Auswertung der Flächennutzungskartierung sowie den Gesprächen vor Ort kann festgestellt werden, dass extensive Wirtschaftsformen das größte Potential für die Landwirtschaft im Aupatal
darstellen. Das ergibt sich aus zwei Hauptgründen. Einerseits sind landwirtschaftliche Erträge aufgrund der naturräumlichen Gegebenheiten des Tals relativ gering. Andererseits ergeben sich aus der kleinen Parzellierung der landwirtschaftlichen Nutzflächen viele Herausforderungen in der Bewirtschaftung, wie z.B. in der maschinellen Nutzungsmöglichkeit oder der Zugänglichkeit. Zudem weisen die landwirtschaftlichen Betriebe eine kleine Betriebsgröße auf. Das führt dazu, dass es zu einem hohen Aufwand kommt, die Erträge aus der Landwirtschaft im Vergleich zu Betrieben in Gunstlagen aber gering sind. Konventionelle Formen der Landwirtschaft bieten daher nicht die Möglichkeit konkurrenzfähig zu wirtschaften. Extensive Wirtschaftsformen führen hingegen zu einem geringeren Arbeits- und Zeitaufwand, weshalb der Gesamtaufwand im Vergleich zum Ertrag abnimmt. Zusätzlich ergibt sich der geringste bürokratische Aufwand in Relation zu den kleinen Betriebsgrößen. Extensive Wirtschaftsweisen werden im Tal bereits von Nickles in Form der extensiven Schafhaltung (siehe Abb. 13) sowie beim
Ziegenbetrieb in Grauzaria durchgeführt. Extensive Viehwirtschaft geht meistens mit einer Grünlandwirtschaft einher.


Abb. 13: Schafweide im Aupatal. Quelle: Seewald, 2017

Weitere Formen der extensiven Wirtschaftsweise wären durchaus denkbar. Dabei könnte es einerseits zu einer weiteren Steigerung der bestehenden Schaf- bzw. Milchziegenwirtschaft kommen. Andererseits sind auch weitere Produktionsformen, wie z.B. Kitzfleisch, möglich. Dies könnte durch eine Vergrößerung der bereits bestehenden landwirtschaftlichen Betriebe erfolgen oder durch neue Betriebe. Landwirtschaftliche Nutzflächen sind im Gebiet, wie aus der Kartierung entnommen werden kann, vorhanden.
Die Haltung von Wiederkäuern spielt eine große Rolle um der Verbuschung und Verwaldung landwirtschaftlicher Nutzflächen entgegenzuwirken. Durch das Abgrasen der Flächen wird das Aufkommen von Sträuchern und Bäumen in Folge von Bissschäden verhindert. Der große Vorteil von Schafen und Ziegen besteht darin, dass diese aufgrund ihres geringeren Gewichts im Vergleich zu beispielsweise Rindern, die es früher in der Region hauptsächlich gab, auf den steilen und erosionsanfälligen Böden gehalten werden können. Wichtig dabei ist, dass es sich um standortangepasste Rassen handelt,
die an die Gegebenheiten der Region angepasst sind. Die extensive Fleischproduktion (Schafe, Ziegen) weist zusätzlich den Vorteil auf, dass abgelegene Almgebiete genutzt werden können. Für die Milchproduktion
würden sich hingegen aufgrund der oftmals fehlenden Stromversorgung große Arbeitserschwernisse ergeben, sowohl beim Melken als auch bei der Veredelung der Produkte.
Um bei extensiven Produktionsweisen ein ausreichendes Einkommen erwirtschaften zu können, sind vielfach alternative Vermarktungsformen notwendig. Während der Exkursion im Aupatal hat sich gezeigt, dass die Vermarktung über Urlaub am Bauernhof eine gute Möglichkeit darstellt. Durch die Verköstigung der Gäste mit veredelten Produkten direkt am Hof können die höchsten Einkommen erzielt werden. Auch Direktvermarktung, wie sie vom Ziegenbetrieb in Grauzaria durchgeführt wird, stellt eine Möglichkeit dar, aufgrund des geringen Kundenkreises ist diese jedoch mit Herausforderungen
verbunden. Kooperationen in der Produktion und Vermarktung mit anderen Betrieben wird aufgrund der geringen Anzahl im Tal sowie anderer Betriebsausrichtungen als schwierig bzw. nicht umsetzbar angesehen, wie im Rahmen von Gesprächen mit Einheimischen herausgefunden werden konnte. Die Möglichkeiten in der Umsetzung alternativer Vermarktungsarten stehen in engem Zusammenhang mit arbeitszeitlichen Kapazitäten und sind daher stark betriebsabhängig. Aus Interviews mit Einheimischen konnte entnommen werden, dass viele alternative Vermarktungsarten im Aupatal aufgrund der geringen Einwohnerzahl schwierig bzw. nicht möglich sind. Als weiterer hemmender Faktor wurde der oftmals hohe zusätzliche Arbeitsaufwand angegeben. Häufig werden jedoch auch zusätzliche Einkommensquellen
zur Landwirtschaft nötig sein, um ein ausreichendes Einkommen zu erwirtschaften, was wiederum zu einer erhöhten Arbeitsbelastung führt.
Die Größe und Verteilung potentieller Acker- und Gartenbauflächen im Tal zeigt, dass diesen beiden Wirtschaftsformen eine untergeordnete Rolle zukommt. Hierbei liegt das Potential im Bereich der Selbstversorgung, eine Vermarktung ist aufgrund der geringen Erträge vermutlich nicht wirtschaftlich. Um mit den klimatischen Situationen umzugehen, eigenen sich vor allem regionale Sorten. Aus Gesprächen mit der Bevölkerung konnte entnommen werden, dass der Anbau solcher Sorten in den letzten Jahrzehnten stark zurückging, was als negative Entwicklung angesehen wird. Der verstärkte Anbau heimischer und standortangepasster Sorten könnte sowohl im Acker- als auch im Gartenbau ein Potential für die nächsten Jahre darstellen. Auch im Obstbau liegt das Potential im Bereich der Selbstversorgung.
Die Aufrechterhaltung dieser Bereiche kann zusätzlich zu einer Produktionsdiversifizierung beitragen und sich so positiv auf die Landwirtschaft auswirken. Wird eine Vermarktung dieser Produkte angestrebt, bieten wahrscheinlich Nischenprodukte das größte Potential. Um solche Nischenprodukte zu finden, sind spezifische betriebsinterne und betriebsexterne Analysen notwendig, die im Rahmen dieser Arbeit nicht durchgeführt werden können, unter anderem aufgrund fehlender betriebsinterner Informationen.
Ein Interview mit Kaspar Nickles ergab, dass die Nachfrage an seinen Produkten zur Zeit größer ist als das Angebot. Dies zeigt das Potential der Landwirtschaft und bestätigt die Möglichkeit für weitere landwirtschaftliche Betriebe. Nickles selbst äußerte auch den Wunsch nach mehr Produktion. Aus diesem Grund arbeitet er an einem neuen Projekt in Moggio Udinese. Da es die Bauvorschriften und die Parzellierung nahezu unmöglich machen einen eigenen Stall zu bauen, will Nickles einen der leerstehenden Ställe am Talausgang nutzen. Dort möchte er zusammen mit vier Partnern 120 Schafe halten, um deren Fleisch zu verarbeiten und anschließend in einer Art Imbiss am Alpe-Adria-Radweg zu vermarkten. Dazu gründete er zusammen mit seinen Partnern aus der Umgebung eine Genossenschaft und kaufte einen seit 40 Jahren leerstehenden Stall mit rund 12 ha Fläche, aufgeteilt in zwei Teile, in Ovedasso. Im Gespräch zeigte sich, dass der Wunsch nach einer Partnerschaft bereits lange bestand, in Dordolla selbst aus wirtschaftlichen Gründen aber keine geeigneten Partner zu finden sind. Der Ausbau der Genossenschaft wäre aus unserer Sicht eine weitere Möglichkeit zur Steigerung der landwirtschaftlichen Tätigkeit, jedoch ist das Finden von geeigneten Partnern, wie von Nickles angemerkt, schwierig.

5. FAZIT
Die Landwirtschaft im Aupatal ist mit vielen Herausforderungen verbunden, die vor allem auf naturräumliche Gegebenheiten und die kleinräumigen Besitzstrukturen zurückzuführen sind. Aufgrund dessensowie der massiven Abwanderung nahm die landwirtschaftliche Nutzung des Tals in den letzten
Jahrzehnten stark ab. Heute wird Landwirtschaft im Aupatal nur noch von wenigen Personen betrieben, die Haupteinnahmequelle stellt diese nur für die wenigsten dar. Dies führte zu einer starken Verbuschung und Verwaldung der Region, was sich wiederum auf andere Wirtschaftsbereiche, wie z.B. den Tourismus, auswirkt.
Im Laufe der Geländearbeiten sowie den Gesprächen mit Einheimischen hat sich gezeigt, dass extensive landwirtschaftliche Produktionsformen das größte Potential für die Landwirtschaft der Region darstellen. Diese stehen meistens in Verbindung mit alternativen Vermarktungsformen. Die zukünftige
Entwicklung der Landwirtschaft im Aupatal ist zu einem großen Teil davon abhängig, ob Personen dazu bereit sind, Landwirtschaft mit diesem hohen Arbeits- sowie Zeitaufwand und geringem Einkommen zu betreiben. Auch wenn hier potentielle Möglichkeiten für die Landwirtschaft im Aupatal aufgezeigt wurden, wird diese auch in Zukunft mit großen Herausforderungen verbunden bleiben, deren Relevanz für die Region und das Landschaftsbild bleibt aber bestehen.

6. LITERATURVERZEICHNIS
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[Zugriff: 23.05.2017].
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Steinicke, E. (1991): Friaul. Bevölkerung und Ethnizität. Innsbruck.
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Nr. 23 der Bundesanstalt für Bergbauernfragen. Wien.
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