Tourismus

Einleitung
Die Alpen verkörpern eine reife Tourismusdestination. Viele traditionsreiche
Tourismusregionen blicken dort auf eine 200-jährige Geschichte zurück. In der folgenden Arbeit wird deutlich, dass im Aupatal hingegen eine andere Situation vorzufinden ist. Dieses ist ein dünn besiedeltes Tal in Friaul im Nordosten Italiens. Es mündet bei Moggio Udinese in das so genannte Eisental. Dordolla, die größte Ortschaft, befindet sich im mittleren
Talabschnitt. In diesem Beitrag wird untersucht, in welchem Ausmaß Tourismus in dieser Berglandschaft bereits vorhanden ist und welche Entwicklung potentiell möglich ist.

Methodisches Vorgehen
Das Aupatal wurde auf verschiedene, für den Tourismus als wichtig erachtete Aspekte, wie Erreichbarkeit, Mobilfunkanbindung oder Lebensmittelversorgung sowie Freizeitaktivitäten untersucht. Des Weiteren wurden Personen, die im Tourismussektor tätig sind, und andere
Bewohner des Aupatals interviewt. Deren Antworten bezüglich des aktuellen
Tourismusaufkommens, deren Bezug zum Tourismus und der zukünftig möglichen Entwicklung wurden daraufhin zusammengefasst und analysiert.

Ist-Zustand
Das Aupatal ist ein Beispiel für einen peripher gelegenen, strukturschwachen Raum, in dem nur bedingt Tourismus vorhanden und auch möglich ist. Zwar sind zahlreiche Faktoren anzutreffen, die eine positive Wirkung auf den Tourismus im Aupatal haben können, jedoch wird die touristische Entwicklung vor allem durch negative Faktoren eingeschränkt. Gästeaufkommen und Art des Tourismus im Aupatal Die Tourismussituation in der Region ist geprägt durch ein geringes Aufkommen und eine kurze Saisondauer. Bis auf wenige Tagestouristen, die vor allem sportlichen Aktivitäten nachgehen und Durchreisenden ist laut Herrn Kaspar Nickles bis zu diesem Zeitpunkt keine
nennenswerte touristische Entwicklung im Aupatal zu erkennen. Die Touristen stammen in der Region vor allem aus Österreich und Deutschland. Tagestouristen kommen hauptsächlich aus Kärnten und dem Friaul. Letztgenannte sind auch außerhalb der Hauptsaison anzutreffen.
Sie wollen Wandern, Klettern und Mountainbiken. In den letzten Jahren stieg die Anzahl an Mountainbiketouristen aus Slowenien. Nur die wenigsten bleiben eine Nacht oder länger. Die einzige Möglichkeit im Aupatal ganzjährig Herberge zu bekommen, sind die Gästebetten von Herrn Kaspar Nickles und seiner Frau Marina Tolazzi. Mit ihrem Bauernhof „Tiere Viere“ betreiben sie eine agrotouristische Struktur, das heißt Vermietung von Gästebetten in
Form von Agrotourismus. Neben dem Urlaub am Bauernhof bietet Herr Kaspar Nickles auch geführte Touren und ähnliches an. Da das Paar die einzigen Personen im Tal sind, deren Lebensgrundlage mitunter vom Tourismus abhängig ist, wird auf das Vorgehen der beiden, sowie die Struktur „Tiere Viere“ in dem Kapitel “Tiere Viere – AgriKulturAlpina” weiter eingegangen.

Positive Faktoren im Aupatal

In Abbildung 2 sind Faktoren aufgelistet, die sich sowohl negativ als auch positiv auf den Tourismus im Aupatal auswirken. Beispielhaft für einen positiven Faktor sei hier der Aktivtourismus genannt. Das Aupatal bietet sich mit seinen Zweitausendern aus Kalkstein hervorragend für Outdoor- und Freizeitaktivitäten an. Wandern und Mountainbiken sind eine gute Möglichkeit, die Landschaft zu erkunden. Eine Beschilderung dieser durch den AC Carnia ist bereits vorhanden. Die zum Teil verlassenen eindrucksvollen Dörfer stellen schöne Ziele für Touren dar. Somit ist neben der landschaftlichen Schönheit auch Ruhe und Idylle gegeben. Wanderwege, welche sich in einem guten Zustand befinden, sind bereits vorhanden und in Abbildung 1 kartiert und dargestellt.


Abbildung 1​: Wanderkarte Dordolla (Quelle: Eigene Darstellung)

Die Bar „Alimentari“ in Dordolla dient als Treffpunkt, bietet warme Küche auf Anfrage sowie Genuss- und Lebensmittel. So stellt sie eine gewisse Lösung für die Versorgungs- und Kommunikationsprobleme (s. Kapitel “Negative Faktoren im Aupatal”) in Dordolla dar, denn auch kostenloses WLAN ist vorhanden. Es sind in etwa 40 Gästebetten im Aupatal vorhanden, die allesamt von Herrn Kaspar Nickles und seiner Frau Marina Tolazzi angeboten und vermietet werden, die während der Saison auch zum Großteil ausgebucht sind. Dies zeigt, dass ein touristisches Potential vorhanden ist, welches noch weiter ausgeschöpft werden könnte, sofern Interesse besteht. Außerdem sind hin und wieder kreative Highlights in und um Dordolla, die von Herrn Christopher Thomson erstellt werden, anzufinden. Sodass auch für Kultur- und
Kunstbegeisterte ein gewisses Angebot vorhanden ist. Auch finden verschiedene Feste in unregelmäßigem Abstand statt. So zum Beispiel die Uraufführung eines Theaterstücks in Dordolla. Während dieser Tage wurden verschiedenste kreative Workshops angeboten, sodass hier auch nochmal zusätzlich einige Personen auf das Tal und insbesondere auf Dordolla aufmerksam wurden.

Negative Faktoren im Aupatal
Herr Kaspar Nickles beschreibt auf seiner Internetseite (http://de.tiereviere.net) vier verschiedene Möglichkeiten für Touristen nach Dordolla zu kommen.

Möglichkeit 1:
Das Tal ist aus allen Himmelsrichtungen zu Fuß zu erreichen. Vom italienische Alpenverein (Club Alpino Italiano CAI) sind markierte Wege über die Berge in das Tal vorhanden. Von Kärnten im Norden über den Hauptkamm der Karnischen Alpen, von Slowenien im Osten über die Julischen Alpen, aus der friulanischen Ebene über Julische oder Karnische Voralpen, von Venetien im Westen über die friulanischen Dolomiten oder die Karnischen Alpen.

Möglichkeit 2:
Das Aupatal liegt direkt am Alpe Adria Radweg. Nach Dordolla gelangt man über Pontebba, wer Drentus mit dem Rad erreichen oder Passstraßen vermeiden möchte, fährt auf dem Radweg bis Moggio und biegt hier ins Aupatal ab. In Pradis angekommen folgt man den Hinweisschildern nach Drentus, während die Hauptstraße unten im Tal weiter Richtung Dordolla führt.

Möglichkeit 3:
Laut Herrn Kaspar Nickles ist das Tal einfach mit dem Auto zu erreichen, da es nur wenige Kilometer von einer der wichtigsten Nord-Süd Verkehrsverbindungen der Alpen entfernt liegt. Die Autobahn A23 von Udine nach Villach hat jedoch keine Autobahnabfahrt im näheren Umkreis. Die nächste Möglichkeit auf die Autobahn zu gelangen ist etwa 15 Minuten von der Stadt Moggio Udinese entfernt.

Möglichkeit 4:
„Staatsgrenzen und die geringe Bevölkerungsdichte der Umgebung bedingen eine geringe Dichte internationaler Verbindungen und lokaler Angebote des öffentlichen Verkehrs“, so Herr Kaspar Nickles auf seiner Internetseite. Der nächstgelegene Bahnhof, an dem Intercity-Züge aus Österreich (Villach) halten, ist Udine. An Moggio Udinese fahren diese Züge vorbei. Von hier aus ist es möglich, mit Regionalzügen bis nach Gemona del Friula oder Carnia zu gelangen (s. Abbildung 2). Auch mit dem Bus kann man von Udine in
Richtung Tarvisio fahren und in Moggio Udinese aussteigen. Werktags fährt dann ein Bus fünf Mal täglich von dieser Haltestelle bis nach Dordolla. Außerdem ist eine neue interregionale Zugverbindung von Villach nach Udine mit Halt in Carnia vorhanden. Carnia ist von Dordolla aus gesehen der nächstgelegene Bahnhof.


Abbildung 2​: Verkehrsübersicht und Anbindung Dordolla (Quelle: Eigene Darstellung)

Aus diesen Schilderungen wird ersichtlich, dass das Aupatal im Allgemeinen infrastrukturell schlecht angebunden ist. Dies wirkt sich auf das Tourismusaufkommen aus. Auch in der Lebensmittelversorgung spiegelt sich die schlechte Anbindung wieder. Es ist lediglich ein Lebensmittelgeschäft mit sehr begrenzten Öffnungszeiten im Aupatal vorhanden, sowie ein Autogrill. Zwar bietet die Bar in Dordolla ebenfalls Lebensmittel wie beispielsweise Milch an, jedoch nur auf Bestellung. Die bereits erwähnten Wander- und
Mountainbikewege sind als eher schwer einzustufen. Sodass Anfänger dieser Sportarten nicht als touristische Zielgruppe angesprochen werden können. Des Weiteren sind zwar die Schlafplätze von Herrn Kapsar und Frau Marina Tolazzi vorhanden, jedoch ist die Zahl auf etwa 40 Stück begrenzt. Diese sind bereits in der Haupt- und teilweise auch in der Nebensaison voll besetzt und stellen, wie bereits erwähnt, die einzige Übernachtungsmöglichkeit im Aupatal dar. Hier zeigt sich ein weiteres Problem. Die Kapazität der im Tourismussektor beschäftigten Personen ist bereits voll ausgeschöpft.
Zudem ist die Mobilfunkabdeckung im Tal sehr schlecht. Sie ist nur an etwa drei Tagen in der Woche vorhanden. Auch die Verwendung von mobilem Internet ist nur begrenzt möglich. Zwar ist in der Bar in Dordolla ein kostenfreier WLAN-Zugang vorhanden, für eine mögliche Entwicklung und den Einsatz einer Wander-, Touren, oder Ghost-Town-App muss jedoch ein
durchgehend verfügbares Netz vorhanden sein. Hinzu kommt, dass nicht jeder der Einwohner den Wunsch nach einem größeren Tourismusaufkommen hegt. Der Großteil der Personen ist zufrieden mit dem Ist-Zustand. Viele Flächen und Gebäude nicht nur einer Person, sondern mehreren Besitzern zugeschrieben. Dies erschwert die touristische Nutzung der Gebäude als Gasthäuser oder ähnliches.


Abbildung 3​: Vor Ort festgestellte Faktoren, die sich auf den Tourismus positiv beziehungsweise negativ auswirken können (Quelle: Seminararbeit Bechtel & Seewald, S. 8)

Interviews
Im Folgenden sei vor allem Herrn Kaspar Nickles und Frau Marina Tolazzis Betrieb, deren Meinung zum Tourismus im Aupatal sowie deren Ideen und Lösungsansätze beschrieben, um dann auf die Antworten der gestellten Fragen “Sind sie im Tourismus tätig?”, “Wünschen Sie sich ein größeres touristisches Aufkommen?” und “Welche Möglichkeiten sehen Sie, den
Tourismus weiter auszubauen?” weiterer im Tal lebender Personen einzugehen.

Tiere Viere – AgriKulturAlpina

Herr Kaspar Nickles und Frau Marina Tolazzi versuchen mithilfe zahlreicher freiwilliger Helfer und Helferinnen die Tradition fleißiger Bergmenschen fortzusetzen und anderen Leuten zugänglich zu machen. Sie betreiben ökologischen Acker-, Garten-, Obstbau, Forstwirtschaft und halten Tiere. Der Bauernhof „Tiere Viere“ (friulanisch = „Alte Erde“) in dem kleinen Weiler Drentus oberhalb von Dordolla stellt deren Versuch dar, „traditionelle
Landnutzung in einem vergessenen Gebirgstal […] wieder zu (er)finden“
(http://de.tiereviere.net). Der Marktwert der landwirtschaftlichen Produkte reicht jedoch nicht aus, um die Existenz der beiden Personen plus ihrer Kinder zu sichern, weshalb sie zusätzlich auch Urlaub am Bauernhof und Gästehäuser anbieten. Folgende Übernachtungsmöglichkeiten stehen zur Auswahl:

Ferienwohnung
Einraum-Ferienwohnung mit Schlafgalerie, 4 Betten, Kochecke, Bad (Dusche), separater Eingang
60-80 € pro Tag*

Einzelzimmer
Balkon, Bad am Gang
30 € pro Tag* (1 Person, inkl. Frühstück)

Großes Doppelzimmer
Balkon, Bad am Gang
60 € pro Tag* (2 Personen, inkl. Frühstück)

Kleines Doppelzimmer
Direkter Ausgang zur Wiese, Bad am Gang
50 € pro Tag* (2 Personen, inkl. Frühstück)
(s. http://de.tiereviere.net)

Die mit einem * markierten Preise gelten für Aufenthalte mit einer Mindestdauer von drei Tagen. Bei kürzerem Aufenthalt werden pro Tag 10 Euro und pro Person 5 Euro mehr verrechnet, um den größeren Aufwand abzugelten.


Abbildung 4​: Gästezimmer Tiere Viere (Quelle: http://de.tiereviere.net)

Neben diesem Bauernhaus in Drentus, welches zugleich auch ihr Wohnhaus ist, gibt es in Dordolla zwei „Stadtwohnungen“, die in Abbildung 5 zu sehen sind. Das Haus Nr. 11, „la casa di Renzo“ vermieten sie als eigenständige Ferienwohnung. Auch hier wird ein Aufschlag von 10 Euro pro Tag bei ein- oder zweitägigen Aufenthalten verlangt. Dies zeigt, dass kurze Aufenthaltsdauern, welche hier üblich sind, einen deutlichen Mehraufwand bedeuten und sich somit für die Gastgeber sonst kaum rentieren würden.


Abbildung 5​: Ferienhäuser in Dordolla (Quelle: Michaela Seewald 2017)

Herr Kaspar Nickles bietet zusätzlich geführte Wanderungen in seiner Umgebung sowohl für Privatpersonen, als auch für Schulklassen und Gruppen von Universitäten an. Auch Workshops für Köche aus Kärnten zur Zubereitung von Slowfood und friulanischen Gerichten stehen auf seinem Programm.
Zudem sind Herr Kaspar Nickles und Marina Tolazzi, neben einigen Dorfbewohnern aus Dordolla, Mitbegründer des Kulturvereins „La cort dai gjats“. Durch öffentliche Veranstaltungen unterschiedlicher Ausrichtung ist es ihnen möglich, mehr Aufmerksamkeit für ihre Projekte zu erlangen, ihre Umgebung aufzuwerten und so potentielle Touristen auf das Tal aufmerksam zu machen (http://de.tiereviere.net). Auch die Aufenthaltsdauer und somit die Zahl der Übernachtungen kann so erhöht werden .

Interviewpartner Herr Kaspar Nickles
Laut Herrn Kaspar Nickles hat keine nennenswerte touristische Entwicklung im Aupatal aufgrund dem Mangel an touristischer Infrastruktur und dem Umstand, dass der Großteil des Gebiets nicht mit dem Auto erreichbar ist, stattgefunden. Dennoch geht er seinem Interesse
nach, mehr Wertschöpfung zu betreiben. Hierbei handelt es sich jedoch nicht um eine Frage des “Wollens” sondern des “Könnens”. Ohne zusätzliche Arbeitskräfte ist es für ihn und seine Frau Marina Tolazzi schlicht unmöglich, neben der Landwirtschaft weitere Gäste zu beherbergen.
Ein weiteres Problem sieht er in der starken Verbuschung großer Teile im Aupatal und Dordolla. Seiner Meinung nach suggeriert ein Wald Gefahr durch Uneinsehbarkeit und Verwilderung. Daher, und auch weil die Kultivierung der Landschaft ein großes touristisches Potential darstellt, würde sich ein Rückgang der Verbuschung positiv auf eine touristische Entwicklung auswirken. Herr Kaspar Nickles versucht daher aktiv gegen die weitere
Verbuschung anzugehen. Aus ökonomischer Sicht rentiert sich jedoch diese Rekultivierung nicht und oft ist es, aufgrund des hohen Arbeitsaufwandes kaum realisierbar. Eine massentouristische Entwicklung hingegen ist weder erwünscht noch realisierbar.

Interviewpartnerin Marina Tolazzi
Frau Marina Tolazzi schildert, dass sich die Tourismussaison auf die Sommermonate beläuft. Jene Monate, in denen auch die Arbeitsspitzen der Landwirtschaft anfallen. Diese Überschneidung ist ihrer Meinung nach eines der größten Probleme. Daher besteht der Wunsch nach einer Verlängerung der Saison. Zudem werden die kurzen Aufenthaltsdauern als sehr belastend empfunden. Der Arbeitsaufwand ist prozentual gesehen um einiges höher
als bei längeren Aufenthalten der Touristen, weshalb, wie bereits erwähnt, ein höherer Preis verlangt wird. Dennoch kann auf die Gäste mit kurzer Aufenthaltsdauer nicht verzichtet werden. Die Werbung für das Tourismusangebot erfolgt vor allem über Mundpropaganda, Webseite
und Fachliteratur. Aus ihrer Sicht werden die Touristen im Ort kaum bemerkt und somit kommt es auch nicht zur Störung der Dorfbewohner. Außerdem habe vor allem die Dorfbar von den Touristen profitiert. Ein größeres Gästeaufkommen im Sommer ist aufgrund des Zusammenfallens der beiden
Saisons nicht erwünscht. Jedoch besteht der Wunsch nach einer Verlängerung der Saison in den Herbst und den Winter und somit einer besseren Verteilung der Arbeitsspitzen. Ihrer Meinung nach besteht im Dorf kein Interesse an der Beteiligung am Tourismus. Einerseits haben die Dorfbewohner zum Teil gut bezahlte Arbeit außerhalb des Dorfes, andererseits hat der Tourismus in der Region keine Tradition. Zudem sind viele der Dorfbewohner bereits Pensionisten. Ein zusätzliches Tourismusangebot im Dorf wäre aber dennoch denkbar.

Interviewpartner Christopher Thomson
Christopher Thomson lebt und arbeitet als Autor und Filmemacher zwischen England, Italien, Österreich und der Türkei. Momentan wohnt er mit seiner Freundin in Dordolla. Seine Arbeit beschäftigt sich mit der Wahrnehmung von Landschaft und der Bedeutung von Orten. Er hat Bücher und Karten veröffentlicht sowie Videoarbeiten produziert
(http://www.christopherthomson.net/contact). Aufgrund der großen Unsicherheiten kommt ein Einstieg in den Tourismussektor für ihn nicht in Frage. Aus seiner Sicht hat sich dennoch einiges in den letzten Jahren verändert. Die Anzahl an kulturellen Veranstaltungen, deren Größe und Umfang hat sich erhöht. Trotzdem sieht er keine Gefahr für das Aufkommen von Massentourismus. Hierfür ist die Zielgruppe, die von diesen Veranstaltungen angelockt wird, zu klein. Ebenfalls stieg die Anzahl an Mountainbike Touristen aus Slowenien in den vergangenen Jahren. Diese halten seiner Meinung nach die Wege frei und haben somit einen
positiven Einfluss auf die Kulturlandschaft, gleichzeitig tragen sie jedoch auch zur Zerstörung dieser bei. Negative Äußerungen der Dorfbewohner über den Tourismus im Ort sind ihm keine bekannt.

Interviewpartner Newcomerpaar in Grauzaria
Das Paar stellt die einzigen Newcomer in Grauzaria, einem kleinen Dorf im Aupatal nicht weit von Dordolla entfernt, dar. Sie sind vor drei Jahren in das Dorf gezogen und wohnen das ganze Jahr über im Aupatal. Die Frau verfügt über ein abgeschlossenes Landwirtschaftsstudium, der Mann ist Spezialist für die Produktion von Käse. Im Ort selbst gibt es kein Gasthaus und keinen Tourismus. Hier wünschen sich die Newcomer eine Veränderung, da Touristen, die sich für die Landwirtschaft interessieren, Geld in die Region bringen könnten und ein Gasthaus das Leben im Dorf aufwerten würde. Ihrer Meinung nach sollte neben dem Agrartourismus auch der Naturtourismus gefördert werden.

Interviewpartner andere Einwohner
Bei der Befragung einzelner anderer Einwohner konnte festgestellt werden, dass die meisten dieser Personen an einer Erweiterung beziehungsweise Beteiligung des Tourismus nicht interessiert sind. Sie sind zum Großteil Pensionisten und sind froh hier ihre Ruhe genießen zu können.

Perspektive und Zielgruppen

Untersuchungen zufolge kann Tourismus in peripheren Regionen die Funktion eines Wachstumspols übernehmen. Voraussetzung ist jedoch, dass sich diese Regionen für eine touristische Inwertsetzung eignen müssen. Für eine langfristig erfolgreiche Tourismusentwicklung muss eine attraktive und intakte Landschaft gegeben sein. Ebenfalls notwendig für einen erfolgreichen Tourismus ist die Vielseitigkeit des Fremdenverkehrsgewerbes, eine vorhandene Infrastruktur und die Dienstleistungsbereitschaft der Bevölkerung. Die Konsequenz ist also, dass eine periphere Region, die touristisch erschlossen werden soll, attraktive Voraussetzungen aufweisen muss, die sich touristisch vermarkten lassen (NEUMEIER & POLLERMANN, S. 163). Naturlehrpfade, Heimatmuseen oder eben Ghost-Towns lassen sich als Beispiele nennen. Aus rein ökonomischer Sicht reicht deren Potenzial als touristisches Alleinstellungsmerkmal beziehungsweise als “Aushängeschilder” über die Region hinaus allerdings nicht aus (NEUMEIER &
POLLERMANN, S. 163). Die aus den Interviews gewonnenen Erkenntnisse und Schilderungen sowie Untersuchungen vor Ort relativieren die Möglichkeiten den Tourismus im Aupatal in einem größeren Stil auszubauen, auch weil dies nicht gewünscht ist. Diesbezüglich sollte das Hauptaugenmerk nicht auf dem Ausbau der Tourismusinfrastruktur selbst liegen, sondern im Allgemeinen
darauf, die bereits vorhandenen Gäste dazu zu bringen, ihre Aufenthaltsdauer zu verlängern und die Übernachtungszahl zu steigern. So ist eine Steigerung der Wertschöpfung und ein gleichbleibender Arbeitsaufwand möglich. Zudem müssen die Touristen dazu gebracht werden, ihr Geld in der Region zu lassen. Aufgrund des Zusammenfallens der Arbeitsspitzen in der Landwirtschaft und im Tourismus muss die touristische Saison verlängert werden um das Arbeitspensum etwas zu entzerren. Zunächst muss die Zielgruppe definiert werden, die mit der geplanten Ausrichtung des Tourismus angesprochen werden soll. Zu den möglichen Zielgruppen zählen zum einen die Wanderer, Kletterer und Mountainbiker, die bisher nur als Tagestouristen ins Aupatal kommen und auch die Durchreisenden aus nördlicher Richtung. Eine weitere Zielgruppe könnten gut betuchte Stadtbewohner sein, die das entschleunigte Leben im Aupatal als Abwechslung zum hektischen Stadtleben suchen
und genießen. Auch Personen, die aus ökologischen und ethischen Beweggründen als Touristen in das Aupatal kommen und sich für die biologische Landwirtschaft interessieren, sind eine potentielle Zielgruppe.

Aufgrund dieser Punkte sollten folgende Strategien verfolgt werden. Diese Liste gilt als Denkanstoß und kann nach weiteren Untersuchungen erweitert werden. Bei der Auswahl wurde beachtet, dass kein großer Aufwand notwendig ist, beziehungsweise keine großen zusätzlichen Kosten entstehen.

1. Inwertsetzung und Schaffung von Alleinstellungsmerkmalen und Aushängeschildern um Bekanntheitsgrad des Tals zu steigern
Mögliche Aushängeschilder:
– Ghost Towns
– Mountainbikewege
– Leben im Einklang mit der Natur

2. Verlängerung der touristischen Saison Mögliche Strategien:
– Winterwanderungen
– Wetterunabhängige Events
– Festivals
– Veranstaltungen
– Workshops
– Sportveranstaltungen (Wettbewerbe, Marathon, etc.)

3. Aufenthaltsdauer verlängern/Übernachtungszahlen steigern
Mögliche Strategien:
– Tourenführer (Dordolla/Aupatal-Führer)
– Wanderwege attraktiver gestalten (Informationstafeln, Barfusßwege, etc.)
– Mountainbikewege ausbauen und beschildern
– Events
– Festivals
– Veranstaltungen
– Workshops
– Sportveranstaltungen (Wettbewerbe, Marathon, etc.)

Diese Maßnahmen könnten den Bekanntheitsgrad des Tals verbessern. Außerdem können die Events und Veranstaltungen auch auf mehrere Tage ausgeweitet werden und in der Nebensaison stattfinden und damit zusätzlich die Einnahmen außerhalb der Hauptsaison steigern.
Fazit
Das Aupatal zeigt neben der wunderschönen Natur und Idylle viele Vorzüge auf, die für eine Tourismusentwicklung geeignet sind. Gleichzeitig übt aber genau diese Ruhe, die durch das geringe Tourismusaufkommen gegeben ist, ihren Reiz aus. Um vom Tourismus leben zu können muss dennoch eine gewisse Anzahl an Touristen vorhanden sein, steigt die Anzahl der Touristen, wirkt sich das jedoch negativ auf die Vorzüge der Region aus. Es muss ein
Gleichgewicht zwischen den beiden Entwicklungen gefunden werden. Da der Tourismus jedoch nur für wenige Einzelpersonen einen gewissen Stellenwert aufweist und eine Entwicklung durch viele Faktoren, wie infrastrukturelle Bedingungen oder Lebensmittelversorgung, beschränkt ist, ist eine touristische Ausweitung zum gegebenen Zeitpunkt ohne nennenswerte Geldgeber und eine gewisse Anzahl an interessierten Akteuren unmöglich. Es ist für diejenigen Personen, die an einem Ausbau des Tourismus interessiert
sind, keine Frage des “Wollens” sondern des “Könnens”. So lässt sich zusammenfassend folgende Feststellung machen (Abbildung 6). Da die
Kapazitäten der im Tourismussektor tätigen Personen erreicht sind und zudem keine Interesse der Dorfbewohner besteht, sich hier zu beteiligen, ist unter diesen Umständen keine Erweiterung des Tourismussektors möglich. Somit sind in naher Zukunft keine großen Sprünge in der touristischen Entwicklung im Aupatal zu erwarten.


Abbildung 6​: Zusammenfassende Feststellung (Quelle: Eigene Darstellung)

 

Literatur
NEUMEIER, S. & POLLERMANN, K. (2011): Ländlicher Tourismus als Chance?
Möglichkeiten und Grenzen der Förderung von ländlichem Tourismus am Beispiel eines Modellvorhabens. In: Landbauforschung – vTI Agriculture and Forestry Research 3 2011 (61). S. 161-174
http://de.tiereviere.net (zuletzt abgerufen am: 13.02.2018)