1 Hinführung
Das Val Aupa ist eine der strukturschwächsten Regionen der Alpen. Wie Čede et al. (2014)
beschreiben, waren besonders nach der Erdbebenserie im Jahr 1976 große Bevölkerungsverluste
zu verzeichnen. Ein weiterer Grund für die Entvölkerung stellt die Arbeitsmigration dar.
Durch die Abwanderungsbewegungen schritt in den letzten Jahrzehnten die progressive Sukzession
der landwirtschaftlichen Nutzflächen deutlich voran sodass Verbuschung großflächig
auftritt. Die erneute Bewirtschaftung der ehemaligen Nutzflächen ist dadurch deutlich erschwert.
In Beismann et al. (2014) wird ein Einblick in die Verteilung der unterschiedlichen neuen und
alten Bewohner wie folgt beschrieben. Das Modell (Abbildung 1) zeigt den ursprünglich für die
Westalpen gedachten, jedoch grundsätzlich alpenweit gültigen, Einfluss der zugezogenen Bevölkerung
auf exponierte, kleine und zentrumsferne Dörfer. Dabei ist zu erkennen, dass je extremer
die Lage der Siedlungen, die Zahl der Einheimischen abnimmt und die der ZweitwohnungsbesitzerInnen
steigt. Zweitwohnsitze als auch die Amenity Migration rund um die Dörfer
verzeichnen jedoch erstaunlich wenige neue Bauflächen bzw. Renovierungen die nur im ortstypischen
Stil durchgeführt werden.
Abbildung 1: Talmodell. Quelle: Beismann et al. (2015).
Abbildung 2 veranschaulicht die Aufenthaltsdauer der Bevölkerung eines Dorfes in extremer Lage und zeigt deren Wirkungsgrad auf die Gemeinde. Die Unterscheidung von BewohnernInnen
und ZweitwohnungsbesitzerInnenn fällt oft schwer, da viele ItalienerInnen aus steuerlichen
Gründen ihren Ferien- oder Zweitwohnsitz als Hauptwohnsitz angeben. Dies erschwert
eine klare Trennung der zugewanderten Gruppen und führt dazu, dass die statistisch erhobene
Zahl der ZuwandererInnen oft höher als die Reale ist.
Abbildung 2: Gemeindemodell. Quelle: Beismann et al. (2015).
Oft kann die bestehende meist baufällige Bausubstanz der ursprünglichen Dörfer nicht erhalten
oder renoviert werden, da es schlichtweg nicht möglich ist leerstehende Häuser zu erwerben.
Hierbei liegt das Hauptursache vor allem bei der übermäßigen Realteilung. Die Realteilung
führt dazu, dass viele alte verfallene Häuser, oft charakteristisch und stilprägend für die Region,
nicht selten über 20 BesitzerInnen aufweisen (Beismann et al.: 2015). Durch diese Fragmentierung
sind diese Häuser für den Immobilienmarkt unbrauchbar. Der Zerfall der Häuser beeinträchtigt
außerdem den Nutzen der unmittelbaren Nachbarschaft, da bei der lokaltypischen
Bauweise in den Ortskernen die Außenwände des Gebäudes meist dieselben sind wie die vom
Nachbargebäude. Die Realteilung bedeutet ebenfalls, dass der Landbesitz einer Familie unter
den Erbberechtigten gleich aufgeteilt wird. Diese Fragmentierung findet für jede Generation
statt, sodass die Anzahl von Kleinstparzellen mit der Zeit ansteigt. In der Landwirtschaft führte
die fortgesetzte Realteilung zu einer Zersplitterung des Ackerlandes in eine Vielzahl kleiner Äcker, oft in Form schmaler Streifen. Diese sind sehr ineffizient zu bestellen und aus ökonomischer
Sicht zunehmend untragbar.
2 Besitzverhältnisse in Dordolla, Drentus und Virgulins
Anhand der gegebenen Katasterdaten und der von Herr Nickles bereitgestellten Daten, ergab
sich folgende Aufteilung (Abb. 3):
Abbildung 3: geklärte und ungeklärte Besitzverhältnisse (eigene Darstellung).
Von insgesamt 1514 Parzellen sind die Besitzverhältnisse von 33% also 493 Parzellen geklärt.
Dies entspricht einer Fläche von 172,5 ha und rund 51% der gesamten Fläche des katastral erfassten
Gebietes in und um Dordollas (335,1 ha). Für 1021 Parzellen herrschen unklare Eigentumsverhältnisse
dies entspricht rund zwei Drittel der Parzellen und 162,5 ha, also 49% an der
Gesamtfläche. Die Vermutung liegt nahe, dass wie schon im ersten Kapitel beschrieben, die
ungeklärten Besitzverhältnisse auf ZweitwohnungseigentümerInnen zurückzuführen sind und
somit deren Besitz nicht in den Katasterdaten von Dordolla verzeichnet ist. Diese Hypothese
kann jedoch nicht bestätigt werden. Tabelle 1 zeigt die Herkunft der 34 GrundstücksbesitzerInnen,
unübersehbar dabei ist, dass der Großteil der BesitzerInnen aus der Region stammt. Die
jüngste Person ist 29 Jahre alt und die Älteste 89 Jahre. Die Überalterung ist mit 63 Jahren Altersdurchschnitt
im Vergleich zu dem Durchschnittsalter 2011 von 47,5 Jahren der Gesamtgemeinde
Moggio Udinese eminent (Gemeinde Moggio Udinese 2017).
Tabelle 1: Anzahl der BesitzerInnen und deren Herkunft
Die Auswertung der Flächenanteile (Abbildung 4) der einzelnen BesitzerInnen hat ergeben,
dass sechs Besitzern (ID 33, ID 15, ID 32, ID 30, ID 18 und ID 28) rund zwei Drittel (64,3%)
der Fläche zugeordnet werden können. Dabei wird berücksichtigt, dass einige Parzellen mehrere
BesitzerInnen aufweisen und somit deren Flächenanteil durch die Anzahl der BesitzerInnen
geteilt werden muss.
Abbildung 4: prozentualer Anteil an der Gesamtfläche nach BesitzerInnen ID (eigene Darstellung).
Abbildung 5 zeigt die Parzellen und deren Anzahl an BesitzerInnen. Ebenfalls muss darauf hingewiesen
werden, dass in vielen Fällen der Besitz über weite Teile der Region gestreut ist. Diese
Fragmentierung macht es, wie im ersten Kapitel bereits erwähnt, schwer die Flächen effektiv
und effizient zu bewirtschaften. Veranschaulicht ist dies in Abbildung 6 anhand von ID 8. Konträr
dazu sind auf Abbildung 7 Herrn Nickles (ID 34) nutzbare Flächen visualisiert. Wie zu erkennen
ist es ihm durch seine Nutzungsrechte möglich deutlich größere zusammenhängende
Flächen in den Gunsträumen zu bestellen.
Abbildung 5: Parzellen und deren Anzahl an BesitzerInnen (eigene Darstellung)
3 Nutzflächen von Herrn Nickles
Seit 2005 bewirtschaftet Herr Nickles mit seiner Frau einen Bergbauernhof im kleinen Weiler
Drentus mit dem Ziel, die alte Gebirgs-Kulturlandschaft rund um Dordolla, Drentus und Virgulins
wieder als Lebensgrundlage nutzbar zu machen. Sie betreiben Acker- und Gartenbau auf
ehemaligen landwirtschaftlichen Nutzflächen, die sich entweder in Familienbesitz befinden, gepachtet
sind oder deren Nutzung toleriert wird. Der Anteil an der Gesamtfläche Dordollas,
Drentus und Virgulins welcher sich im Besitz der Familie befindet liegt bei 1,62 ha, was 0,48%
entspricht. Durch gepachtete Grundstücke und die tolerierte Nutzung konnten sie ihre nutzbare
Fläche auf 15 ha also 4,48% der Gesamtfläche ausweiten. Würde die genutzte Fläche der
Familie zu deren Besitz geschrieben, hätte sie den drittgrößten Grundbesitz Dordollas (vgl.
Abb. 8).
Abbildung 6: Fragmentierung der Besitzverhältnisse am Bsp. ID 8
(eigene Darstellung)
Abbildung 7: Nutzbare Flächen am Bsp. ID 34 (eigene Darstellung)
Abbildung 8: Nutzbarer Anteil an der Gesamtfläche nach BesitzerInnen ID (eigene Darstellung)
Die Nutzflächen liegen verstreut um Dordolla und sind oft nur über schmale Fußwege erreichbar
(vgl. Abbildung 9). Für Dordolla wurden insgesamt 9,3 ha an Nutzflächen kartiert, was einer
Gesamtfläche von 2,78% des Dorfes entspricht. Aus Tabelle 4 ist gut ersichtlich,
dass die Nutzflächen von Herrn Nickles meist Gunstfaktoren für eine Bewirtschaftung aufweisen.
So unterliegen beispielsweise 63,5% der kartieren Mähwiesen und 58,9% der Weideflächen
der Nutzung der Familie Nickles. Aufgrund der mangelhaften Aufbereitung der kartierten Fläche
mussten Waldflächen und Haselnussbestände außen vorgelassen werden.
Des Weiteren kann festgestellt werden, dass für über die Hälfte (55%) der kartierten Flächen
der Familie Nickles Nutzungsrechte überlassen wurden. Etwa 20% der restlichen Flächen können
den übrigen Besitzern zugeschrieben werden. Somit sind rund 25% der gesamten kartierten
Fläche, auf ungeklärte Besitzverhältnisse zurück zu führen. Dabei wurden wiederum nicht die
(karierten) Waldflächen und Haselnussbestände berücksichtigt, was beispielsweise bei ID 33
den geringen Flächenanteil an den Nutzflächen erklärt. Tabelle 3 zeigt die ursprünglichen Besitzer
der kartierten Nutzflächen, welche an Herrn Nickles übertragen wurden. Dabei fällt auf,
dass der Großteil der Flächen aus ungeklärten Besitzverhältnissen stammt
Abbildung 9: Nutzflächen, Pacht u. Besitz Herr Nickles (eigene Darstellung)
Tabelle 3: Flächenabgaben an Herrn Nickles nach ID in m²
Tabelle 4: Flächennutzung der einzelnen Besitzer an kartierter Fläche, in m² und Prozent (eigene Darstellung)
Literaturverzeichnis
Beismann, M., Löffler, R., Walder, J., Warmuth, W. & Steinicke, E. (2015):
Traditionell strukturierte Gebiete der Alpen und ihre Zukunft als Dauersiedlungs-raum. Geleistete
und zukünftige Forschung der Innsbrucker Geographie zum Schwerpunkt „Demographic
Change in the Alps“. In: Innsbrucker Geographische Gesellschaft, Innsbrucker Jahresbericht
2014-2015, 20. Ausgabe. Innsbruck, S. 121-137.
Čede, P., Beismann, M., Walder, J., Löffler, R. & Steinicke, E. (2014): Neue Zuwanderung in
die Alpen – Der Osten ist anders. In: Mitteilungen der Österreichischen Geographischen Gesellschaft
156, S. 249-272.
Gemeinde Moggio Udinese (2017): Bevölkerungszahlen der einzelnen Fraktionen und Weiler.